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St. Wendelin -> Die Magdalenenkapelle in St. Wendel -> Das Ende der Kapelle als Kapelle

 

 

So langsam näheren wir uns einem kritischen Datum ? die Geschichte der Magdalenenkapelle als Sakralbau neigt sich ihrem Ende entgegen. In Frankreich beginnt es zu rumoren, der Sturm auf die Bastille ist nicht mehr weit und auch nicht der Sturm auf Europa.

 

In der Magdalenenkapelle tritt der letzte Altarist des Dominikusaltars seinen Dienst an. Er heißt Erasmus Funk und hat die Stelle von 1788 bis 1791 inne. Ein Jahr später finden wir ihn in Furschweiler wieder, er ist der erste Pfarrer der 1792 neugegründeten Pfarrei St. Anna daselbst. Ein alter Bekannter. Nach ihm wird die Altaristenstelle in der Kapelle vakant und nie mehr besetzt.

 

Dann kommen die Franzosen, und alles wird anders.

 

1794 wird die Glocke aus der Magdalenenkapelle entfernt. Da die fünf Glocken der Pfarrkirche abgenommen und fortgebracht worden sind, hängt man die Glocke der Kapelle kurzerhand in die Pfarrkirche um.

 

Max Müller schreibt in seiner ?Geschichte der Stadt St. Wendel? über die Profanisierung der Magdalenenkapelle durch die Franzosen infolge Umwandlung in ein Hafermagazin.

 

?Am 6. Februar verlangte der Furageinspektor Heuilly 4000 Zentner Heu, 4000 Zentner Stroh und 1200 Quarten Hafer für das Magazin zu Kirn. Die Stadt gab zu dieser Lieferung rund 910 Zentner Heu, 1518 Schüften Stroh und 125 Quart Hafer. Diese Furage wurde in St. Wendel aufgestapelt, das Heu und Stroh in der Zehntscheuer, der Hafer in der Maria-Magdalenenkapelle. Der Magistrat bestellte als Aufseher für die Scheuer die Bürger Johann Münster und Peter Weyand, für die Kapelle den jungen Heinrich Riotte und den Nikolaus Kiefer gegen einen Tagelohn von je 1 Gulden 12 kr.?

 

Leider gibt er ? wie immer ? dazu keine Quelle an. Nun gibt es aus dem Jahr 1795 nicht viele schriftliche Quellen in unseren Archiven, deshalb bin ich im sog. Hochgerichts-, Justiz-, Policey- und Verwaltungsprotokoll von 1795 fündig geworden. Leider stimmt bei Müller nur der erste Satz, und ich habe keine Ahnung, wo er sich den Rest (mal wieder) zusammengereimt hat.

 

Der Inspecteur Heuilly hat die genannten Mengen tatsächlich angefordert; sie seien binnen sechs Tagen in Kirn vorzulegen. Allerdings kann die Stadt allein die Mengen nicht aufbringen, weshalb zunächst die Anweisung ergeht, die Ortsbürgermeister einzubestellen, um ihnen den Befehl auszuhändigen und sie anzuweisen, daß sie in ihren Orten das Binden von Heu und Stroh schon mal anordnen, weil schwere Strafen bei Nichterfüllung drohen. In der Stadt selber rafft man an Resten zusammen, was verfügbar war. Irgendwo in der Stadt steht ein französisches Magazin, das von dem ?Staatsbürger? (Citoyen) Pistorius verwaltet wird. Dieser legt einen Abgabebericht über die enthaltenen Mengen vor.

 

Danach lagern in der städtischen Kellerei 21 Zentner Kleie, dann bei Martinus Jost, dem Altaristen des Kreuzaltars in der Pfarrkirche, 6 Malter Korn, die er vom Hospital in Cues erhalten hat. Der Rest besteht aus 18 Sack Mehl sowie drei Malter Hafer. Sie lagern auf dem Hospitalspeicher. Nun befindet sich das Hospital zwar auch in der heutigen Balduinstraße, aber auf deren Nordseite (heute Schuhhaus Blum), nicht auf der Südseite ? dort liegt genau gegenüber die Magdalenenkapelle. Ob Herr Müller das einfach nur verwechselt hat? Oder lag ihm noch eine andere Quelle vor? Tut mir leid, ich weiß es nicht.

 

Wir wissen trotzdem sicher, daß die Magdalenenkapelle um die Jahrhundertwende als städtisches Magazin benutzt wird und nicht mehr als Kirche.

 

Irgendwann noch vor der Jahrhundertwende wendet sich der französische Unterpräfekt in Saarbrücken an den St. Wendeler Pfarrer Castello und fordert von ihm eine Liste aller Sakralgebäude in St. Wendel an. Als diese Liste vorliegt, bestimmt er, daß ein (1!) Gotteshaus, nämlich die Pfarrkirche, genug ist für St. Wendel. Folgerichtig wird die Stadtgemeinde Besitzer und Eigentümer der Magdalenenkapelle; das Gebäude wird nicht mehr länger als Kirche, sondern als städtisches Magazin benutzt.

 

=> Das Schulhaus

 

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