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Zodick

 

Im Rahmen meiner Arbeiten für ein Familien- oder Häuserbuch (so genau ist das noch nicht raus) stieß ich im Hause Sibbmichel (Alsfassener Straße 2) auf die jüdische Familie Zodick, die dort seit 1925 lebte.

 

Elisabeth Schmitt, die aus diesem Haus stammt, konnte mir über diese Familie folgendes berichten:

 

"Neben der Gastwirtschaft Schmitt ("Sibbmichels") in Zimmermanns Haus (Alsfassener Straße 2) wohnte der jüdische Religionslehrer Zodick in Miete. Die Familie (2 Kinder) lebte sehr ruhig und zurückgezogen. Ab und zu kamen sie in Sibbmichels, um Bier einzukaufen.

 

Da sie ein Radio hatten, stellten sie den externen Lautsprecher bei der Übertragung von Fußballspielen auf das Fensterbrett, sodaß draußen vor der Tür die Leute zuhören konnten. Dort versammelte sich dann auch immer schnell eine kleine Gruppe.

 

Als Fr. Schmitts Schwester Erna von einem Auto angefahren und verletzt wurde, kam Fr. Zodick zu Ernas Mutter und sprach ihr ihr Mitgefühl aus. Sie sagte, Erna müsse einen guten Schutzengel gehabt haben.

 

Die Zodicks seien schon früh fort, bevor die Nazis sie festnehmen konnten. Was aus ihnen wurde, ist nicht bekannt."

 

Sonst wußte niemand etwas zu berichten.

 

Im Einwohnermeldeamt St. Wendel erhielt ich die Information, die Zodicks seien nach Laubach abgewandert. Das dortige Einwohneramt verwies mich an das Stadtarchiv Bad Mergentheim. Dort erhielt ich die meisten Informationen, die ich mit Daten aus dem Einwohnermeldeamt Montabaur dann vervollständigen konnte.

 

 

Siegmund Zodick wird am 05.06.1893 in Laubach/Oberhessen geboren. Seine Eltern sind der Lehrer Emanuel Zodick und seine Frau Josefine Westerfeld, die beide in Laubach wohnen (über sie sind keine weiteren Informationen verfügbar). Er ist preußischer Staatsbürger israelischer Konfession. Er dient im Ersten Weltkrieg von 1914 - 1916 und wird am 28.11.1918 aus dem Wehrdienst entlassen.

 

Am 06.06.1919 zieht Siegmund Zodick nach Hopsten in Westfalen um (PLZ: 48496).

 

Er wohnt mit seiner Frau Hedwig bis 21.02.1922 in Essen/Ruhr; am 22.02.1922 zieht er nach Montabaur, wo er als Religionslehrer tätig ist. Familie Zodick wohnt erst in "Hinterer Rebstock 12“, später in der Bahnhofstraße 26.

 

Hier werden auch ihre beiden Kinder Ruth und Kurt geboren. In den Geburtsurkunden der beiden Kinder finden sich folgende Vermerke:

 

"Montabaur, den 24. März 1939.

Der nebenbezeichnet Geborene führt ab 1. Januar 1939 zusätzlich den Namen 'Israel'.

Der Standesbeamte.

Backes."

 

"Montabaur, den 15. Oktober 1946.

Vorstehender Randvermerk über den zusätzlichen Vornamen Israel wird hierdurch gelöscht.

Der Standesbeamte.

Backes."

 

Der gleiche Eintrag findet sich auch bei Ruth an den gleichen Tagen: Sie erhält den zusätzlichen Namen "Sara".

 

In beiden Urkunden wird Siegmund Zodicks Beruf mit "Lehrer und Kantor" angegeben.

 

Am 28.08.1925 zieht Siegmund Zodick mit seiner Familie nach St. Wendel um, wo er in der Synagoge als Religionslehrer tätig ist. Er wohnt im Stadtteil Alsfassen in der Alsfassener Straße 2 im Erdgeschoß.

 

Am 06.05.1935 (Abmeldung in St. Wendel: 03.06.1935) zieht die Familie erneut um, diesmal begleitet von Siegmunds Bruder (oder Neffe), Adolf Ernst Zodick. Zodick unterrichtet von nun an in der jüdischen Schule in Bad Buchau (Baden Würthemberg). In der Kristallnacht im Jahre 1938 wird er verhaftet, mißhandelt und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Noch vor Weihnachten 1938 wird er von dort wieder entlassen.

 

Am 28.08.1939 muß er auf Grund polizeilicher Anordnung mit seiner ganzen Familie Bad Buchau verlassen. Er zieht zunächst nach Bad Mergentheim.

 

Im November 1941 wird er mit seiner Familie in ein Lager bei Riga deportiert. Seither fehlt jede Nachricht von ihm oder seiner Familie.

 

Zodick war in St. Wendel als Lehrer in der jüdischen Gemeinde tätig; in Bad Buchau war er Lehrer und gleichzeitig Vorsänger in der Synagoge. Er übersetzte verschiedene Urkunden, die die Geschichte der jüdischen Gemeinden Bad Buchau und Kappel betreffen, aus dem Hebräischen ins Deutsche.

 

 

Personalia

 

Siegmund Zodick, Lehrer

* 05.06.1893 Laubach/Hessen      

+ nach 1941 in KZ Riga               

 

verheiratet mit

Hedwig Oppenheimer

* 12.10.1897 Essen

+ nach 1941 in KZ Riga

 

Kinder:

 

Ruth Zodick

* 26.06.1923, zwei Uhr morgens in Montabaur

+ nach 1941 in KZ Riga      

 

Kurt Zodick

* 11.06.1925, ein Uhr nachmittags in Montabaur

+ nach 1941 in KZ Riga      

 

 

Bruder oder Neffe von Siegmund Zodick:  

Adolf-Ernst Zodick

* 01.03.1912 Frankfurt a. Main

+ nach 1941 in KZ Riga

kam mit den Zodicks nach Bad Buchau.

 

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Die Anschrift in Montabaur habe ich von Fritz Schwind, Mitglied des Hist. Stammtisches Montabaur, erfahren. Herzlichen Dank.

 

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