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Das Kreuz mit dem Namen

Wenn Sie durch St. Wendel laufen und sich im Osten der Stadt an das Gebilde verirren, das in der Stadt als „die Stadtmauer“ verkauft wird (tatsächlich ist es nicht die Stadtmauer und war es auch nie, sondern die Rückseite einer Scheune, die vor 30 Jahren abgerissen wurde), dann stoßen Sie ein Stückchen davor unter einem schattigen Baum auf die Statue einer dicken Frau. D.h. dick im eigentlichen Sinne ist sie nicht, sondern hochschwanger - locker im 9ten Monat, eher fast drüber. Ihr Blick geht nach unten auf ein Täfelchen, das sie in der linken Hand hält. Und schauen Sie ihr über die Schulter, sehen Sie, daß darauf das Gesicht eines älteren Herren abgebildet ist - mit lockigem Haar und Rauschebart. Das soll nicht der heilige Nikolaus sein, sondern ein anderer seltsamer Heiliger - nämlich Karl Marx.

Die Frau ist Helena Demuth, in der Stadt von allen, die sie nicht kennen, aber ihren Namen wissen, „Lenchen Demuth“ genannt. Tatsächlich gibt es niemanden mehr, der sie kennt noch kannte, denn sie wird (diesen Artikel schreibe ich am 20. Juli 2020) am 4. November dieses Jahres schon 130 Jahre lang tot sein. Warum sie dort steht und sehnsüchtig auf das Täfelchen guckt? Nun, der sehnsüchtige Blick rührt daher, daß sie im Juni 1851 einem Sohn namens Henry Frederick das Leben schenkte und der Vater - vermutlich, sehr wahrscheinlich - Karl Marx war.

Geboren wurde Lenchen in St. Wendel unten im Graben - ich weiß, ich weiß, auf der Tafel hinter ihr an der Wand steht, sie schaue auf ihr Elternhaus. Das war auch damals, als man die Statue dort aufstellte, ihr Elternhaus, so wußten es alle, die sie nicht kannten. Aber dann stieß ich auf einen Notariatsakt, in dem steht, daß ihre Eltern 1818 unten im Graben ein anderes - größeres - Haus kauften, vermutlich weil ihre Familie mittlerweile auf drei Kinder - d.h. eigentlich vier, aber die älteste Tochter starb nach sechs Wochen) - angewachsen war und es den Eltern wohl unwahrscheinlich vorkam, daß es bei den jetzt noch drei Kindern bleiben würde. Tatsächlich wuchs die Zahl auf sieben - 6 Mädchen und 1 Junge -, d.h. eigentlich nur fünf, weil auch die älteste Tochter nur zwei Monate alt wurde.

Helenas Eltern - gut katholisch wie damals noch fast 100 Prozent aller Einwohner der Stadt - hießen Michael Demuth und Maria Katharina Kreuz, er stammte aus St. Wendel (Lenchens Statue würde sein Geburtshaus sehen, wenn sie a) aufblicken und b) um die Ecke des Hauses vor sich schauen könnte. Es war der Vorvorgänger des großen Gebäude links der heutigen mehr oder minder rudimentären Bäckerei Lerner. Dort wurde er am 28. Oktober 1788 als Sohn des Heinrich Demuth und seiner Ehefrau Elisabeth Maldener geboren. Wie sein Vater erlernte er das Bäckerhandwerk, aber ungleich seinem Vater eröffnete er nie eine Bäckerei, sondern arbeitete nur in einer solchen. Seine Ehefrau Maria Katharina Kreuz wurde am 6. November 1791 im nahegelegenen Oberlinxweiler als Tochter von Peter Kreuz und Anna Barbara Spaniol geboren. Geheiratet haben die beiden am 15. Februar 1808 in St. Wendel, da waren beide noch minderjährig. Ein naheliegender Grund für die „frühe“ Heirat mag gewesen sein, daß sie schwanger war, aber das erste ihrer Kinder - Tochter Barbara - kam erst am 3. Juli 1809 zur Welt, also fast 17 Monate später. Das schließt eine Schwangerschaft der Mutter nicht aus, wenn diese in einer Fehlgeburt endete, die - sofern nicht im letzten „Monat“ - nicht als Totgeburt standesamtlich oder kirchlich aufgezeichnet wurde. Eine Totgeburt ist nicht vermeldet..
         Ein möglicher Grund mag gewesen sein, daß Michael als verheirateter Mann nicht mehr von den Franzosen zum Militärdienst eingezogen werden konnte, aber dann hätte bei der Heirat eine behördliche Einverständniserklärung vorliegen müssen - schade, daß unsere Heiratsnebenakten dieser Zeit nicht mehr existieren. Auch in den Konskriptionslisten im Stadtarchiv St. Wendel (in den Beständen B und C) ist er nicht auffindbar. Es existiert zwar ein Ehevertrag (Landesarchiv Saarbrücken, Notariat St. Wendel, Notar Roechling, Nr. 34 vom 15.02.1808), aber eine „Ursache“ steht dort nicht drin.

Andererseits war die Demuths im 18ten und 19ten Jahrhundert die Familien mit den meisten unehelichen Kindern (siehe meinen Artikel „Maldener - Demuth - Schulz“ in meinem Buch „Lenchen Demuth - Aus dem Leben der Haushälterin von Karl Marx“, St. Wendel, 2018), und vielleicht wollte man einfach nur „vorbeugen“. Ma wéssens nédd.

Vier Kinder wurden in der Balduinstraße geboren:

Barbara Demuth (1809-1834)
Sie heiratete den Maurer Wenceslaus Fehr (1810-1862) und starb bei der Geburt ihres ersten Kindes im Kindbett.

Anna Katharina (1812-1814)

Katharina Demuth (1815-1873)
Sie bekam vier uneheliche Kinder (3 Überlebende) und heiratete 1852 den Schneider Peter Riefer (1815-1885). Von den drei Söhnen, die sie ihm schenkte, überlebte nur derälteste, Adolf (1853-1910), seine Kindheit.

Peter Demuth (1817-1889)
Er wanderte 1840 in die USA aus, heiratete 1844 Anna Staub (1819-1897) aus Tholey und ließ sich in Dansville, New York, nieder.

Nach dem Umzug erblickten im Graben noch drei Töchter das Licht der Welt:

=> Helena (1820-1890)
=> Elisabeth (1823-1852)
=> Maria Katharina (1826-1827)

1828 traf die Familie ein harter Schicksalsschlag, als Michael Demuth im Alter von 38 Jahren starb. Sein Tod als einziger Ernährer stürzte die Familie - Mutter, Sohn und fünf Töchter - ins tiefste Elend. Seine Witwe arbeitete als Tagelöhnerin, um ihre Familie durchzubringen, was ihr mehr schlecht als recht gelang. Ein Teil des Hauses wurde vermietet.

1834 wurde die Witwe erneut schwanger und brachte im Juni 1935 eine Tochter zur Welt:

„Oberbürgermeisterei St. Wendel, Kreis St. Wendel, Friedensgerichts= Bezirk St. Wendel.   Vom 28. des Monats Juni im Jahre 1835 vormittags um 10 Uhr. Geburts=Akt von Anna Maria Creuz, geboren den 27. Juni 1835, um 9 Uhr vormittags zu St. Wendel von Catharina Creuz, Wittwe von Michel Demuth, ohne Gewerbe, zu St. Wendel wohnhaft.   Der Vater des Kindes ist unbekannt.
Das Geschlecht des Kindes ist für weiblich anerkannt worden.

Erster Zeuge Johann Born, Schullehrer in Urweiler, 39 Jahre alt.
Zweiter Zeuge Franz Clemens, Ackerer in St. Wendel, 34 Jahre alt.
Auf die Aufforderung, die uns gemacht worden von Catharina Daumüller, Hebamme, 56 Jahre alt, zu St. Wendel wohnhaft, wurde dieser Akt aufgenommen. (…)“

Und dann folgen die Unterschriften. Nicht die von Catharina Creuz, denn sie war auf dem Zivilstandsamt nicht anwesend.

[Quelle: Stadtarchiv St. Wendel, Geburtsakten St. Wendel, 1835. Die genaue Nummer könnt Ihr Euch raussuchen. Hinten ist ein Register, da sollte das nicht schwer zu finden sein.]

Anna Maria, die in der Karl-Marx-Forschung „Marianne“ genannt wird, war lange Zeit eine Art Mysterium. Sie ließ sich am 28. April 1857 in St. Wendel einen Reisepaß ausstellen, um nach London zu reisen, denn sie „tritt dort in Dienst“. Diese Formulierung kommt nicht von ungefähr, sie ist die Voraussetzung für eine Dienstbotin, überhaupt einen Reisepaß zu erhalten. Das läßt sich nachlesen in der Anweisung des Landrats Engelmann an Bürgermeister Rechlin vom 12. Februar 1854 über die Ausstellung von Reise- und Wanderpässen, die wie der Eintrag von 1857 im Stadtarchiv St. Wendel zu finden ist in der Akte 2-69 (die Regularien auf den Seiten 60-67, Anna Marias Eintrag auf Seite 81, dort Nr. 64).

In London arbeitete Anna Maria wie ihre 15 Jahre ältere Halbschwester Helena im Haushalt der Familie Marx in London als Dienstmagd. Dort ist sie am 23. Dezember 1862 im Alter von 27 Jahren gestorben:

„Nr. 307
(Sterbedatum) 23. Dezember 1862, 9 Grafton Terrace
Mary Kreuz, weiblich, 26 Jahre alt, Hausangestellte
Herzkrankheit, Überlastung der Lunge
X Das Zeichen von Helen Demuth, beim Tod anwesend,
9 Grafton Terrace, Kentish Town
(Vermerk:) beglaubigt
(ausgestellt am) 26.12.1862 durch Edward Hacker, Registrar“

Der Eintrag findet sich im General Register Office, Register of Death, District St. Pancras, Sub-District Kentish Town, Middlesex County, 1862.

Ein Mysterium war sie der Forschung deswegen, weil niemand wußte, wer sie war und wo sie herkam. Gut, Helena Demuth hat ihren Tod gemeldet, aber daß sie ihre Halbschwester war, steht dort nirgends. Erst dem Trierer Helena-Demuth-Forscher Dr. Heinz Monz gelang es in den 1960er Jahren, die Identität Anna Marias herauszufinden.

Das Problem war, daß Anna Maria nicht Demuth hieß, sondern „Kreutz“ (egal in welcher Variante). Aber warum ist das so?

Um der Sache auf den Grund zu gehen, müssen Sie sich mit dem Namensrecht befassen. Denn im Zivilstandregister spielt der Nachname nirgends eine Rolle resp. wird vorausgesetzt, daß jeder weiß, wie er gehandhabt wird.

Im o.a. Geburtseintrag von Anna Maria steht ihr Nachname von vorneherein fest. 15 Jahre zuvor, beim Eintrag ihrer Halbschwester Helena, war die Formulierung noch ganz anders. Da heißt es im Hauptteil:

„Anheute den ein und dreisigsten des Monats Dezember, Tausend acht Hundert zwanzig, um zehn Uhr des VorMittags, erschiene vor uns Civilstandsbeamten der Bürgermeisterei von St: Wendel Kanton von St: Wendel, der Michel Demuth, dreisig Jahr alt, von Profession ein Bekers wohnhaft zu St: Wendel, welcher uns erklärte, daß ein Kind weiblichen Geschlechts zu St: Wendel den heutigen Tag des Monats Dezember um ein Uhr des vorMittags gebohren worden, von Catharina Creutz, Ehefrau wohnhaft zu St: Wendel von Profession nichts und erzeugt von ihm Deklaranten von Profession ein Becker wohnhaft zu St: Wendel welchem Kind die Vornamen Helena gegeben werden sollen.“

Auch hier ist dem Zivilstandsbeamten klar, wie der Nachname des Kindes ist, denn er bezieht sich nur auf die bzw. den Vornamen.

Ist schon ne komische Formulierung, daß dem Kind die Vornamen so und so „gegeben werden sollen.“ Als wenn das Kind sie nicht hier bei diesem Eintrag erhält, sondern bei einem späteren Akt, aber welchem denn? Doch nicht etwa bei der Taufe?

Dort steht - im Original natürlich in Latein, hier aber in der Übersetzung von Dr. Margarete Stitz aus St. Wendel:

„Am 30. geboren (nata) und am nächsten Tag getauft (renata) ist Helena Demuth, ehel. Tochter des Bäckers Michael Demuth und der Catharina Kreuz in St. Wendel, Paten: Helena Demuth und Johann Demuth, Bäcker, beide aus St. Wendel. Dies bezeugt Mathias Feilen, Pastor.“

Über das genaue Geburtsdatum scheiden sich die Geister, d.h. zwei Geister, nämlich der katholische und der standesamtliche. Da die Hebamme nicht mehr lebt und auch nicht die Mutter, wird es nicht zu ermitteln sein, ob Lenchen kurz vor Mitternacht oder erst eine Stunde danach zur Welt kam, somit am 30. oder 31. Dezember.

Mit den Vornamen sind wir damit klar: Das Kind erhielt den oder die Vornamen durch die Festlegung der Eltern nach der Geburt. Der Vater bzw. der oder die, der oder die die Geburt beim Amt meldete, nannte dem Beamten den im Familienkreis festgelegten Vornamen, und dieser wurde schriftlich fixiert in der Geburtsurkunde und dann nochmal bei der kurz darauffolgenden konfessionellen Taufe.

Aber wie war das mit dem Nachnamen?

Nachdem ich verschiedene alte Gesetze durchforstet hatte und zu diesem Thema wenig bis gar nichts fand, suchte ich im Internet nach Hilfe. Und fand sie in einem achtseitigen Artikel des deutschen Rechtswissenschafters Dieter Schwab mit dem Titel „Personenname und Recht" [erschienen in: Das Standesamt (12/2015), S.354-362; eingesehen unter https://ul.qucosa.de/api/qucosa%3A17082/attachment/ATT-0/].

Danach gab es zunächst den Taufnahmen, dessen Festlegung jahrhundertelang eine Angelegenheit der Sitten war. „Auch als der Usus aufkam, dem Taufnamen – den wir heute Vornamen nennen – einen weiteren Namen hinzufügen („Geschlechtsname“, „Familienname“, „Nachname“), finden wir kein Namensrecht in dem Sinn, wie wir es heute verstehen würden: Es fehlte an Rechtsvorschriften über die Zuordnung oder den erlaubten oder unerlaubten Gebrauch des Familiennamens.“ Es wird wohl damals üblich gewesen sein, daß ein von einer Familie benutzter Familienname auch in die nächste Generation übernommen wurde und daß die Ehefrau gewöhnlich den Geschlechternamen des Mannes übernommen hat. Gewöhnlich, aber sicher nicht immer. Dazu gab es aber keine rechtliche Vorschrift, man folgte der Gewohnheit und halt eben der Sitte.

Erst im 18. Jahrhundert begann die Obrigkeit, allgemeine Vorschriften über den Familiennamen aufzustellen. Nicht zuletzt der Ordnung und Übersichtlichkeit wegen. Aus der Sitte wurde ein rechtlicher Status.

„Dabei ist der Zusammenhang mit Stand und Status der Person offenbar. Der Name ist Teil einer umfassenderen Rechtsstellung als Mitglied der Familie. Mit der Heirat tritt die Frau in die Familie des Ehemannes ein, erhält von daher ihren Status. (…) ‚Die Frau überkömmt durch eine Ehe zur rechten Hand den Namen des Mannes’ formuliert das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794. ‚Die Gattin erhält den Nahmen des Mannes, und genießt die Rechte seines Standes’, sagt § 92 des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1811.“ Die ehelichen Kinder „‚erlangen’ oder ‚führen’ den Namen ihres Vaters, wie die genannten Gesetzbücher übereinstimmend bekunden. So ist auch noch der Sprachgebrauch des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich von 1896: Die Frau ‚erhält’ den Familiennamen des Mannes, das eheliche Kind ‚erhält’ den Familiennamen des Vaters. Das nichteheliche Kind freilich „erhält’ den Mutternamen, weil es in der Familie der Mutter verbleibt.“

Und der Muttername ist nicht der neue Nachname der Frau nach der Heirat, sondern ihr Mädchenname.

Damit wäre alles gesagt, und ich könnte diesen Artikel fröhlich abschließen. Nur sind wir hier halt eben 1835 nicht im Deutschen Reich, sondern in Preußen, das bei uns Rechtsnachfolger des sog. „Fürstenthums Lichtenberg“ war (Privateigentum des Herzogs von Coburg), das Rechtsnachfolger eines seltsamen Übergangsgebildes aus Preußen und Österreichern zwischen 1814 und 1816 war, das wiederum Rechtsnachfolger Frankreichs war.

Und zu Frankreich gehörten meine St. Wendeler (und Alsfassener) Vorfahren seit 1803, als durch den Reichsdeputationshauptschluß Kurtrier aufgelöst wurde.

Okay, „Rechtsnachfolger“ ist ein bißchen hochgegriffen, aber der „Code Civil“, den die Franzosen 1804 einführten, machte aus den Kurtrierern französische Staatsbürger - ob sie es wollten oder nicht. Im 1. Buch, das den Titel trägt „von den Personen“, geht es im 1. Kapitel des 1. Titels um den Genuß der CivilRechte. Darin heißt es in einer Fußnote: „Jeder in Frankreich gebohrne und wohnhafte Mann, der ein und zwanzig volle Jahre alt ist, sich auf das Bürgerregister seines Gemeindebezirks hat einschreiben lassen und seit einem Jahr auf dem Gebiet der Republik gewohnt hat, ist französischer Staatsbürger.“

Ich habe mich im Code Civil umgetan, aber nichts darüber gefunden, welchen Nachnamen ein uneheliches Kind erhält. Allerdings steht auch nichts darüber drin, welchen Nachnamen ein eheliches Kind bekommt. Im 1. Kapitel „Von der Abstammung (Filiation) rechtmäßiger oder in der Ehe gezeugter Kinder“ des 7. Titels „Von der Vaterschaft und der Abstammung“ steht zwar, daß jedes während der Ehe empfangene Kind den Mann zum Vater hat und die eheliche Geburt eines 300 Tage nach der Auflösung der Ehe geborenen Kindes bestritten werden kann.

Aber nichts über den Nachnamen des Kindes. Und darüber steht da auch nichts im 3. Kapitel, worin es um „natürliche“ (also uneheliche) Kinder geht.

Des Rätsels Lösung fand ich, als ich in unserem hiesigen Standesamt in St. Wendel mit der Standesbeamtin Evelyn Dillinger sprach, die mir erklärte, daß das franzosische Recht keinen gemeinsamen Familiennamen kennt, so daß die Eheschließung die Namen der Partner nicht berührt. Ich hörte mit offenem Mund zu. [Noch verblüffter war ich, als ich erfuhr, daß das heute bei uns ähnlich ist. Wenn zwei heiraten und nennen keinen gemeinsamen Ehenamen, dann behalten sie die Namen, die sie dann gerade tragen.]

Im Internet las ich in einem Aufsatz „Neues Namensrecht in Frankreich“ von Professor Dr. Michael Coester aus Göttingen in einem Aufsatz in der Juli-August-Ausgabe 1987 der Zeitschrift „Das Standesamt“ die gleichen Worte und „eheliche Kinder erhalten den Namen des Vaters.“

[Auch wenn’s nicht zum Thema gehört, hier noch eine Ergänzung Coesters in seinem Artikel: „Allerdings kennt das franzosische Recht die Institution des „Gebrauchsnamens": Der Name des anderen Gatten kann im beruflichen und gesellschaftlichen Bereich benutzt werden (durch Anfugung oder alleinigen Gebrauch seitens der Frau, nur durch Anfugung seitens des Mannes). Dieser Gebrauch beruhrt die personenstandsrechtliche Beibehaltung des eigenen Namens nicht, der Gebrauchsname schlagt sich in den Personenstandsbüchern nicht nieder. Allerdings ist der — zunachst gewohnheitsrechtliche — Gebrauch des Gattennamens auch gesetzlich anerkannt.“
Eingesehen in: epub.ub.uni-muenchen.de.]

Als Quelle nennt Coester das Gewohnheitsrecht, das im Ancien Regime galt, also älter ist als der Code Civil. Und letzterer stellte klare Verhältnisse nicht in Frage. Warum sollte er?

Wenn Sie jetzt einen entsprechenden Text aus dem Gewohnheitsrecht erwarten, muß ich Sie enttäuschen. Den habe ich nicht gefunden. Was dort drin stehen mag, müssen wir herleiten:

Wäre Michael Demuth 1828 nicht gestorben, wäre er automatisch der Vater des Kindes, und es würde also auch seinen Namen tragen. Da das Kind mehr als 300 Tage nach der Auflösung der Ehe (Michaels Tod) zur Welt kam, war es nicht sein Kind und trug nicht seinen Namen. Also erhielt es den der Ehefrau. Denn die hieß nie Demuth, sondern immer Kreuz.

Ein dünnes Ende, aber besser krieg ich es nicht hin. Sorry.

Alsfassen am Spätabend des 1. August 2020

Roland Geiger

Historische Forschungen · Roland Geiger · Alsfassener Straße 17 · 66606 St. Wendel · Telefon: 0 68 51 / 31 66
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