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Die Riegels

 

Neuer Eigentümer der Apotheke wurde Friedrich-Ludwig Riegel, Sohn des Regierungsamtmannes Ludwig Riegel aus Assemstadt und seiner Ehefrau Maria Barbara Zahn aus Tholey. Im "Intelligenzblatt des Kreises Ottweiler" vom März 1816 gab er bekannt, daß er neuerdings "neben den Artikeln, die zu einer vollständigen Apotheke erforderlich sind, auch alle Arten von Farben für Maler, Anstreicher, Weißbinder und Maurer, zu Zimmer und Oefen anzustreichen, sowie auch alle Gattungen von Holzfarben und Beizen und die zum Schleifen und Polieren des Holzes nötigen Artikel für Holzarbeiter, als Schreiner und Dreher usw. nebst denen dazu benötigten Pinseln und Firnisse aller Sorten, sowie auch gutes Gold und Silber im großen und kleinen Format führt". Er starb am 22. Februar 1844 in St. Wendel. Er hatte es in St. Wendel nicht leicht gehabt; schließlich war der einer der ersten Protestanten in einer Stadt, in der es bis vor kurzem nur Katholiken gegeben hatte ? und zwar über 300 Jahre lang.

 

Sein Bruder Karl Ludwig Adolard Riegel (1820-1897) führte die Apotheke im Auftrag der Erben fort. Bei der Erbauseinandersetzung (was sich nach Streit anhören mag, war dies sicher nicht; nur ein einfacher rechtlicher Vorgang, bei dem unter den berechtigten Parteien das Erbe aufgeteilt wird) am 10. Mai 1846 kaufte er die Apotheke für 15.676 Thaler.

 

Im Vertrag werden die verkauften Objekte einzeln aufgeführt:

1. das an Herrn Mall gelegene alte elterliche Wohnhaus

2. die an der Seite des Herrn Mall befindliche Hintergebäude mit Zubehör

3. das wider den hintern Teil des neuen Hauses angebaute Laboratorium

4. den hinter diesem alten Hause, jenem des Herrn Mall und der Witwe Nikolaus Knoll gelegene Teil des Gartens hinter den beiden Wohnhäusern, Flur 6 Nr. 143

5. die durch denselbigen Herrn Riegel bis zu seinem Ableben geführte Apotheke mit der damit verbundenen Concession, den in der Apotheke und dem Laboratorium befindlichen Geräte und Utensilien.

 

Herrn Mall gehörte das Haus oberhalb, heute Optikland, früher das Altaristenhaus.

 

Adolard war aber auch noch auf anderen Gebieten tätig: er stieg aktiv in die Mineralwasserherstellung ein und gründete die Brauerei "Lindenau", wo er sein bekanntes "Apothekerbier" brauen ließ. Mit Wirkung vom 1. Januar 1897 verkaufte er die Apotheke an den Apotheker Karl Maria Hubert Gottfried Heimbach aus Eschweiler. Der Notariatsakt vom 28. November 1896 enthält die zwischen den Parteien vereinbarten Modalitäten. Neben den reinen Immobilien ? Haus und Grundstücke ? werden verkauft "die im Wohnhaus befindlichen Apotheker-Einrichtungen, die darin vorhandenen Apparate, Medikamente, Waarenvorräthe und alle zum Betrieb der Apotheke notwendigen Utensilen." Außerdem verzichtet der Verkäufer "zugunsten des Ankäufers auf die mit dem gedachten Wohnhaus verbundene Apotheken-Conzession per 01.01.1897 und verpflichtet sich, den Ankäufer als Nachfolger in Besitz der Concession zuständigen Orts in Vorschlag zu bringen."

 

Einen guten Einblick in die zugrundeliegende Problematik ? auch in Hinsicht auf die Errichtung einer zweiten Apotheke in St. Wendel - gibt uns ein Schriftstück aus dem Jahre 1910, daß anläßlich des Verkaufs der Apotheke durch Heimbach dreizehn Jahre später an den Apotheker Lohmann angefertigt wurde. Berichterstatter sind der Regierungs- und Geheime Medizinialrat Dr. Schlecht und der Regierungsrat Dr. Russell.

 

"Die Frage der Errichtung einer 2. Apotheke in der Stadt St. Wendel ist durch den am 1. Februar dieses Jahres erfolgten Verkauf der Heimbachschen Apotheke in ein neues Stadium getreten. Durch Eurer Exzellenz Erlaß vom 6. Dez 1908 (J.Nr. 27638) war dem Apothekenbesitzer Heimbach bekannt geworden, daß die Verhandlungen wegen Anlage einer 2. Apotheke erst in einigen Jahrenwieder aufgenommen werden sollten. Er müßte mithin bestimmt mit der Anlage der 2. Apotheke in absehbarer Zeit rechnen und diesen Umstand bei dem Verkaufe berücksichtigen. Dies ist auch tatsächlich, wie der Käufer der Heimbachschen Apotheke, Apotheker Lohmann, meinem Medizinalreferenten in Anwesenheit des Kreisarztes bei einer am 3. Juni d.J. im Kreishause in St. Wendel stattgehabten Besprechung mitgetheilt hat, geschehen. Apotheker Lohmann hat ? bei Annahme eines Geschäftsumsatzes von 36 ? 37.000 Mark nur 245.000 Mark für die Apotheke bezahlt (70.000 Mark für das unbewegliche Vermögen, 30.000 Mark für das bewegliche und 145.000 Mark für die Konzession) und mit der Klausel, daß ein Nachlaß von 20.000 Mark stattfinden soll, wenn innerhalb10 Jahren vom Verkaufstage an eine 2. Konzession in St. Wendel verliehen würde. Dieser Nachlaß wird aber hinfällig, wenn zur Zeit der 2. Konzessionierung eine neue von St. Wenbdel ausgehende Staatsbahn oder die Errichtungeiner Haupt-Eisenbahn-Werkstätte in St. Wendel ausgeführt sein oder feststehen sollte. Nebenbei gesagt hat infolge der inzwischen erfolgten Bewilligung der Bahn von Tholey ? St. Wendel der Apotheker Heimbach nichts von der Kaufsumme nachzulassen."

 

Am 1. Februar 1910 kam die St. Wendeler Apotheke in der Schloßstraße 12 - jetzt "Alte Apotheke" genannt - durch Verkauf an den Apotheker Alexander Lohmann:

 

"St. Wendel, 28. Sept. Herr Alex Lohmann, Sohn des Apothekenbesitzers Lohmann hat am 25. September in Saarbrücken vor der Prüfungskommission sein pharmazeutisches Vorexamen mit dem Prädikate "sehr gut" bestanden. Er war bisher 2 Jahre in der "Glück Auf"=Apotheke in Neunkirchen tätig. Nach Beendigung seines so erfolgreich begonnenen Studiums wird er die Apotheke seines Vaters übernehmen. Wir gratulieren ihm und wünschen ihm für die Zukunft den besten Erfolg. Nil mortalibus ardui est!" (Für die Sterblichen gibt es nichts, was in die Kategorie des Unerreichbaren gehört).

 

Weitere zwei Generationen lang bleibt das Unternehmen in der Hand der Familie: Werner Lohmann ab 1938 und sein Sohn Holger ab 1972. Im Februar 2002 übernahm der Apotheker Sören Schwarzbeck die Apotheke und führt sie in der gewohnten Tradition fort.

 

Im April 2008 richtete Schwarzbeck in der St. Annenstraße 12 eine weitere Apotheke ein, die er konsequent "Neue Apotheke" nannte.

 

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