Schriftzug

8. Der Kreis St. Wendel.

 

Mit dem Regierungsbezirk Trier ist durch königliche Kabinetsordre vom 25. März 1835 das, in Folge des mit dem Herzoge von Sachsen-Koburg-Gotha unterm 31. Mai 1834 abgeschlossenen Staatsvertrages, durch Patent vom 15. August 1834 in Besitz genommene, vormalige Fürstenthum Lichtenberg, unter dem Namen ?Kreis St. Wendel? vereinigt worden. Der Regierungsbezirk hat dadurch an Größe über 9 Quadrat-Morgen oder 198,040 preuß. Morgen gewessen (darunter sind 8658 Morgen Staats- und 22,636 Morgen 120 Ruthen Gemeindewaldungen).

 

Der Kreis St. Wendel liegt zwischen dem oldenburg?schen Fürstenthum Birkenfeld, dem Hessen-Homburg?schen Lande, dem baierischen Rheinkreise und dem vorhin beschriebenen Kreise Ottweiler. Der Kreis wird im Süden von der Blies, im Norden von der Nahe und im Nordosten von dem Glan bewässert, und ist sehr gebirgig; dennoch bringt er zum Bedarf seiner Einwohnerschaft hinreichende Produkte hervor, als Korn, Waizen, Gerste, Hafer, Haidekorn, Spelz. Der Wiesenwachs und die Viehzucht ist ziemlich bedeutend, der Weinbau mittelmäßig. Ausserdem sind in dem Kreise einige Steinkohlengruben vorhanden.

 

Der Verein für Alterthumskunde im Kreise St. Wendel hat bedeutende Reste römischer Gebäude im Varuswalde, unweit Tholei, so wie auf dem nahen Schaumberge und in anderen Strichen aufgefunden.

 

Die Gesammtbevölkerung des Kreises ergibt 39,500 Einwohner (Ende 1840 betrug die Einwohnerzahl 36,499). Die Zahl der Katholiken steht sich mit der der Evangelischen ziemlich gleich (die ersteren etwas überwiegend). Die Katholiken besitzen 16 Pfarreien, mit eben so viel Pfarrern und 20 gottesdienstlichen Versammlungsorten; die Evangelischen 14 Pfarreien, mit 15 Pfarrern und 27 gottesdienstlichen Gebäuden.

 

Der Kreis zerfällt in 7 Bürgermeistereien, welche sind:

1) St. Wendel

2) Alsweiler

3) Oberkirchen

4) Burglichtenberg

5) Baumholder

6) Grumbach und

7) Sien.

 

Die Bürgermeister der drei erstern Verwaltungsbezirke wohnen in St. Wendel, der von Burglichtenberg in Berschweiler. Der königliche Landrath des Kreises (Herr Regierungsrath Engelmann) hat in St. Wendel seinen Wohnsitz, ebenso auch der Kreissekretär.

 

In der Justizverwaltung bildet der Kreis 3 Friedensgerichtsbezirke, und zwar umfaßt der Kanton St. Wendel: die Bürgermeisterei St. Wendel mit 9, Alsweiler mit 8 und Oberkirchen mit 17 Gemeinden, der Kanton Grumbach: die Bürgermeisterei Grumbach mit 17 und Sien mit 15 Gemeinden, und der Kanton Baumholder: die Bürgermeisterei Baumholder mit 14 und Burglichtenberg mit 17 Gemeinden. Diese Friedensgerichte sind dem Landgerichte in Saarbrücken untergeben.

 

Notarien sind 2 in St. Wendel, 1 in Baumholder und 1 in Grumbach vorhanden. Das indirekte Steuerwesen leitet ein Steuer-Inspektor zu Baumholder; Recepturen sind zu St. Wendel und zu Grumbach. Der Hypothekenbewahrer hat in St. Wendel seinen Sitz. Die Staats- und Gemeindeforstverwaltung steht unter dem Oberförster zu Baumholder; der Straßenbau unter einem königlichen Wege-Inspektor ebendaselbst.

 

Das Medizinalwesen leitet ein Kreis-Physikus, in St. Wendel wohnend, dem 3 Distrikts-Chirurgen ? in jedem Kanton 1, - untergeben sind, so wie 1 Thierarzt für den Kanton St. Wendel und 1 für die beiden andern Kantone in Baumholder. In jeder der 3 Kantons-Hauptorte ist auch eine Apotheke vorhanden. Der ganze Kreis zählt zwei Städte ? St. Wendel und Baumholder, welche zu den Landtagen mit Saarbrücken, Saarlouis und Ottweiler einen städtischen Deputirten wählen, - und 95 Landgemeinden.

 

Die bedeutendsten und ahnsehnlichsten Oerter des Kreises sind wohl die 3 Kantons-Hauptorte als:

 

Die Kreisstadt St. Wendel, welche 2500 Seelen zählt und an der Blies liegt. Die Stadt hat 2 Kirchen, 1 katholische und 1 evangelische Kirche, und 2 Stadtschulen, 1 kath. und 1 evang. Stadtschule; ferner ein königl. Friedensgericht und eine Apotheke. St. Wendel ist, außer dem königl. Landrathe, der Wohnsitz dreier Bürgermeister für die genannten Bezirke, zweier Steuer- und Gemeinde-Einnehmer (1 für die Bürgermeisterei St. Wendel und 1 für Alsweiler und Oberkirchen), der Sitz zweier Pfarreien, eines Kreisphysikus, eines Hypothekenbewahrers, eines Recepturs etc. Die Stadt liegt im Süden des Kreises, 1 ¼ Meile von Ottweiler entfernt, in einer freundlichen Gegend. Sie ist unter der herzoglich Sachsen-Koburg-Gotha?schen Verwaltung, während welcher sie der Sitz der Landesbehörden war, vergrößert und verschönert worden. In dem ehemaligen Regierungsgebäude befindet sich das Kreisbüreau des Kreises. In der Nahe, an der vorbeiführenden Straße nach Saarlouis und Ottweiler-Saarbrücken, umgeben eine vierfache Allee ein interessantes Landhaus, welches der Sommer-Aufenthalt der letzten souverainen Fürsting von Sachesen-Koburg war. St. Wendel hat Bierbrauereien, 1 Tuchfabrik, Ackerbau und Viehzucht.

 

Der zweite bedeutendste Kantons-Hauptort ist das Städtchen Baumholder, welches 1300 Einw. hat. Außer dem Bürgermeistereiamte, dem Steueramte, dem Friedensgerichte, der Apotheke befinden sich hier 1 Steuerinspektor, 1 Notar, 1 Oberförster, 1 Wegeinspektor etc.

 

Der dritte Kantons-Hauptort ist das Dorf Grumbach, welches unweit der Glan, am Fuße eines Berges, auf welchem sich die Ruinen des Schlosses ?Haubiz? befinden, liegt. Grumbach hat ein Bürgermeisterei- und ein Steueramt, 1 Friedensgericht, 1 Apotheke, 1 Notariatsamt, 1 Receptur etc. Die Rheingrafen von Grumbach besaßen hier ein von ihnen bewohntes Schloß, das am Eingange des Ortes an einem, das freundliche Thal bis zum Glan beherrschenden Punkte schon frühe erbaut, in der franz. Revolution aber zerstört wurde. Auf der Stelle desselben ist in neuerer Zeit eine evangel. Kirche entstanden.

 

Die Burg Lichtenberg, auf einem hohen Berge gelegen, besteht aus großen weitläufigen Gebäuden, welche zum Theil in Ruinen liegen, zum Theil noch bewohnt werden. Von ihr erhielten früher das Zweibrücken?sche Oberamt, später das Fürstenthum Lichtenberg und jetzt noch eine Bürgermeisterei ihre Benennung.

 

Das Dorf Oberkirchen liegt am Fuße des 1778 Fuß hohen ?Weiselberges?, eines schönen Kegelberges, der eine umfassende Fernsicht darbietet. Der Gipfel und Abhang dieses Berges gegen Süden ist mit größtentheils vierseitigen Säulen eines schwarzen Trappgesteines bedeckt; auf seinem nördlichen Rücken werden Achate gegraben, welche auch bei den zu diesem Kreise gehörigen Dörfern Ronnenberg, Fraisen (Freisen) und Mambächl vorkommen und in der Gegend von Oberstein (Fürstenthum Birkenfeld) geschliffen werden.

 

Bei mehreren Orten des Kreises, wie z.B. Derbach (Dörrenbach), Urexweiler, Lautersweiler sind Steinkohlenbergwerke; Mainzweiler, Wirschweiler (Werschweiler), Niederlinxweiler, Urexweiler bedeutende Kalkbrüche vorhanden.

 

Kolossale Statuen, große Urnen etc. haben sich an verschiedenen Orten und Stellen im Varus, unter andern an der Straße nach Baltersweiler, bei Urweiler, Linxweiler, Weterbach (Winterbach) etc. vorgefunden. Es ist zu erwarten, daß man in diesen Gegenden, besonders im Varus, derarthige werthvolle und seltene Alterthümer noch mehr auffinden wird.

Historische Forschungen · Roland Geiger · Alsfassener Straße 17 · 66606 St. Wendel · Telefon: 0 68 51 / 31 66
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