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19. Jahrhundert -> 22.02.1868 Die Hannoversche Legion.

Die sogenannte Hannoversche Legion.
Während die preußische Regierung dem früheren König von Hannover die größte und edelste Rücksicht zu Theil werden lässt, während andererseits ihre Fürsorge für die neue Provinz unter der besonnenen Mitwirkung des größten Theils der Bevölkerung den Boden für eine segensreiche Entwicklung dort bereitet, werden von Seiten des Königs Georg und seiner Umgebung in Hietzing die verwerflichen Versuche fortgesetzt, einen Theil seiner früheren Unterthanen, meist aus den untersten Ständen, für das völlig hoffnungslose und thörichte Unternehmen eine Wiederherstellung seines Thrones zu gewinnen.
Schon zur Zeit, als die Luxemburger Frage eine Verwicklung zwischen Deutschland und Frankreich herbeizuführen drohte, ließ König Georg in seinem früheren Lande Werbungen zu einer solchen Hannoverschen Legion veranstalten, welches sich in Holland sammeln und im Anschlusse an die Franzosen gegen ihr Vaterland marschieren sollte.
Als sodann die luxemburgische Angelegenheit eine friedliche Lösung fand, begab sich die in Holland gesammelte Schaar von Hannoveranern nach der Schweiz, wo sie in fester militärischer Einteilung verblieb und aus Mitteln des Königs Georg fort und fort ihren Unterhalt erhielt. Durch ihr müßiges Umhertreiben und ihren Übermuth erregte dieselbe dort vielfach Ärgernis und wurde von der Schweizer Bevölkerung sowie von den Cantonsregierungen nicht gerade freundlich angesehen.
Vor Kurzem gab sich nun diese sogenannte „Hannoversche Legion“ aus der Schweiz nach Frankreich, wo sie zunächst im Elsaß unmittelbar an der deutschen Grenze Aufenthalt nahm. So ungefährlich dies törichte Unternehmen ist, so musste es doch Befremden erregen, daß eine offenbar gegen Preußen gerüstete Schaar hannoverscher Flüchtlinge ihre Übersiedlung von der Schweiz nach Frankreich mit Hilfe österreichischer Pässe bewerkstelligt hatte und dass dieselbe in Frankreich, wie es zuerst hieß, entgegenkommende Aufnahme von Seiten der Behörden fand.
Die französische Regierung hat inzwischen ihrerseits Schritte getan, um einer solchen Auffassung zu begegnen: sie hat die Mannschaften von den Offizieren getrennt und die Schar von der deutschen Grenze entfernt. Die preußische Regierung hat keinen Grund, den freundlichen Absichten Frankreichs im Bezug auf die weitere Behandlung der Sache zu misstrauen.
Was Österreich betrifft, so ist seitens der dortigen Regierung die Versicherung gegeben worden, dass die Pässe für die Hannoveraner von der österreichischen Polizeibehörde ohne Wissen der österreichischen Staatsregierung erteilt worden seien, was mit Bezug auf die große Zahl der Pässe (500) und die unverkennbare politische Bedeutung der Sache jedenfalls höchst auffällig erscheinen muss.
Die Erörterungen zwischen der preußischen und der österreichischen Regierung über diesen Punkt sind noch im Gange; es lässt sich deshalb auch noch nicht bestimmt angeben, ob und inwieweit in der Angelegenheit eine Verletzung des Völkerrechts stattgefunden hat. Das aber kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die Fortsetzung der österreichischen Gastfreundschaft für einen Fürsten, welcher preußische Untertanen zu einem kriegerischen Unternehmen gegen Preußen anwerben und ausrufen lässt, nicht gerade als ein Zeichen einer freundschaftlichen Stellung zu Preußen betrachtet werden kann.
Im Bezug auf das Gebaren des Königs Georg hat der Staatsminister von der Heydt soeben im Herrenhaus ausgesprochen, dass, wenn die feindlichen Versuche desselben fortdauern, wenn der König Georg eine Stellung einräumt, die mit dem Geist und Sinn des mit ihm abgeschlossenen Vertrages durchaus in Widerspruch steht, wenn der König Georg Missbrauch macht von dem ihm gewährten Aufenthalt in Hietzing, die Regierung kann verpflichtet sein wird, das Vermögen des Königs Georg mit Sequester zu belegen und keinen Taler von der Rente herauszugeben, bis auch der andere Teil ebenso ehrlich, wie wir, den Vertrag zu halten entschlossen ist.
Man darf sich jedenfalls versichert halten, dass unsere Regierung das Interesse Preußens, dem König Georg gegenüber ebenso wie nach allen Seiten zu wahren wissen wird.

Quelle: Nahe-Blies-Zeitung, Nr. 23 vom 22. Februar 1868

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