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21. Jahrhundert -> 2015 Wie uns die Perseiden beim Sparen halfen.

Wie uns die Perseiden beim Sparen halfen.

 

   Die Perseiden kommen.

   Nein, das sind keine Flüchtlinge aus dem alten Persien, die zu uns kommen, um hier zu leben, weil es ihnen hier besser geht als dort, wo sie herkommen.

   Nein, das sind kleine Fels- und Eisbrocken aus dem Weltraum, und sie kommen, um hier zu sterben, weil sie der Erde im Weg stehen.

   Das alles interessiert uns aber nicht, als wir unsere Liegestühle aufstellen und uns angesichts der kühler werdenden Abendluft etwas wärmer angezogen darin niederlassen. Eine Decke über den Füßen liege ich in der Hängematte und schaue in den Abendhimmel, wo sich das Blau langsam in eine Art Schwarz verwandelt. Keine Wolke ist zu sehen, ein bießchen diesig ist es, aber das verschwindet nach und nach. Ein richtig schöner Sommerabend.

   Dort erscheint matt ein Lichtpunkt, dort drüben auch. Mehr und mehr werden es. Der erste dort oben im Norden ist tatsächlich der Nordstern, seine Position läßt sich anhand des Großen Wagens und der Cassiopeia, dem Himmels-W, gut definieren. Die beiden haben sich links und rechts des Blickfeldes in der Eiche und der Platane verheddert und sind nicht wirklich ganz zu sehen. Es wird noch eine Ecke dunkler, die Lampen am Haus verlöschen, als ihre Zeit abgelaufen ist. Und der Sternenhimmel öffnet sich in aller Pracht.

   Seltsam, unter dem Polarstern liegt ein breites, knapp dreieckiges Feld ganz ohne Sterne. Wolken sind es nicht. Muß ich mal auf der Karte anschauen. Ich packe meine Flöte aus (die aus Kunststoff) und versuche mich an einigen Weisen, die ich als Lied kenne. Im großen und ganzen lassen sich die Melodien erkennen, wenn’s auch mit den Vorzeichen hapert. Fis und b kommen nicht immer beim ersten Mal, und so schütteln sich die hohen Tannen ein paar Mal aus purer Verzweiflung.

   Lichter bewegen sich am Himmel, Ufos allesamt, denn außer, daß die Dinger fliegen, weiß ich nichts über sie. Ihre Bauart, ihre Besatzung, ihr Ziel bleibt unbekannt. Unbekannte fliegende Objekte. Ein paar brummen, aber das ein oder andere zieht einfach nur seine schnurgerade Bahn von links unten nach rechts oben und verschwindet wieder aus meinem Blick. Meine Frau im Stuhl nebenan beschwert sich, weil sie keine Sternschnuppe zu sehen bekommt. Ich schaue hinüber und rate ihr, das bescheuerte Handy zur Seite und den Kopf in den Nacken zu legen, dann stünden die Chancen besser.

   Da - ein heller Blitz zur rechten, schon verschwunden, ehe sich mein Blick darauf heften kann - wie eine Kugel aus Feuer, die aufflammt und wieder verlischt. Sternschnuppen sind kurzlebig. Die Steine donnern in die Atmosphäre, und dort, wo die Luft zu dicht und die Reibung zu groß wird, flammen sie auf, und - haste nicht gesehen - sind sie auch schon weg.

   Aber schon seltsam, daß heute abend so wenig los ist da oben. In der Zeitung stand doch, die höchste Konzentration sei am Mittwoch auf Donnerstag - in der Nacht vom 12ten auf den 13ten. Deshalb haben wir das Eis-Essen-Gehen heute abend auf morgen verschoben und jedem, der es nicht wissen wollte, gesagt, was wir hoit abend machen. Und ihn eingeladen, es genauso zu tun.

   Ein vager Verdacht macht sich breit. Anne geht ins Haus und schaut in der Zeitung nach. Das Datum stimmt, Mittwoch auf Donnerstag.

   Und mir fällt Reinhard May ein und die Single, die noch irgendwo in einem Plattenalbum steckt, denn heute ist erst Dienstag.

   Also fällt das Eis heute abend auch aus.

 

Alsfassen am Tag des Sternschnuppeneinfalls im August 2015.

   Roland Geiger

Historische Forschungen · Roland Geiger · Alsfassener Straße 17 · 66606 St. Wendel · Telefon: 0 68 51 / 31 66
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