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St. Wendel - Niederweilermühle

 

Kaum jemand in St. Wendel weiß heute, wo der Ortsname Urweiler herkommt. Nun ja, alle Orte mit -weiler hinten, so sagen die Leute, die schon mal was davon gehört haben, die heißen nach einer Person, die zur Zeit der Römer oder kurz danach hier lebte. Und aus dem Namen und dem Wort "Weiler", das vom lateinischen Wort villa für Landhaus kommt, entwickelte sich dann der Ortsname. Wie zum Beispiel Baltersweiler, dort hieß der erste Einwohner eben Baltasar, oder Remmesweiler, der hieß Remigius. Urweiler, nun, da muß es jemand gegeben haben mit Namen "Urus" - weiß der Deibel, was die früher für komische Namen hatten. Ein ganz Gewitzter hat auf einer alten Karte gesehen, da nannten die Franzosen den Ort Hourweiler - aber das wollen wir jetzt nicht vertiefen.

 

Des Rätsels Lösung finden wir in einem dicken alten Buch im Landeshauptarchiv, dem Sal- und Gultbuch der Stadt St. Wendel aus dem Jahre 1606. Der Begriff "Salbuch" wird von den Gebrüdern Grimm in ihrem Wörterbuch der Deutschen Sprache erklärt "als ein Buch, in welches alle einem Eigenthümer gehörenden Grundstücke, an den selben gemachten Schenkungen und die daraus fließenden Einfünfte urkundlich eingeschrieben sind" (Grimm 14, 1694)

 

In diesem Buch heißt es auf der Doppelseite 14 linker Hand "Urwiller oder Von alterß Oberwiller". Also handelt es sich bei "Ur-" um ein abgeschliffenes "Ober". Das Gegenstück dazu ist heute ebenso aus dem Leben der Leute in St. Wendel verschwunden wie die Bedeutung des Urweilerer Ortsnamens. Es ist das Dorf Niederweiler, das bliesabwärts unterhalb von St. Wendel gelegen ist, und zwar östlich der Blies etwa im Bereich der heutigen Post, des Bahnhofs und der Volksbank. Also unmittelbar an der alten Straße von St. Wendel Richtung Ottweiler, der heutigen Mommstraße. Von St. Wendel erreichte man Niederweiler entweder über die heutige Brühlstraße oder über einen schmalen Pfad entlang des heute verrohrten Bosenbaches vom heutigen Schloßplatz her. Die beste Beschreibung dieses Dorfes findet sich wieder im o.a. Salbuch von 1606 (zur besseren Lesbarkeit habe ich den Text in die heutige Sprache übertragen):

 

"(Seite 13 links)

Niederweiler bey S: Wendel

 

dieses Dörfchen Niederweiler zählt 7 Feuerstätten (Haushalte) und gehört zur Gemeinde Breiten und Altzfassen). Rechtlich und steuerlich aber gehört es zum Amt- und Hochgericht St. Wendel. In Niederweiler gibt es keine Leibeigenen. Der Grund und Boden, auf die Häuser stehen, gehört zum einen der Pfarrkirche St. Wendel, zum anderen gehören sie zum Jungfrauenschaft. Die Kirche zieht ihre Einkünfte von den Häusern auf der linken Seite der Straße, die zur Mühle führt, der Jungfrauenschaft von den Häusern auf der rechten Seite. Und zwar von "Nickel Steins Hauß" aus gesehen (fragen Sie mich nur nicht, wo Nickel Steins Hauß lag.)."

 

Die erste Erwähnung von Niederweiler - und da gleich im Zusammenhang mit seiner Mühle - stammt aus dem Jahre 1343. Am 14. November stiftet Jakob, Priester, Schultheiß und Schöffe in St. Wendel, eine Frühmesse in der St. Magdalenenkapelle in St. Wendel, und da diese Kapelle mit keinerlei Einkünfte ausgestattet ist, wird verfügt, daß ihr ab sofort die Erträge zweier Mühlen zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich zum einen um die Stegener Mühle bei Asweiler und Wolfersweiler und zum anderen um die Niederweilermühle.

 

In der Originalurkunde (1 A 3598, LHAK) heißt es hierzu:

 

"Nos vero scultetus, scabini et universitas antedicti molendinum in Nyder wilre Metensis dyocesis, quod ad confraternitatem nostram pertinuit, solvens quatuor libre Hallensium legalium et bonorum in pagamento ad sanctum Wandalinum currente pro tempore, necnon quatuor maldra siliginis et quatuor maldra avene dicte Treverensis mensure annuatim ab omni alio onere census et servitiis liberum et solutum."

 

Auf Deutsch bedeutet das etwa: "Schultheiß, Schöffen und Gemeinde schenken die Mühle in Niederweiler, Bistum Metz. Sie gehört ihrer Bruderschaft und liefert vier Pfund Heller, wie sie zu St. Wendel gültig sind, außerdem jährlich vier Malter Roggen und vier Malter Hafer Trierer Maß. ansonsten ist sie frei von Abgaben und Dienstleistungen."

 

In der Urkunde heißt es dann (ins Deutsche übersetzt) weiter: "Schultheiß, Schöffen und Gemeinde behalten sich das Rückkaufsrecht für die Mühle vor gegen Zahlung von 10 Pfund Heller an den Frühmesser der Kirche (das ist der Priester, der die Frühmesse hält), allerdings mit der Bedingung, dem Gotteshaus innerhalb der Pfarrei ein gleichwertiges Eigengut zuzuweisen."

 

Es sieht so aus, als ob "Schultheiß, Schöffen und Gemeinde" irgendwann von ihrem Rückkaufsrecht Gebrauch machten, denn über 100 Jahre später wird die Mühle zu Niederweiler wiederum an die St. Wendeler Kirche übertragen - das geschieht im Jahre 1450 durch Nikolaus von Trarbach (B1, Seite 125 - 127, Pfarrarchiv St. Wendel). Dieser Nikolaus von Trarbach scheint ein Müller gewesen zu sein, denn 40 Jahre später - am 21. Dezember 1490 - nimmt ein "Clais von Trarbach und seine Frau Eva" die Mühle zu Niederweiler in Erbpacht - von der Kirche zu St. Wendel. Aufgrund der verstrichenen Zeitspanne könnte es sich auch um einen Neffen oder seinen Sohn handeln.

 

In der Urkunde heißt es sinngemäß.

"Nikolaus (Clais) von Trarbach und seine Frau Eva erbpachten von dem (Pfarrer) Mathias von Gontdorff, dem Schultheiß Nikolaus Demut von Schaffhausen und Peter Roßberg, Brudermeister der Kirche von St. Wendel, die Mühle zu Nyderwiller) mit allem Zubehör. Die Pächter verpflichten sich, dem Pfarrer und den Brudermeistern jeweils zu Weihnachten 5 Gulden zu je 24 alb und 5 Malter Korn an Pachtzins zu liefern, die Mühle in gutem Zustand zu halten, und zwar in Mauern, Giebeln, Dächern und Wänden, in stehendem und laufendem Mühlwerk, ohne daß der Kirche zu St. Wendel dadurch Kosten entstehen. ...

 

Siegelbitte der Eheleute an Peter Klock, zur Zeit kurfürstlicher Amtmann von St. Wendel. Gegeben und geschehen 1490 uff sant Thomas tag des heyligen aposteln."

 

(US 96, Pfarrarchiv St. Wendel)

 

Eben diesen Clais von Trarbach finden wir im Verzeichnis der Sebatianus-Bruderschaft, das im Jahre 1613 durch den Schulmeister Ferdinand Molitor angelegt wurde.

 

" Anno 1489

Herr Nicolauß Moisi Altarist S.Trinitatis

Peter Moner von Hersten

Godman Schneider Junckhanß Clasen Sohn

Hanß von Bassenaw Schlosser

H. Matthias von Gontorff pfarherr

Peter Glock von Oberstein zur Zeit Amptmann

Philpß Stüber

Jacob Metzen Contzen Sohn

Henchin Aulner

Jacob Becker Metzen Petginß Sohn

Christman Kannengiesser von Andernach

Cleßgin Reuter von Herstein

Sibillen Henn Peter

Claiß Müller von Trarbach

Herman von Birckenfeldt

Hanß Schmidt der Jungh

Schwanen Cleßgen

Grossen Hanß

Peter Pfeiler von Duttweiler

Lrentz Kercher

Hanß Schlosser von Mülhaußen"

 

 

Im Jahre 1502 war die Mühle wohl in Betrieb, allerdings wird im Einwohnerverzeichnis dieses Jahres der Name des Müller nicht genannt.

 

"Diß nachvolgende sint die Inwoner Inn der Statt Sant Wendelin:

...

 

Zu Nydderwiller:

 

1 Scheffer heintz

2 scheffer clese

3 ulner henchgin

4 Eberhart

5 der mulner

6 Trutgins hans

7 der Zyegeller

8 Roitfos

9 hackenner"

 

(1 E 1350, LHAK)

 

Im Jahre 1541 wird die Mühle von einem Müller namens Friedrich aufgegeben und an Stephan von Bersweiler und dessen Ehefrau Else weiterverpachtet:

 

"Stephan von Berßweiler und seine Ehefrau Else, des Kuntzen Tochter von Folmerßbach, nehmen von dem Pfarrer Sigfrid Klock vom Oberstein, dem Schultheiß Johann Koben und Sebastianus Zeltingen, dem Brudermeister der Kirche von St. Wendel, die St. Wendelsmühle in Erbpacht gegen einen jährlichen Erbzins von 5 Gulden zu je 24 albus und 5 Malter Korn, zahlbar jeweils an Weihnachten.

 

Sollten die Pächter die Mühle aufgeben wollen, soll das möglich sein mit der Zusage, ihnen die Auslagen zu ersetzen, die sie bis dahin zur Verbesserung der Mühlsteine aufgewendet haben.

 

Die Aussteller bitten Gerhart Mullen, den Amtmann zu St. Wendel, um Besiegelung, weil sie kein eigenes Siegel haben. Siegelbitte ergeht auch an die Schöffen des innersten Gerichts von St. Wendel. Das sind Heuls Simon, Godmans Hans, Anthes Scherrer, Jungh Clas Weißgerber, Heynnen Jakob, Adam Becker und Kallenborns Wendel.

 

Gegeben und geschehen 1541 uff montagh nach Quasi modo (25. April)."

 

(US 122, Pfarrarchiv St. Wendel)

 

Bei den genannten Mühlsteinen handelt es sich um die hochwertigen Champagner-Steine, die aus der französischen Champagne importiert worden waren. Sie waren besonders hart, rieben sich nicht so schnell ab und hatten deshalb eine lange Laufzeit und Lebensdauer. Sie sind noch bis in unsere Zeit als "Franzosensteine" bekannt. Auch in späteren Unterlagen zu anderen Mühlen aus dem 17. und 18. Jahrhundert tauchen sie auf, wobei der Name manchmal schrecklich verstümmelt wird bis zu "Schobanger-Steine".

 

Nach etwa anderthalb Jahren kommt es zu einem Rechtsstreit zwischen Pächter und Verpächter, der sich bis zum 1547 hinzieht. Er wird dokumentiert in einer Akte des Pfarrarchives St. Wendel (B 1, Seite 285ff).

 

"14.9.1542.

Job Weidenkopf, Landschreiber zu Lichtenberg an Herman Deungin, Kellner zu St. Wendel: bittet, der Kellner möge dem Steffan Müller dazu verhelfen, entweder bei der Mühle bleiben zu können oder sein ausgegebenes Geld wieder zu erhalten. (Seite 285)

 

21.9.1542.

Steffan Müller zu Berßwiller, Henrichs Sohn, berichtet an seinen gnädigen Herrn (Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein) über einen Streit, in den er mit den Brudermeistern der Kirche St. Wendel und dem dortigen Gericht geraten, nach-dem er die Niederweiler Mühle von dem Müller Friedrich gekauft habe. Nun wolle man ihm den Erwerb der Mühle nicht gestatten, aber auch nicht das schon bezahlte Geld herausgeben. Er sei auch zu Gerichtskosten verurteilt. (Seite 252-62)

 

21.9.1542 Sebastianus Zeltingk wird in der Beschwerdeschrift des Müllers Steffan von Berßweiler genannt, den er aus der Niederweiler Mühle habe vertreiben lassen. (B 6 Seite 252ff)

 

4.10.1542.

Johann Ludwig, Kurfürst von Trier, an Hermann Dungen, Kellner zu St. Wendel: Er solle veranlassen, daß das Gericht zu St. Wendel mit Einforderung der Gerichtskosten, wozu Steffan Müller verurteilt war, abwarten, bis sein Bruder, der Amtmann Heinrich von Hagen, eintreffe. (Seite 275)

 

29.10.1542.

Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, an Heinrich von Hagen, Amtmann zu St. Wendel: Er habe wegen der Angelegenheit des Steffan Müller an den Trierer Erzbischof geschrieben, der eine Untersuchung angeordnet hat. Inzwischen sei Hab und Gut des Müllers beschlagnahmt worden. Er bittet den Amtmann, diese Beschlagnahmung aufzuheben. (Seite 265)

 

14.11.1542.

Job Weidenkopff, Landschreiber zu Lichtenberg, an Amtmann Heinrich von Hagen: Er könne geschäftehalber zu dem in der Sache des Müllers Steffan angesetzten Tages nicht kommen. An seiner Stelle schickt er Philipp von Lichtenberg, Amtsdiener. (Seite 267)

 

18.12.1542.

Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, am den Amtmann Heinrich von Hagen: Er habe den Landschreiber Job Weidenkopf angewiesen, den Müller vorzuladen. Der Amtmann möge aber Sorge tragen, daß des Müllers Weib und Kinder nicht an den Bettelstab kämen. (Seite 277)

 

21.12.1542.

Heinrich von Hagen an den St. Wendeler Kellner Hermann Dungen: Er möge den Streit mit Steffan Müller gütlich beilegen und dem Müller eine Milderung erwirken. Der Graf von Naussau-Saarbrücken sei jetzt nicht zu erreichen. (Seite 269)

 

4.1.1543.

Job Weidenkopff, Landschreiber zu Lichtenberg, an den Kellner Hermann Deungin: Da der Müller ihm berichtet, daß man zu St. Wendel ihm moch höhere Kosten auferlegen wolle, die er nicht bezahlen könne, und da auch die Bitten Pfalzgraf Reuprechts nichts erreicht hätten, möge der Kellner dafür sorgen, daß die Sache zu einem Ende käme. (Seite 281)

 

5.6.1543. Steffan von Berßweiler schreibt aus Münchweiler an den Kellner zu St. Wendel im Schloß: bittet, daß der Kellner ihm zu dem Seinen verhelfen möge. (Seite 280)

 

27.9.1543.

teffan Müller von Berßweiler an den Kellner zu St. Wendel: Lehnt das Erscheinen auf angesetztem Tag zu Ketternostern[1] ab und will zu solchem Tag am 29.10.1543 erscheinen, wenn seine Gegner sich gütlich vertragen und seine Forderungen erfüllen wollen. (Seite 279)

 

27.10.1543.

Heinrich von Hagen an den Kellner (Herman Dungen zu St. Wendel): befiehlt, daß der Kellner mit Briefen an den Landschreiber zu Lichtenberg, an den Müller (Steffan von Berßweiler) und an den Junker von Flersheim verlange, daß der Müller seine Bürgen entledigen und die Mühle in Besitz nehme und sie binnen Monatsfrist in Brach stelle, sonst müsse er sie in Nutzung stellen, damit die Kirche keinen weiteren Schaden habe; auch wisse er nicht, wo sich der Müller jetzt aufhalte. (Seite 270)

 

11.12.1543.

Hermann Dungen an den Junker Becheloff von Flersheim: er solle den Müller Steffan anhalten, seine Bürgen schadlos zu halten, die Mühle in Nutzung zu stellen und sich in Worten zu mäßigen, sonst müßte die Mühle den Bürgen übereignet werden. (Seite 272)

 

11.12.1543.

Hermann Dungen an Steffan Müller von Berßweiler: Er solle die Bürgen wegen rückständiger 21 Gulden Kaufpreis und auferlegter Gerichtskosten nicht zu Schaden kommen lassen und die Mühle in Nutzung stellen, damit die Kirche in Genuß ihrer Jahrespacht komme. (Seite 274)

 

1543..

Schreiben (wahrscheinlich des St. Wendeler Amtmann) an den Pfalzgraf Ruprecht in Zweibrücken: bittet den Müller Stephan von Berßweiler anzuhalten, in seinem Rechtsstreit wegen der von Fridtgen erkauften Mühle in Niederweiler die Gerichtskosten zu zahlen. (Seite 51)

 

3.1.1544..

Brief Berchtdoffs von Flersheim an den Amtmann von St. Wendel, Heinrich von Hagen, betr. den Müller Steffan von Berßweyller, der aus der Niederweiler Mühle in St. Wendel weggezogen ist. (Seite 130)

 

18.12.1546.

Klag- und Bittschrift des Steffan Müller von Berßwiller an Herzog Wolffgang, Pfalzgraf: schildert seinen Streit mit den Kirchbrudermeistern von St. Wendel wegen der von Fridgen erkauften Mahlmühle zu St. Wendel. Die Bruder-meister haben in seiner Abwesenheit seine Frau mit ihren kleinen Kindern aus der Mühle getrieben. Er bittet um die Fürsprache des Herzogs bei den Amtleuten zu St. Wendel. (Seite 107)

 

9.2.1547.

Vergleichsversuch in der Sache Steffan Müller gegen die Kirche St. Wendel: Amtmann Heinrich von Hagen, Caspar von Hagen, Amtmann zu Bließcastel, Heinrich Dungen, Kellner zu St. Wendel und Lanschreiber Job Weidenkopf setzen fest, - da beide Parteien sich in Güte nicht einigen wollen -, daß die Angelegenheit durch einen Schiedsspruch von je zwei kurtrierischen und zwei pfalz-zweibrückischen Räten entschieden werden soll." (Seite 283/84)

 

Der genaue Schiedsspruch dieses genannten Gremiums ist nicht bekannt, doch es scheint, daß man Stephan von Bersweiler seine Auslagen erstattete. Dies geht aus einer weiteren Urkunde des Pfarrarchives hervor, nämlich der Verpachtung an den übernächsten Müller. Dies geschieht 2½ Jahre später, und der Glückliche heißt Hans von Fronhofen.

 

In seinem Pachtvertrag (US 123, Pfarrarchiv St. Wendel), ausgestellt 1549 uff sant Stepffanstag des heiligen Martlers - das ist der 26. Dezember -, der die üblichen Bedingungen und auch den bereits bekannten Pachtzins von 5 Gulden und 5 Malter Korn, zahlbar an Weihnachten, enthält, wird auch - ohne näheren Bezug - auf die Entschädigungssumme an Stephan von Bersweiler Bezug genommen.

 

"Da die Kirche dem vorigen Pächter 100 Gulden zu je 25 albus bezahlt hat, als sie den Vertrag mit ihm löste, und diesen Betrag von den jetzigen Pächtern zurückerhielt, so soll Hans von Fronhofen bei eventueller Lösung des Pachtvertrages diese 100 Gulden von der Kirche erstattet bekommen, wenn er einen neuen Pächter gefunden hat. Wenn er allerdings einen Verpflichtungen nicht nachkommt, können Pfarrer und Brudermeister die Mühle wieder in ihre Verfügung nehmen."

 

Lassen Sie mich das rekapitulieren: Stephans Vertrag sah vor, daß er im Falle seiner Aufgabe des Pachtvertrages für die Ausbesserungen an den Champagner-Steinen eine Entschädigung verlangen könne. Er scheint diesen Betrag dann auch bekommen zu haben. Prompt verlangte die Kirche, deren Pachtvertrag vorsieht, daß sie die Kosten für Reparaturen am Gebäude und Mühlwerk nicht tragen muß, sondern die jeweiligen Pächter diese zu tragen haben, vom nächsten Pächter die 100 Gulden zurück, vermutlich mit der gleichen Klausel. Sie zahlten sie dem vorigen Pächter wieder aus, als dieser vertragsgemäß den Pachtvertrag beendete, und hielten sie von Hans von Fronhofen wieder ein. Und zahlen sie ihm wieder aus, wenn er vertragsgemäß aus dem Vertrag aussteigt. Oder wenn sie ihn loswerden wollen. So steht es im Verpachtvertrag (US 124, Pfarrarchiv St. Wendel): ): "... und die Kirche kann ihrerseits den Pachtvertrag nicht ohne weiteres lösen, es sei denn, es werden dem Müller 100 Gulden ausgezahlt"

 

Hans von Fronhofens Pachtvertrag wurde vom St. Wendeler Amtmann, dem Junker Philipp von Homberg, auf Bitte des Pächters gesiegelt, außerdem vom Schultheiß Hans Schlabatz und den Schöffen des innersten Gerichts von St. Wendel: Simon Heuls, Hans Gutman, Adam Becker, Jakob Heynen, Wendel Kaldenborn, Franz Woist und Hans Schnider.

 

In den Jahren 1576 bis 1578 verlehnt die Kirche ihre Mühle zu Niederweiler an die Stadt St. Wendel (A 40 Seite 105/6). Die Stadt ihrerseits beschäftigt für diese 3 Jahre einen Mahlmüller namens Caspar Müller. Die Pacht, die die Stadt zu zahlen hat, wird von der Kirche beim Müller direkt erhoben. Sie beträgt - wie schon hundert Jahre zuvor - 5 Malter Korn und 6 Rädergulden zu je 24 alb. Zusätzlich verlangt die Stadt noch eine Pacht von Caspar Müller in Höhe von 13 Malter Korn jährlich.

 

Eine Klausel des Vertrages spricht Bände für das Vertrauen, das man damals einem Mahlmüller entgegenbrachte: "Sollten Beschwerden über ihn auftreten, dann wird er "gebührlich" bestraft werden, und man wird überwachen, daß er hält, was er versprochen hat. Das Mühlenwerk hat er in Ordnung zu halten."

 

Der Mahllohn wird ihm von der Stadt vorgegeben; Caspar hat sich daran zu halten:

1 Malter Mahlwerk = 2 Sester

15 Malter Mahlwerk = 2 Faß

 

"Über die Billigkeit des Mahlens soll er sich nicht beschweren, sondern ein gebührlicher Müller sein."

 

Dieser Vertrag wird aufgesetzt am "St. Johannes des Täuferstag 1576".

 

Im gleichen Jahr wird die Mühle repariert, und Caspar hat einen Arbeitsausfall. Deshalb erhält er einen Nachlaß von 2 Malter Korn

 

Da die Mühle neu verpachtet werden soll, wird sie durch zwei Müller und einen Zimmermann namens Oster von Wimetzwiller (Wemmetsweiler) besichtigt und ihr Wert geschätzt. Zimmermann Oster wird von der Bürgerschaft angefordert. Caspar Müller, der sich ebenfalls um den neuen Pachtvertrag beworben hat, möchte natürlich seine bisherige Arbeit auf der Mühle in bestem Licht erscheinen lassen und beruft den Müller Johann Gresser als Fachmann hinzu. Dafür muß er die Kosten des Gutachtens. Die Reparaturkosten werden auf 125 Gulden veranschlagt.

 

Ein weiterer Bewerber ist Hans Mohr. Er besitzt einen eigenen Garten "zu Niderwiller im Dorf", also nicht weit von der Mühle entfernt, den der der Bürgerschaft als Unterpfand zur Verfügung stellt. Dies wird vom Auswahlgremium als " gutwillig" bezeichnet.

 

Diese Urkunde wurde am Dienstag den 9.7.1577 in Anwesenheit des Stadtschultheißen Hans Schlabatz, der beiden Bürgermeister Hansen Gerber (Weißgerber) und Spengel Franzen, der beiden Schreiber (einer für die Bürgerschaft, einer für die Gemeinde) Hans Jacob und Nicloß Demut (beide waren im "Zivilberuf" Kürschner gewesen) sowie Oster Zimmermann und des Müllers Johann Gresser ausgefertigt. Außerdem wurden zwei Kopien angefertigt, die von allen unterschrieben und dann auseinandergeschnitten und jeder Partei übergeben wurde.

 

Im Originaltext heißt es:

"Im Beisein als Scholtes, und beide Bürgermeister, und Oster Zimmerman, und Johan Gresser obengenannter Müller, alten Kürßner, zur Zeit Schreiber der Bürgerschaft, Gemeinschreiber, daß die Urkunde dieser Brief und zwei gleiche mit eigener Hand geschrieben und kerbweise auseinandergeschnitten und jeder Partei übergeben wurde."

 

Diese Verfahrensweise hatte den Hintergrund, daß jeder der Beteiligten etwas schriftliches in Händen hatte, außerdem auch, daß keiner von ihnen die Urkunde später verändern konnte, weil er nur einen Teil davon besaß. Das Wort "Kerb" kennen wir auch von dem Begriff "Kerbholz".

 

Der Pachtvertrag zwischen der Stadt und der Kirche dauert bis zum Jahre 1591:[2]

 

Reuers der Statt St: Wendalin ueber einen ErbMüllenpachtt

 

Wir Schultes Burgermeister Schoffen Und (511v) gemeine Bürger der Statt St: Wendalin, thun kundt und bekennen Vor uns und unsere Nachkommen, demnach der Hochwürdigst in Gott Vatter Fürst und Herr, Herr Johann Erzbischoff Zu Trier, deß Heiligen Römi. Reichs durch Gallien und daß Königreich arolaten ErtzCantzler und Churfürst, Unser gnedigster Herr, der Pfar= Kirchen alhir Mahlmühl Zu Niderweiler gelegen, so wir eine Ziel Jahrhero, Welche nunmehr Verflossen, bestantnus weiß Jnnen gehabtt, zu sich Und dero Ertzstifft erblichen ZuZiehenn, und ZuZu aignen, gnedigst Vorhabens, und uns Zu besondern gnaden hiengegen deroselben Müll negst Oberhalb Alzfaß gelegen, Mit der Condition und bescheidenheit, Wie die derwegh ufgerichte, und uns Zugestelte versigelte Verschreibung außweisett, erblichen, derselben Zu unserm und gemeiner bürgerschaaft vestem, Uhrbar und nutzen Zugebrauchen haben, Ubergeben und Zugestelt, daß wir der wegen alsolche Erbbeschwerden, so Uff höchstgedachter Irer Churf. G: Müllen Zu Niderweiler, Nemblich fünff mtr korns, und fünff gulden geltes, und gedachter pfarkirchen iärlichs zu entrichten stehen, gutwillig und bedächtiglich auf uns genommen haben, wie wir dan auch hirmit und in eracht dieses, solchen Erbpacht henfüro Von allen und ieden künfftigen iaren der gebürt und gnüglichen Zubefridigen, Versprechen. Auch damit die Pfarkirch darab desto baß Versichert, haben wir dero selben mit Vorgehabtem Schatt, und wolbedachtem muth. Zu einer gewisser hypothec und underpfand mehrangedeutte uns erblich eingeraumbte Müll, und im fall da dieselbe bey unsern schirstkünfftigen Nachfölgern in abgangh geraten und verfallen solle, (512) an statt deroselben alle von irer haab und gutt, und souil Zu entrichtung solches Erbpachtts vonnötten sein würde versetzt und verhypothecirt, thun auch solches hiermit und in epacht dieses. Und desssen alles Zu urkundt, habenn wir Unser Gerichts Insigel an diesen prieff thun hangen, der geben ist zu St. Wendalin den 7ten Martii Anno p.91. more Treu.

 

Volgt die beschreibungh uber vorangedeute Müll Zu St: Wendalin

 

Wir Johan, p. thun kundt und bekennen hirmit offentlich, demnach unsere liebe getrewe, Schulteis, Bürgermeister Scheffen und gemeine Bürgerschafft Unserer Statt St: Wendalin. die Müll Zu Niederweiler, so der Pfarkirchen daselbsten Zugehörig, eine benannte Ziel Jahrlang welche gleichwol nunmehr zu endt gelauffen, bestentnus weiß inhanden gehabt, Und dan nunmehr die Unuermeidtliche notturft erforderen thuett, daß dieselbe weilen sie fast verfallen, und also in abgang geraten möchte, wieder reparirt und erbawet werde, Welches gleichwol berurter unser statt, in ansehung der hirforigen außgestandenen vielfaltigen beschwernussen fast schwärlich, wie auch zuum teil unmöglich fallenn will, Alß haben wir disfalß mitt angedeutter unserer Statt dahirn und nachgeschriebener massen in gnaden abhandlen lassen, daß nemblich VorangeZeigte Müll zu Niderweyler, in dem Wesen und standt sie izo ist, Zusambst den anligendenn garten, und solchen stücken Gartens darbey (512v) so berührte Unsere Statt vor diesem kauflichenn an sich bracht, und gedachter Müllen zu preis= net (?), Neben einem Zugehörigen Wiesenplatz frey, und one einige beschwernis, und, unsere Nachkommen und Erzstifft, aigenthumblich erblich und zu ewigen Tagen eingeraumbtt und Uebergeben, Und Zugehörig sein soll, uns  deren nach unserem gefallen, besten, Urbar und nutzen, iederzeit zu gebrauchen haben.

 

Demgegen haben wir obbenanten Schulteis, Bürgermeister, Scheffen und eingesessenen Unserer Statt Sanct Wendalin, auß besondere gnaden, erblich und eigenthümblich, eine Unsere Mül, so vor diesem abgebrant und negst Oberhalb Alzfaß gelegen, Zusambst allen gerechtigkeiten und Zugehörungen, Neben einem ort plazen, gegen erst obbenenter Müllen zu Niderweiler. Daruf vormalen eine Scheuren gestanden, Welche sie numehr Zu einer gemeinen Zigelhütten Zugerichtet haben, eingeraumbt und Zugestelt, Thun auch solches hirmitt und in craft dieses, doch dergestaltt, daß sie solche Müll uf ihren eigenen Costen wider repariren und uferbawen, und Vorters in gutem wesentlichen baw, Ufrichtig halten sollen,

 

Hirbeneben und zu einer widerlag und ergözligkeitt deß hirbeuoren an vorangeregte Unsere Müll Zu Niederweiler angewantten bawcostens haben wir Inen Zugleich einhundert Zwantzig fünnf gulden, ieden pro vierh Und Zwanzig alb gerechnet, wie ingleichen acht malter korns, einmal vor all, erlegen, beZalen und lieferen laßen, Dargegen sollen auch mehrberürte Schulteis, Bürgermeistere, Scheffen und gemeine Bürgerschafft hinfuro und zu ewigen Tagen, schuldig Und sorgpflichtig (?) sein, solche Erbbeschwerden der fünff malter korns, und fünff gulden gelte, so auff fürberürter Unserer Müllen zu Niderweiler stehen, (513) stehen, der Pfarkirchen Zu St: Wendelin, one einig unser zuthun, nachtheil oder hindernis, gnüglichen Zuentrichten, und unverzögerlich zu befridigen, und zu gleichen sofort und dann die Pfarkirchen darob versichertt, soll berührte Unsere statt derselben zu einem gewissen underpfandtt solche Ir erblichen eingeraumbte Müll Zu Alzfaß, auch im fall, und da dieselbe in künftig bawloß und verfallen würde, anstatt deren, alle Jre haab und Guetter, souil hierzu vonnöetten, Zur Hypothec Zusetzen, schuldig und pflichtig seyn. Und darab alß palt gnügsame Verschreibung und glaublichen schein aufrichten, und der Kirchen: uf den fall sich deren Zubehelffenn haben, Zustellen lassen, dessen alles Zur Urkundt, p. Datum St: Wendell den 7ten Martii Anno 1591. more Treuirensis.“

 

"Wir Johann, von Gottes Gnaden Erzbischof zu Trier etc. geben öffentlich bekannt: unser getreuer Schultheiß, der Bürgermeister, die Schöffen und die Bürger unserer Stadt St. Wendalin besaßen die Mühle zu Niederweiler, die der Pfarrkirche von St. Wendel gehört, als Pächter. Die Pachtzeit ist jetzt abgelaufen, und es ist jetzt notwendig geworden, diese Mühle zu reparieren und neu aufzubauen, da sie fast baufällig ist und fast nicht mehr benutzt werden kann. Die Stadt hat aufgrund dessen, was sie in den letzten Jahren ausgestanden hat, so gut wie keine Möglichkeit, diese Reparatur durchzuführen. Also haben wir mit der Stadt einen Vertrag geschlossen: Die Stadt gibt die vorgenannte Mühle zu Niederweiler im jetzigen Zustand an uns zurück, außerdem den dabei liegenden Garten und auch das Stück Garten, das die Stadt früher aufgekauft und der Mühle zugeeignet hatte. Dabei gibt die Stadt alle Rechte an der Mühle an uns weiter.

 

Dahingegen haben wir dem genannten Schultheiß, dem Bürgermeister, den Schöffen und den Bürgern unserer Stadt St. Wendalin unsere Mühle, die vor einiger Zeit abgebrannt ist und nicht weit oberhalb von Alsfassen liegt, mit allen Rechten und allem Zubehör, erbverpachtet; auch den Platz nahe der o.a. Niederweiler Mühle, wo früher einmal eine Scheune stand, die jetzt zu einer öffentlichen Ziegelhütte umgebaut wurde. Sie sollen diese Mühle auf eigene Kosten reparieren und wiederaufbauen und instandhalten.

 

Die Reparaturkosten der Niederweiler Mühle berechnen wir der Stadt mit 125 Gulden, der Gulden zu je 24 Albus sowie einmalig 8 Malter Korn. Außerdem werden der genannte Schultheiß, der Bürgermeister, die Schöffen und die Bürger an heute und für alle Zeit verpflichtet, 5 Malter Korn und 5 Gulden ohne Aufforderung an die Pfarrkirche St. Wendalin zu bezahlen; dafür werden sie mit der ihnen erblich verpachteten Mühle zu Alsfassen haften, auch falls diese in Zukunft irgendwann einmal baufällig wird und verfällt. Oder an deren Stelle mit ihrem beweglichen und unbeweglichem Vermögen.

 

Dies wird beurkundet in St. Wendel am 7. März 1591, more Treverensi."

 

Der Begriff „more Treverensi“ bedeutet „nach Trierer Art“: Das neue Jahr beginnt im Bistum Trier nicht am 1. Januar, sondern erst später am 25. März. Daraus folgt, daß unser Kalender und der Kalender Trierer Art nur vom 25.03. bis einschließlich 31.12. übereinstimmen, wobei wir dem Trierer Kalender vom 01.01. bis 24.03. um ein Jahr voraus sind. Unser 1. Januar 2000 ist im Trierer Kalender der 1. Januar 1999 => nach Trierer Art folgt auf den 31.12.1999 der 1. Januar 1999 und auf den 24.03.1999 der 25.03.2000. => der 7. März 1591 more Treverensi = 7. März 1592 unseres Kalenders!

 

Somit hat die Stadt St. Wendel die Niederweilermühle an die Kirche zurückgegeben, dafür mußte die Stadt die vor kurzem abgebrannte Felsenmühle in Pacht nehmen mit der Maßgabe, die wiederaufzubauen und zu erhalten. Damit war die Stadt im Prinzip vom Regen in die Traufe geraten, denn die Felsenmühle, die in dieser Urkunde zum erstenmal genannt wird, stand damals noch gut zwei Kilometer von ihrem jetzigen Standpunkt entfernt und war bei schlechtem Wetter oder im Winter sehr schlecht zu erreichen.

 

Unverständlich bleibt mir der folgende Eintrag im Salbuch der Stadt St. Wendel von 1606 (1 C 7435, LHAK), worin es um die Niederweilermühle geht:

 

(Seite 3a links)

 

"Schloß Müelwerck

Neben dem Bruel Jeseits wassers, und Niederwiller hat daß Schloß St. Wendel ein Mühlwerck von Zweyen gengen, diese Mühl erträgt Jährlichs Jetziger Zeit .8. mlr korn, Lauth Jahr Rechnung, Ist (sie) Vor etlichen Zeiten der Kirchen St. Wendel Zustendig geWeßen, So die Bürgere mit .5. Malter der Kirchen verpfachtet, Nochmahls Anno .1592. hat d. Hochwürdigst mein Gnädigster Churfürst undt Herr sich erbtauschweiß mit d. Kirchen und Bürgerschafft Verglichen, Undt Ihnen die Altzfaßer Mühl so ihrer Churf(ürstlichen). G(na)d(en). Zugestanden, dagegen Erblich eingeraumbt, Welche die Burger Von der Kirchen umb gewießen Pfacht erblich Innhaben.

 

Hinder obgd. Niederwiller od. Schloßmühlen Liegen drey kleiner garten stück mit Zweyen oder Treyen Obßt bäumen, So auch Zu d. Mühlen gehören, Ist außuersteint."

 

Denn obwohl wir erfahren haben, daß die Niederweilermühle an die Kirche zurückgegeben wurde, heißt es hier, sie gehöre zum Schloß St. Wendel, also zur Stadt.

 

 

Erinnern Sie sich an den Müller Johann Gresser, der bei der Mühlenbesichtigung im Jahre 1577 dabei war? Am Samstag, dem 5. November 1611, liefert Johan Gräser in der Niederweiler Mühle 10 kleine Brötchen, die er aus "2 fas Korn" zubereitet hat. Das scheint ein bißchen viel Korn für diese kleine Menge gewesen zu sein, deshalb muß Gräser dem Besteller "1 1/2 sester Mehl zurückgeben." (A 33, Seite 398)

 

Grässer war also sowohl Müller als auch Bäcker.

 

Zwischen 1611 und 1660 wird die Mühle nur zweimal in den Unterlagen erwähnt. Am 12. Juni 1642 wird Jakob Bernhard hier geboren. Seine Eltern sind Jakob Bernhard und seine Frau Katharina oder/und Elisabeth. Bernhard ist der Müller der Niederweilermühle.

 

Und am 22. Mai 1652 verkauft Catharina, die Witwe von Hans Zimmerman, zeitlebens Zimmerman zu Niederweiler ihre " verfallene Behausung und den Garten, oberhalb der Mühle" für 10 Gulden an den Kellereischöffen Johannes Krugh seine Ehefrau Catharina (A 32, Seite 269).

 

1660 finden wir den Müller Jakob Müller auf der Niederweilermühle. Er ist verheiratet mit Angela, die ihm vier Kinder schenkt.

 

Zwei Aktenstücke des St. Wendeler Stadtarchives belegen, daß der Müller zu Niederweiler auch für die Instandhaltung der städtischen Brunnen zuständig war. 1652, als Paulus Hanß Gemeindebürgermeister war, gab man dem "Mühler zu Niederweiler" für eine Rolle am untersten Gassenbrunnen 6 alb. Dem Schmied wurde zum Beschlagen der Rolle 12 alb gegeben. (A 72, Seite 256). Am 17. Mai 1661 hat der Müller zu Niederweiler den Auftrag erhalten, die Springbunnen zu bestellen; sein Arbeitslohn beträgt Thaler (A 40, Seite 122).

 

Einer seiner Söhne ist Bartholomäus Müller, der 1665 auf der Niederweiler Mühle geboren wird. Er heiratet 1696 Maria Elisabeth Wesemann, Witwe von Johann Peter Kindt. 1715 wird er als " Müller auf der Unteren Mühle" genannt, wobei "unter" mit "nieder" gleichzusetzen ist.

 

1695

Item H. Thiebaut und Johann

Heylen, als sie mit Jan

Müller wegen der Nieder-

weyler Mühlen in Homburg

ein dag gehalten, bezahlt

für ihre müh, Versäum-

niß und Zehrung 5 Rhr

somit   11 f 6 alb.

Quelle: Stadtarchiv St. Wendel, A73 Bürgermeistereirechnungen, Seite 134

 

Nach seinem Tode im Jahre 1716 übernimmt seine Witwe die Mühle. Sie wird in einer Landesaufnahme genannt, ausgestellt in "St. Wendel den 9ten Novembris 1720"[3]:

 

"Die sechste mülle besitzet Maria Elisabeth Wexemer als Erb beständerin Von dieser Ihro churfürstl. Dhlt Zu gehörriger mullen, giebt hier Von Zur Jahrlicher Zinss 12 malter korn Trierischer mass; das nöthiges geholtz musse sie anderwerts erkauffen, ausser was Zum wasserlauf gehörig."

 

Ihr Sohn Wendelin Müller, * 1707, löst Johann Peter Breith auf der Felsenmühle ab, wo er mindestens bis 1762 arbeitet.

 

Im Jahre 1748 kauft die Stadt einen Baum für 3 gulden 12 alb. Das Holz verwendet Matheis Weber für Arbeiten an der unteren Pforte, bei der Niederweilermühle, der Filzenmühle und um einen Balken zu behauen, den er am oberen Wachhaus anbringt[4]. Für diese Arbeiten ist Weber mit 9 gulden 15 alb entlohnt worden[5]

 

Im Jahre 1757 werden die zu St. Wendel liegenden „Churfürstlichen Kellnerey Güter" aufgenommen.Dazu gehören auch zwei Gärten, die zur Mühle gehören. Eine Akte aus dem Landeshauptarchiv Koblenz[6] beschreibt sie.

 

Nro 16.

Ein stück garthen ahn und hinter der Niederweiller Mühl, ist zu der mühlen bestandt gehörig, haltet 20 rthe, und ahn der hintere Seithe Langs Jacob Müllers Erben mit 3 steinen abgesteint, dharselbsten 6 ruthen 6 schu, ahn der Vorderen Seithe wider der Mühl 6 ruthen 4 schu lang, einseits oben die Voltsen Erben dharselbsten 2 ruthen 6 schu, anderseits unten die Blies, und dahe 3 ruthen 8 schu breith.

 

H. Lefler

 

Nro. 17

Noch Ein stück Garthen dharselbst, gegen der Mühlen über langs den Fahr-Weeg, haltet 6 ruthen 8 schue, Ist ahn der Obere seithen Langs Johannes Müller mit 3 stein Versteinet, dahrselbsten 5 ruthen 6 schue lang, auf der unteren seithen der Fahr-Weeg, Von die Bourg- und Monsiche Erben, dahrselbst 2 rthe und hinten der nach der stadt gehende Mühlen pfath, und dahe noch 8 schue breith, beyde Vorstehende garthen stücker begreiffen jene drey kleinen stücker, welche das Saahlbuch fol. 2do, Verso §oo 3tis beschreibt und seynd besagte zwei Garthen stücker deme Niederweiller Müller in den Mühlen bestand miteingegeben.

H. Lefler"

 

 

Im Jahre 1761 ist Friedrich Hoenel Erbbeständer auf der Niederweiler Mühle. Vom 19. bis 21. Februar 1761 wird die gesamte Anlage von Sachverständigen besichtigt und abgeschätzt[7]. Der Expertenrat wird angeführt vom Amtmann von Hame und dem Grundgerichtsscheffen Sebastian Demuth.

 

Morgens um 10 Uhr finden sich folgende Personen bei der Mühle ein:

 

Jacob Theobaldt von Altzfaßen;

Jacob Heß aus der Uhrweyller Mühle;

Capar Oberringer, Müller und Zimmermann;

Johannes Steininger, Schreiner von St. Wendel;

Hans Adam Bayard, Maurermeister von Altzfaßen;

Henrich Weisgerber, Schlosser;

Johannes Montz, Glaser;

Johann Münster, Leyendecker;

Henrich Angel, Kellereyschöffe und Schmied;

 

Es wird hingewiesen auf eine vorangegangene Schätzung des Wohnhauses vom 11.3.1750. Auch heute noch befinden sich Wohnhaus, Stallung und Scheune in gutem Zustand. Der Dachstuhl ist ebenfalls in Ordnung, allerdings ist das Dach mit Stroh bedeckt. Die Experten sind aber der Ansicht, der Dachstuhl trägt ein Ziegeldach.

 

Die Reparaturen im Mühlengebäude, die einzeln aufgeführt werden, belaufen sich auf 57 R 11 1/10 Pfg. Die meisten Teile befinden sich in gutem Zustand, wie etwa das Mauerwerk und Holz. Das Mühlenwehr ist von Caspar Müller als Vorbesitzer des Friederich Hoenel ganz neu gemacht worden. Es könnte sich dabei um Johann Kaspar Müller handeln, der 1723 Anna Maria Thiel heiratet. Er wohnt in Hirstein im Erzbistum Köln, von wo aus er nach St. Wendel gewechselt ist. Ob er zu Bartholomäus Müllers Familie gehört, vermag ich nicht festzustellen.

 

Das Mahlwerk hat zwei Gänge.

 

Johannes Münster, der Leyendecker, veranschlagt, daß für die Neueindeckung des Daches 23.000 Ziegel zu 115 R und 80 Hohlziegel zu 2 R 40 alb benötigt werden. Die Gesamtanschaffungskosten betragen 117 R 40 alb. Dazu kommen noch 157 R 10 alb für Auslagen und Lohn.

 

Die Eindeckung mit Schiefer aber käme wesentlich teurer, denn ein vergleichbares Leyendach würde 389 R 15 alb kosten.

 

Die Bannvermessung von 1785 durch den Geometer Röhn zeigt u.a.. auch die Niederweilermühle. Sie bestand aus zwei Teilen, nämlich der Mahlmühle am Westufer der Blies (zum heutigen Bahnhof hin), der Ölmühle (zur Stadt hin) sowie dem Wohnhaus. Die heutige Bahnhofstraße bestand damals nur aus einem schmalen Pfad, der nördlich der Mühle vorbei über die Blies Richtung Stadt führte. Und zwar folgte sie dem Bosenbach bis etwa zur heutigen Beethovenstraße. Für eine gewissen Zeit. Dann wurde sie um etwa 50 Meter nach Norden verlegt auf ihren heutigen Verlauf. Die Mühle lag also südlich der Straße und das Wohnhaus nördlich.

 

Im Jubiläumsband der Volksbank St. Wendel wird die Niederweilermühle als Vorgängerbau der heutigen Volksbank genannt. Damit soll sie nördlich der heutigen Bahnhofstraße gelegen haben. Dafür spricht, daß im Urhandriß von 1843 genau an dieser Stelle ein Gebäude eingetragen ist, allerdings ein Wohnhaus. In einer Akte des Stadtarchives für Baugesuche befindet sich ein Plan vom 14. April 1874, in dem die heutige Mommstraße und das Schlößchen der Herzogin Louise (diente lange als Bahnhof) sowie die Bahnhofstraße eingetragen ist. An der Stelle des Gebäudes von 1844 - also zwischen dem ehemaligen Hotel Riotte und dem Wohnhaus J. Saul - steht ein Doppelhaus mit den Einträgen "Sägemühle" und "Mahlmühle". Eigentümer dieser beiden Gebäude ist lt. Plan "P. Lieser". Nachforschungen haben ergeben, daß es sich dabei um den Schreiner, Blechschmied und Spengler Peter Lieser handelt, geboren am 26. September 1798 in St. Wendel und gestorben ebenda am 8. September 1874.

 

Mir scheint, die Frage "wo stand die Niederweiler Mühle?" muß ergänzt werden um das Wörtchen "wann" - also "wann stand sie wo?".

 

Im Jahre 1785 stand sie südlich der Bahnhofstraße und wurde irgendwann danach, aber vor 1843 abgerissen - dafür spricht, daß im Urhandriß von 1843 dort kein Gebäude eingetragen ist (das Hildegardisheim wurde erst später gebaut) - und auf der anderen Straßenseite beim alten Wohnhaus (oder anstelle dessen) neu erbaut wurde.

 

Der Erbbeständer des Jahres 1785 heißt Johann Waßenich. Er ist geboren im Jahre 1735 und wird im Jahre 1807 hier in St. Wendel sterben. Seit 1758 ist er mit Margaretha Baltes aus Urweiler verheiratet. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratet er 1764 Margaretha Leisenich aus Trier.

 

(B 92, Seite 226)

 

"No 652 und 909

1 Viertel 9 Ruthen

14 Ruthen 8 schu

 

Eine Mahl und Ohlig Mühl, samt Hofgering, Garten und der dazu gehende Weeg

Ein und Anderseits Garten Anstoßend

oben der Linxweiler Weeg, unten die Bließ

 

Johann Waßnich Erbbestand"

 

Diese Ölmühle kam erst um das Jahr 1785 hinzu, denn auf älteren Plänen ist sie noch nicht zu sehen.

 

Zu der Mühle gehört auch ein Wohnhaus auf der anderen Seite des schalen Weges, der von der heutigen Mommstraße hinunter zur Mühle führt.

 

"No 653

15 Ruthen 12 Schu, Classe 1

 

Ein Wohnhauß mit Hofgering und Garten

Einseits voriges

Anderseits No 675

unten die Bließ da 1 Ruthe 12½ schu

oben No 608 und 659 da 3 Ruthe breit

 

Johann Waßnich Erbbestand"

 

Waßenich war früher Hochgerichtsschöffe und Friedensrichter und ist schon seit einigen Jahren Beständer der Mühle. Im Jahre 1778 stirb sein Sohn Philipp Jacob im Alter von 15 Jahren bei einem Unfall - er wird vom Mühlrad erdrückt. Aufgrund seines relativ hohen Alters - 50 Jahre sind sehr viel für einen aktiven Müller - hat er im Laufe der Zeit mehrere Lohnmüller angestellt, deren Namen wir aus Kirchenbucheintragungen kennen.

 

Wie z.B. den Müller Johann Boló oder Bolé, vermutlich Bulle (aus der Trierer Mühle bei Lebach) ledig, der am 22. Juli 1790 in der Niederweiler Mühle vom Mühlrad erdrückt wird.

 

Durch Vermittlung ihres Onkels Mathias Werle, Müller auf der Urweilermühle, arbeiten der Bauer Mathias Werle und sein Bruder, der Müller Johann Jacob Werle, beide aus Leitzweiler bei Hoppstädten, auf der Niederweilermühle. Sie sind beide verheiratet und ihre Kinder kommen hier auf die Welt. Mathias stirbt bereits 1797, und Johann Jacob zieht kurz nach 1800 auf die Dörrwiesmühle.

 

Nachkommen von Nikolaus Werle

 

1. Generation

 

1.  NIKOLAUS1 WERLE wurde geboren am 1713 in Leitzweiler, und verstarb am 09.04.1785 in Leitzweiler. Er heiratete (1) MARIA BERNARDSie wurde geboren am 1719, und verstarb am 01.01.1763 in Leitzweiler. Er heiratete (2) ELISABETH LENZ am 03.08.1763 in Hoppstädten.  Sie wurde geboren am 1736 in Heimbach, und verstarb am 04.10.1795 in Leitzweiler.

    

Kinder von NIKOLAUS WERLE und ELISABETH LENZ sind:

              i.   MATHIAS2 WERLE, geb. 14.02.1764, Leitzweiler; gest. 15.03.1797, Niederweilermühle; verh. mit BARBARA MALDINGER, 29.12.1794, St. Wendalinus, St. Wendel; geb. ca. 1770, Hasborn-Dautzweiler.

              ii.   SUSANNA WERLE, geb. 14.08.1765, Leitzweiler.

             iii.   JOHANN IGNATIUS WERLE, geb. 06.06.1768, Leitzweiler; gest. 30.11.1769, Leitzweiler.

2.          iv.   JOHANN JAKOB WERLE, geb. 22.01.1771, Leitzweiler.

             v.   MARKUS WERLE, geb. 25.09.1773, Leitzweiler.

 

 

2. Generation

 

2.  JOHANN JAKOB2 WERLE (NIKOLAUS1) wurde geboren am 22.01.1771 in Leitzweiler. Er heiratete CHRISTINE WEGMANN am 06.02.1798 in St. Wendalinus, St. Wendel, die Tochter von JOHANN WEGMANN und MARIA HUWERSie wurde geboren am ca. 1770 in Silva vulgo Winterhauch auf dem ___hof.

    

Kinder von JOHANN WERLE und CHRISTINE WEGMANN sind:

              i.   BARBARA3 WERLE, geb. ca. 1798; gest. 15.12.1800, Dörrwiesmühle.

              ii.   ELISABETH WERLE, geb. 06.04.1800, Niederweilermühle.

             iii.   KATHARINA WERLE, geb. 1802, Leitzweiler; gest. 11.05.1893, Bleiderdingen; verh. mit JOHANN RITTER, 27.02.1829, Bleiderdingen; geb. 21.09.1795, Hoppstädten.

             iv.   LUISE WERLE, geb. 1804, Leitzweiler; verh. mit JOHANN OSTGEN, 28.02.1840, Kirchenbollenbach; geb. ca. 1800.

             v.   MARGARETHE WERLE, geb. 19.03.1807, Bleiderdingen.

             vi.   JAKOB WERLE, geb. 10.01.1810, Bleiderdingen; gest. 19.10.1810, Bleiderdingen.

            vii.   ANNA BARBARA WERLE, geb. 27.07.1811, Bleiderdingen; verh. mit PETER ROTH, 05.02.1856, Kirchenbollenbach; geb. ca. 1810.

           viii.   JOHANNES WERLE, geb. 19.03.1815, Bleiderdingen; verh. mit (1) KAROLINA MÜLLER, 14.10.1847, Bleiderdingen; geb. ca. 1820; verh. mit (2) ELISABETH MÜLLER, 19.02.1852, Bleiderdingen; geb. ca. 1820.

             ix.   JOHANN NIKOLAUS WERLE, geb. 10.12.1819, Bleiderdingen.

 

 

      Müller

 1   Konrad Schwert geb.: 1776 gest.: 16.10.1806 Niederweilermühle

..  +Elisabetha Kuhn geb.: ca. 1780  verh.: vor 1797 Nicht St. Wendel

........ 2   Franz Anton Schwert geb.: 1797 gest.: 21.08.1804 Niederweilermühle

........ 2   Konrad Schwert geb.: 17.05.1802 Niederweilermühle 

........ 2   Johann Schwert geb.: 12.05.1804 Niederweilermühle gest.: 29.01.1809 Niederweilermühle

 

Repertorium: St. Wendeler Verlasung und VersteigerungsProtokoll der Städtischen Güter, Renten und Gefälle, angefangen am 31.12.1787

 

Seite 3. Ausfüllung an der Reichsteegbrücke. Anlegung einer Brücke bei der Niederweiler Mühle.

 

Seite 12. Verlasung des Pfades an der Niederweiler Mühle an Witwe Falckenstein und Jacob Hallauer.

 

(A 226, Stadtarchiv St. Wendel)

 

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Herr Hochgerichtsscheffen Linxweiler wird als Stadtbaudirektor beauftragt, die Brücke an der kurfürstlichen Erbbestandsmühle bei Niederweiler in Augenschein zu nehmen und seinen pflichtmäßigen Bericht über derselben bessere Anlegung und allenfalls Beisteuer des Mühlenbeständners Johann Waßenich zu erstatten.

 

St. Wendel, den 18.8.1788.

Gattermann; Ph.Jacob Cetto; Frantz Zangerle; Johannes Vock Siglohr, Fleck, statschreiber.

 

(A 229, Stadtarchiv St. Wendel)

 

Nach Johann Waßenichs Tod im Jahre 1807 kommt die Mühle durch Erbgang je zur Hälfte an seine beiden Schwiegersöhne Johann Joseph Hallauer aus St. Wendel (verheiratet seit 1796 mit Katharina Waßenich) und Peter Joseph Recktenwald aus Remmesweiler (verheiratet seit 1794 mit Johanna Waßenich). Beide sind Bäcker von Beruf (Recktenwald außerdem noch Wirt), wohnen nicht in der Mühle, sondern in eigenen Häusern in der Stadt und können wohl mit der Mühle nicht sehr viel anfangen. Deshalb geht sie nicht lange danach an Heinrich Cetto; damit bleibt die Mühle quasi in der Familie, denn Heinrich Cetto ist der Sohn von Philipp Jacob Cetto und Maria Elisabeth Martina Waßenich, einer Schwester des verstorbenen Johannes Waßenich (Cettos Bruder Nikolaus kauft übrigens später die Göckelmühle).

 

Die Familie Cetto betreibt in dieser Zeit Grundstücksaufkäufe in großem Stil: Harschberger Hof, Göckelmühle, Langenfeld (dort wird der Langenfelderhof errichtet, der heutige Paterhof), die zum Abriß bestimmte St. Annenkapelle, die Burg zu Nohfelden und etliches mehr. Auch die einzelnen Parzellen beiderseits der heutigen Bahnhofstraße bis hinauf zur heutigen Mommstraße werden von Heinrich Cetto angekauft (siehe B 92). Es folgt eine Auflistung der Parzellen in diesem Bereich, die schließlich Heinrich Cetto gehörten (leider fehlt die Angabe, wann er in ihren Besitz erlangte).

 

B 97, Seite 76 (= Seite 260 alter Paginierung)

 

"Cetto Heinrich

Revierförster zu St. Wendel

 

Grundstücksart und Flurname       Nr.     Viertel Ruthe  Schu

 

ein Haus "hinter Niederweiler"       2863

 

Gärten und Wiesen:

im Brühl        922     1        7       

hinter Niederweiler   620              12      7

         621              14      12

         623     3        10      2

         624              7        9

         625              8        10

         626              14      9

         646              15      -

         646              53      4

         647              11      10

         650              7        7

         651              6        12

            652     1          28       8

            653                 15       12

 

(Diese beiden Ziffern 652 und 653 entsprechen der Mahlmühle und dem Wohnhaus; sie werden hier aber unter Gärten und Wiesen geführt. Bedeutet das, daß sowohl die Mühle als auch das Wohnhaus abgerissen wurden? Vergleichen wir die Flächenangaben aus dem B 92 mit den vorgenannten, sehen wir, daß die Parzellenflächen in etwa übereinstimmen (vor allem, wenn man die Fläche der Ölmühlen-Parzelle 909 zu der der Mahlmühle 653 hinzuzählt)).

 

in den Hohlgarten     658 u. 659 u. 675              10      15½

hinter Niederweiler   622     -        2        14

         645 u. 646     -        36      -

         648     -        18      5

         649     -        14      12

in der Mühlwies        904              11      -"

        

 

In dieser Zeit zwischen 1800 und 1843 (letzeres Datum entspricht dem Urhandriß) erfolgte auch die Begradigung der Blies, die sich vorher in großen und kleinen Windungen durch die Brühl zog. Die Niederweilermühle lag an einer solchen Windung, wobei der Mühlenteich diese Windung innen - auf der Ostseite - durchschnitt und eine künstliche Insel geschaffen wurde. Glaubt man allerdings den vorliegenden Plänen, dann wurde das unterschlächtige Mühlrad nicht durch das Wasser des Mühlenteiches, sondern durch die Blies direkt angetrieben. Und der Mühlenteich diente lediglich der Regulierung des Wassers.

 

Auf dieser Insel lag die Ölmühle, während die Mahlmühle am östlichen Ufer lag. Das Mühlrad hing dazwischen in der Blies und versorgte durch seine Drehung beide Mühlen auf beiden Seiten des Baches mit der für ihre Arbeit notwendigen Arbeitskraft. Eine sehr einfache, aber effiziente Konstruktion.

 

 

Es ist leider (noch) nicht bekannt, wer die Mühle auf der anderen Straßenseite wieder aufbaute. Wie bereits erwähnt, ist im Urhandriß von 1843 ein Gebäude mit der Bezeichnung "Wohnhaus" eingetragen, dessen Eigentümer Mathias Müller genannt wird. Über ihn finde ich überhaupt nichts.

 

Ab etwa 1858 wohnt in diesem Haus der Baumeister Carl Adolf Sachse aus Weimar mit seiner Familie. In einem rechts, also westlich angebauten L-förmigen Gebäude richtet er zwei Mühlenwerke ein, eine Mahl- und eine Schneidemühle und nimmt sie am 1. Januar 1866 in Betrieb. Hierüber finden wir einen Hinweis in einem "Kataster der Mühlenwerke" (C 6/42, Stadtarchiv St. Wendel), das Bürgermeister Rechlin dem "Königlichen Landrath Herrn Rumschöttel, Ritter p.p. Hochwohlgeboren" am 7. März 1866 vorlegt. Darin heißt es auf Seite 109 " Nachdem die Wittwe Franz Bruch und der Adolph Sachse von hier, ihre concessionirten Dampfmühlen von 8 resp. 10 Pferdekraft mit dem 1ten Januar c. in Betrieb gesetzt haben ..." (das "c." steht für "currentis" = im laufenden (Jahr))

 

Es ist allerdings fraglich, ob er vorhatte, den Betrieb überhaupt lange durchzuhalten, denn noch kein Jahr später hat er den gesamten Betrieb an Gustav E. Fischer verkauft. Fischer, geboren 1841 in St. Wendel, ist der Sohn des Geldwechslers und Goldschmiedes Johann Carl Fischer und der Anna Maria Irsch (Hirsch), beide nicht aus St. Wendel stammend, aber hier wohnend.

 

Bürgermeister Rechlin fertigt einen neuen Bericht für sein Kataster und schickt es an den Landrat (C 6/42, Seite 107ff).

 

 

"St. Wendel 14ter Dezember 1866

 

An den Königlichen Landrath Herrn Rumschöttel, Ritter p.p. Hochwohlgeboren

 

der Mühlenkataster der durch Gustav Fischer von hier

betriebenen Loh: Mahl: und Schneidmühle betreffend

1 Anlage.

 

Nachdem Gustav Fischer die von Adolph Sachse aquirirte im District Niederweiler belegene Mühle, bestehend in einer Mahl= Loh= u. einer Schneid= oder Sägemühle, welche von einer Dampfmaschine betrieben wird mit dem 1. November c. in Thätigkeiten gesetzt, beehre ich mich das Mühlenkataster darüber in der Anlage mit dem beifügen gehorsamst vorzulegen, daß der Vorgänger Sachse solche nicht der Art in Betrieb gesetzt hatte, daß sie mit Gewerbsteuer (zu belasten war).

 

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Kataster der Mühlen in der Bürgermeisterei St. Wendel, Kreis St. Wendel

und zwar

A. Wassermühlen

B. Mühlenwerke, welche durch Feuer, Wind oder thierische Kräfte betrieben werden.

 

I. Fortlaufende Nr.   1

II. Namen der Gemeinde     St.Wendel

der Mühlen    Niederweilermühle

des Müllers    Gustav Fischer

III. Beschreibung (keine Angaben)

Steuerbetrag bei den Dampfmühlen pro Pferdekraft zu 2 Thlr. 20

Summa der jährlichen Steuer 20

Bemerkungen.        

 

Fischer betreibt seit 1. November 1866

 

I. eine Mahmühle mit

A. oben auf dem Speicher 1 Schälgang nebst 1 Cylinder

B. auf dem Mühlenbühl 2 Mahlgänge, nebst 2 Cylindern

C. im Parterre: Das Mühlenwerk, ein englisches Werk von Gußeisen.

D. Im Mühlenraum: Eine liegende Dampfmaschine mit variabler Expansion und Condensation mit einer Nominalkraft von 10 Pferden.

 

II. Lohmühle mit 1 Lohgang

 

III. Schneide oder Sägemühle

Das Wasser zur Speisung des Kessels wird aus der nahe vorbeifließenden Blies durch Vorrichtungen entnommen und fließt wieder dahin.

 

Die sub D. bezeichnete Maschine betreibt das Ganze."

 

In der Gewerberolle von 1869 wird das Werk ebenfalls genannt (C 7/188):

 

"Gustav Fischer

Blies- und Dampfmühle

Mahlmühle mit

1 Schälgang nebst 1 Cylinder

2 Mahlgänge nebst 2 Cylinder

1 Maschinenwerk, betrieben durch eine liegende Dampfmaschine"

 

Aber bereits 1874 hat Fischer aus noch unbekannten Gründen (vermutlich mangelnder Rentabilität) aufgegeben und die Mühle an den Blechschmied Peter Lieser aus St. Wendel verkauft. Das Wohnhaus erwirbt "J. Saul". Bei ihm handelt es sich vermutlich um den Lokführer Hugo Friedrich Wilhelm Anton Saul aus Bettenhausen.

 

Im Juli 1877 werden Wohnhaus und Mühle von Johann Riotte II erworben, dem Erbauer und Eigentümer des Hotels Riotte auf der Ecke Mommstraße/Bahnhofstraße. Im Besitz dieser Familie befinden sich beide Gebäude noch 1935, wobei die Mühle als Werkstätte benutzt wird.

 

Lt. Frau Ducro, einer Nachfahrin des Johann Riotte, wurde das Wohnhaus (das "Liesersche Haus" - wie sie es nannte) später von der Familie Buschmann gekauft, der es heute noch gehört, während die Mühlengebäude als Lagerschuppen benutzt wurden.

 

Heute stehen an ihrer Stelle die Wendalinus-Apotheke (Bahnhofstraße 24) und das Geschäftshaus Bahnhofstraße 22 mit Radio Friedrich und Juwelier Heuel im Erdgeschoß.

 

 

 

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Eigentümer:

Pfarrkirche St. Wendel bis ca. 1800

 

 

Erbbeständer, P

 

bis 1450 Nikolaus von Trarbach

 

ab 1450 die St. Wendeler Kirche

 

1465 die St. Wendeler Kirche

 

21.12.1490 Clais von Trarbach und seine Frau Eva in Erbpacht.

 

bis 25.4.1541 Müller Friedrich

 

25.4.1541 Steffan von Berßweiler

 

26.12.1549 Hans von Fronhoiffen in Erbpacht

 

1576 - 1579 Stadt St. Wendel als Pächter; Caspar Müller für 3 Jahre als Lehns Müller

 

5.11.1611 Johan Gräser

 

1642 Müller Jakob Bernhard und Katharina

 

1660 Müller Jakob Müller und Angela

 

1715 Müller Bartholomäus Müller und Maria Elisabeth Wesemann

 

1716 bis nach 1720 Maria Elisabeth Wesemann

 

vor 1761 Caspar Müller

 

vor 1761 Caspar Müller

 

21.2.1761 Friederich Hoenel (auch Haenel, Hennel, Hen)

 

1786 Rectewald Peter Joseph Wirth in St. Wendel

 

1785 Johann Waßenich ist Erbbeständer

 

1790 Lohnmüller Johann Bolé vom Mühlrad erdrückt

 

Ende 18. Lohnmüller Johann Mathias Werle und Jacob Werle

 

1806 Lohnmüller Konrad Schwarz stirbt auf der Niederweilermühle

 

1807 Johann Joseph Hallauer und Peter Joseph Recktenwald erben die Mühle

 

nach 1807 Heinrich Cetto kauft das Grundstück

 

01.01.1866 Baumeister Carl Adolph Sachse nimmt eine Dampfmühle in Betrieb

 

01.11.1866 Gustav Fischer betreibt die Dampfmühle

 

1874 Peter Lieser ist Eigentümer

 

1877 Johann Riotte II erwirbt die Gebäude. Aus dem Mühlengebäude wird eine Werkstatt.



[1] Ketternostern = Catharina-Ostern, der alte Name von Oberkirchen

[2] 1C41, Landeshauptarchiv Koblenz; US 128, Pfarrarchiv St. Wendel, eigene Übertragung

[3] LHAK, 1 C 15185

[4] dieses liegt in der heutigen Balduinstraße etwa in Höhe des Friseursalons Bernhard

[5] A 89, StA St. Wendel

[6] 1 C 4429

[7] A 124, StA St. Wendel

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