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Allerlei -> Wenns mal brennt in der Pfalz

Kää Faijadaach ohne Faija.

Was wir am Ostermontag 2011 in der Pfalz erlebten.

 

Ich geb?s ja bereitwillig zu: Ich erzähle gerne Pfälzerwitze. Als manchmal gutgelaunter Saarländer ist das nun mal so. Ich meine, ich weiß ja, daß sie meistens völlig aus der Luft gegriffen sind, also jeder Grundlage entbehren ? aber ? manchmal geschehen Dinge zwischen Himmel und Erde und gerade auf der anderen Seite des durchsichtigen Vorhangs, der sich zwischen der Pfalz und dem Saarland just über dem Grenzstreifen dahinzieht, die lassen mich eben an jener fehlenden Grundlage zweifeln.

 

So zum Beispiel gestern mittag: Ostermontag, 25. April 2011. Meine Frau und ich sind nach Heltersberg nördlich von Pirmasens gefahren, um dort mein Patenkind Ninchen und seine Eltern Uwe (von der Reaktion geändert) und Martina (auch geändert, glaube ich) zu besuchen. Es war recht warm am Nachmittag, und wir saßen hinterm Haus unterm Sonnenschirm und genossen Käsekuchen und Erdbeerboden und Kaffee und die relative Ruhe, die ein solcher Feiertag mit sich bringt. Plötzlich wurde gerade diese Ruhe jäh gestört, als im Ort die Alarmsirene losging. Hooooaaaaaahhhhhjjjjuuuuuuuhhhhhh und so weiter. Hinauf und hinunter ? auf- und abschwellend ? drei mal hintereinander. Im Internet habe ich grad noch die einzelnen Alarmarten nachgeschaut: Auf- und absteigende Töne, das ist Feueralarm, heißt es da. Drei lange Töne hintereinander ist Chemiealarm. Drei Minuten Dauerton ist Atomalarm und dahinter die lakonische Bemerkung: ?Aber dann ist eh alles egal?.

 

Hier blieb es bei den auf- und abschwellenden Tönen, und schon bald ? binnen Minuten ? hörten wir die Feuerwehr anrücken. Nanü-nanü-nanü! Wir hörten die Sirenen auf den Autos, der uns vertraut erschien, allein, die wahre Bedeutung sollte uns erst später aufgehen. Denn das Ausrufezeichen war in Wirklichkeit ein Fragezeichen. Doch lassen Sie mich nicht vorgreifen.

 

Es mögen 20 Minuten in weiterhin gelöster Ruhe vergangen sein, als wir beschlossen, das schöne Wetter zu nutzen und ein wenig über Feld und Flur zu schlendern. Das Haus unserer Freunde steht nicht weit vom Waldessaum entfernt, also schlugen wir den Weg dorthin ein. Begleitet wurden wir von den drei Hunden unserer Freunde, zwei schwarze, die auf die Namen Baghira und Lassie hören, und ein Collie, der immer ganz frustriert guckt, weil er ?Semm? und nicht ?Lessie? heißt. Nun mal ehrlich, das würde mir auch stinken ?

 

Wir hatten den ersten Feldweg gerade erreicht, da heizte mit Caracho ein junger Mann auf einem Kreuz-Motorrad (nee, Moment, es war zwar Ostern, aber das Teil heißt nicht Kreuz, sondern Cross-Dingsbums, obwohl ? wenn Sie sich damit aufs Kreuz legen ?) links die Wiese hinunter, bog Staub aufwirbelnd in den Feldweg ein und auf uns zu. Ohne viel zu bremsen, rauschte er zwischen uns hindurch und verschwand in der Ferne, eine dichte Staubwolke hinterherziehend. Wir gingen weiter am Waldrand vorbei. Der Weg knickte nach rechts weg auf eine Waldformation zu, die im Volksmund ?Zimmerkopf? heißt, und bei dem Weg, an dem unsere Freunde wohnen, Pate gespielt hatte. Noch waren wir ein ganzes Stück vom Zimmerkopf weg, da kam wieder die wilde Jagd hinter uns her ? wieder war es der junge Mann auf seinem weißen, jetzt leicht staubgrauen Motorrad, der hinter uns anhielt und fragte, ob wir nicht das Feuer gesehen hatte. Es stellte sich schnell heraus, daß er kein Katastrophenjunkie war, sondern für die Freiwillige Feuerwehr durch die Gegend preschte und das Feuer suchte, weswegen die Heltersberger Feuerwehr und ein paar benachbarte Wehren ausgerückt waren. Jetzt standen sie am Dingsbums-Heim und warteten, ob ihre Scouts die Brandstelle lokalisieren und sie informieren würden. Wir konnten nicht viel helfen, worauf der junge Mann umdrehte, zur letzten Kreuzung zurückbretterte und dann nach links unten im Wald verschwand. Kurze Zeit darauf hörten wir ihn dort rumoren.

 

Wir setzten unseren Weg fort. Direkt am Zimmerkopf gabs den nächsten Stopp. Dort mußten wir einem ehemals hellen Cermedes ausweichen, der uns auf dem engen Weg entgegenkam, dabei diesen ganz ausfüllend. Er hielt in einer Staubwolke, und der junge Mann am Steuer fragte uns ? Sie werden es nicht glauben ? nach dem Feuer. So langsam fand ichs lustig. Er wußte immerhin, daß die Feuerwehr sich jetzt an der Schwarzbachstraße versammelt hatte und dort nicht weiterwußte. Der Mercedes bretterte weiter ? mit ungewissem Ziel gen ? äh ? Westen, und wir zogen weiter unserer Wege. Etwa 150 Meter vor Erreichen des Schwarzbachhofes wollten wir gerade in einen Weg abbiegen, der nach Süden abbog, als das dritte Auto kam ? diesmal an seiner roten Farbe unschwer als Feuerwehrauto erkennbar. Drinnen saß ein gleichmütig dreinschauender Fahrer, der wohl schon einiges gesehen hatte, wenn auch nicht unbedingt an dem Tag, und neben ihm auf dem Beifahrersitz der hiesige Scheff-de-Kiepp, der Oberfeuerwehrbrandwachmeister (oder so). Mit seinem Gleichmut war es längst vorbei, aus seinen Augen sprach der Frust, denn ? er fand das Exkrement-Feuer nicht. D.h. ? wie er sagte, er wußte schon, in welcher Richtung es brennt, aber wo genau und wie dort hinkommen ? äh ?

 

Auch sie bretterten weiter ? irgendwohin.

 

Wir spazierten einen langen Weg hinab, der sich in leichten Windungen zwischen einem bewaldeten Hügel und einem gleichfalls bewaldeten Tal hindurchzog. Weiter hinten saß ich zwei Bäume und konnte darunter eine einfache Holzbank ausmachen, davor in Brusthöhe eine hölzerne Armlehne. Das sah wirklich gemütlich aus. Unter der dichten Krone des Baumes im Schatten zu sitzen, nach vorn gebeugt, die Ellbogen aufgestützt und in den Tag hineinträumen ?

 

Uwe erzählte mir, daß sei ein ganz romantisch verwunschener Ort und daß sich dort auch schon mal einer aufgehängt habe. Ja, dachte ich, das ist so eine Stelle, das paßt. Doch bevor ich den Gedanken weiter spinnen konnte, wurden wir der weißen Rauchschwaden gewahr, die in vielleicht einem Kilometer Entfernung aus dem Wald aufstiegen. Wir hatten das Feuer gefunden. Vor uns ? hinter den Bäumen ? lag ein Tal, in das sich von rechts eine Hügelnase hereinschob. Alles dicht bewaldet, schön grün. In dem nächsten Tag hinter der Nase ? dort brannte das Feuer, und der Wind spielte mit dem Rauch, drückte ihn mal ganz nieder, ließ ihn wieder hochkommen, in einem Rutsch oder in zwei Bahnen.

 

Uwe nahm sein Handy und rief die 112 an und ließ sich dann von dort mit dem Feuerwehrhauptmann verbinden, mit dem wir zuvor gesprochen hatten. Es dauerte nicht lange, und er kam in seinem roten Tatütata angerauscht. Der Fahrer hatte seitdem wohl nicht eine einzige Miene verzogen, er schaute immer noch gleichmütig vor sich hin. Der Feuerwehrobermeckes schaute immer noch verstimmt. Ja, das wisse er, das Feuer hätten sie ja auch schon gesehen, aber sie wüßten nicht, wie sie hinkommen sollten. Sein Fahrer kramte eine Karte heraus, aber als ich einen Blick drauf werfen wollte, fing er einen Blick seines Hauptwachmeisters ein und ließ sie schnell wieder verschwinden. War vermutlich nur für den Dienstgebrauch und würde Schaden nehmen, wenn Unbefügte drauf schauen. Nun ja, man brauste hinweg. Wir wandten uns um und wanderten wieder zurück. Und mußten wieder aus dem Weg springen, denn der rote fahrbare Feuermelder mit Fahrer und Feuerwehrchef kam schon wieder zurückgebrettert und hinter ihnen ein lokaler Jagdpächter in weißem irgendwas. Es gab viel Staub, sonst geschah nichts.

 

Wir ließen den Schwarzbachhof rechts liegen und drangen in die Schwarzbachstraße ein, wo wir auf mehrere am Straßenrand geparkte Fahrzeuge stießen. Hier saß das Gros der Feuerwehr, zusammengestoppelt aus Alt und Jung, Männlein und Weiblein, rum und wartete auf den Einsatz. Sie saßen wohl schon ein gute Stunde hier, denn wir waren nach dem Kaffee ja auch schon gut anderthalb Stunden unterwegs. Das Feuer brannte in der Zwischenzeit munter weiter. Einer der Anwesenden kramte ein neues Handy mit Internetzugang hervor und ließ sich von Uwe zeigen, wo der den Brandherd vermutete. Das sah schon schick aus, als sich gleich fünf Leute um das Handy scharten. Das hat auch einen ungeheuren Vorteil gegenüber einer Karte, die ist eh viel zu groß und damit unhandlich.

 

Durch ein paar ungeschickte Bemerkungen outete mich als Saarländer, worauf ich sofort gemieden wurde wie die Pest. Vielleicht hätte ich nicht sagen sollen, daß man aus der ganzen Situation einen wunderbaren Pälzerwitz würde machen können.

 

Aber so hatte jeder seinen Spaß und sein Vergnügen. Die Ortsansässigen, die aus nächster Nähe ihre Feuerwehrhelden betrachten konnte (und zwar langfristig, denn die haben sich dort oben locker ne Stunde aufgehalten), die gedachten Helden selber, die die formallen Feiertagsklamotten gegen die labbrigen, schlecht sitzenden, aber wichtig aussehenden Feuerwehrklamotten tauschen durften, und wir Besucher auf jeden Fall. Hähä, hat manches Vorurteil bestätigt.

 

Nuja, kää Feierdaach ohne Feier.

 

Als wir die Versammlung verließen (locker zwei Stunden nach der lauschigen Tasse Kaffee hinter Uwes Haus), war das rote Fahrzeug mit Fahrer und dem Oberlöscher gerade wieder eingetroffen ? das Feuer brannte immer noch. Und immer noch wußte kein Mensch so genau wo. Jedenfalls keiner von der Feuerwehr.

 

Keine Ahnung, was schließlich aus dem Feuer wurde. Nachdem die von der Feuerwehr es wohl nicht fanden, wird es frustriert von alleine ausgegangen sein.

 

 

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Heute morgen fuhren schon wieder fünf Feuerwehrfahrzeuge an unserem Haus vorbei in den Wald. Die haben gestern abend noch den Brandherd gefunden. Es handelte sich um einen unterirdischen Schwelbrand, der mittlerweile eine Größe von ca. 300 Quadratmetern hatte. Die haben heute den ganzen Tag die Erde bis 50 Zentimeter umgegraben und gelöscht. Ob?s ganz aus ist, wird sich zeigen.

 

 

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