Schriftzug

Nachricht über die Kapell des S. Wendels=Brunnens zu St. Wendel

 

In der Nähe des heiligen Brunnens, genannt „Wendelsbrunnen“, haben die Pächter des sogenannten Doussarts=Guts um das Jahr 1682 aus eigenen Mitteln ein Bethäuschen in die damalige Wildnis gebaut. Daraus erbaute der Einsiedler Heinrich Goerges 1702 ein Bethaus für Laien mit einem Turm. Dieses war aber von so schlechter Qualität und in den Boden hineingebaut, daß es mehr wie ein Keller als ein Bethaus wirkte. Auf dem gleichen Grundstück errichtete er aus Holz eine kleine Wohnung. Nach Goerges Tod besetzte sie mein verstorbener Vater die Stelle mit einem alten Ehepaar. Um 1714 starben beide und hinterließen 40 Reichsthaler aus den Opfergaben. Dieses Geld wurde zur Errichtung von 7 Stationen eines Kreuzwegs, sog. „Fußfälle“, verwendet, der von der Stadt an bis in Höhe des Eulenkopfs verlief. Mein seliger Vater besetzte daraufhin Klausnerstelle mit einem anderen älteren Ehepaar.

 

Im Jahre 1719 meldete sich ein gewisser Nickel Riehm bei unserm hiesigen Seelsorger Christian Stackler. Dieser sollte mich bitten, ihm – Riehm – die Stelle zu vermitteln. Dagegen bot er an, der hiesigen Pfarrkirche 50 Reichsthaler zu schenken, falls Herr Pastor dies bei mir bewerkstelligen würde. Besagter Pastor hat mich ebenfalls darum gebeten, ich möge der Kirche den Gefallen tun und ihm die Stelle geben, weil die hiesige Kirche das Geld wegen des 1716 erlittenen schweren Diebstahls gut gebrauchen könnte. Ich akzeptierte gegenüber dem Pastor unter dem Vorbehalt, daß das auf dieser Stelle befindliche Ehepaar sich eine Stelle auf der St. Annenkapelle kaufen und dort eine Wohnung einrichten würde. Nachdem nun dieses Ehepaar von den Altzfasser Erben bei St. Annen ein Grundstück für Wohnung und Garten angekauft, wurde dem Nickel Riehm diese Wohnung zugeteilt und durch meinen Einsatz 1719 in Besitz gegeben.

 

Riehm wohnte dort bis 16. April 1753. Er war aber ständig unterwegs und tat nichts anderes, als Almosen zu sammeln, die er dann – statt sie zu frommen Zwecken zu verwenden - seinen Verwandten und Dritten gegen Zinsen heimlich auslieh. Er gab weder dem Herrn Pastor noch mir an, was er damit gemacht hatte, betrieb Wucher damit und verwendete sie damit ganz gegen die Absicht der Spender.

 

Außerdem mißachtete er die Regeln der Eremiten, wie sie in der der Erzbischöflichen Verfügung enthalten sind. Deshalb wurde er in einem Brief des Herrn Kommissars Cossmann vom 10. Dezember 1752 aufgefordert, sich entweder den Eremitenregeln zu unterwerfen und den Gehorsam gegenüber der Obrigkeit anzuerkennen oder die Stelle zu räumen. Als er diesbezüglich aber nichts erkennen ließ und in seinem strafbaren Eigensinn fortfuhr, gab man ihm am 14. September 1752 den Bruder Johann Friedrich Werner als Gesellen, da man hoffte, dieser sittsame und fromme Mann würde Riehm auf gütliche Art zu einem standesgemäßen Verhalten bringen. Werner plagte sich mit Riehm mehr als ein Jahr. Aber anstatt zusammen mit seinem Gesellen die gewöhnlichen Gebetszeiten zu beachten und zu Hause zu bleiben und seinen Gesellen die notwendigen Almosen sammeln zu lassen, fuhr Nickel fort zu fluchen, falsch zu schwören und weiter in der Gegend herumzulaufen. Die Almosen brachte er nicht zur Unterhaltung (der Kapelle) ein, sondern ließ sie heimlich zu Geld machen, während sein Geselle fast verhungerte. Am 22. Januar 1753 wurde er darüber befragt, warum er die ihm im September 1752 zugestellte Order des Herrn Kommissars nicht beachtet hätte. Außerdem solle er erklären, was er mit den Almosen getan hätte, die er ja immer gemeldet hätte, zumal er in den Jahren seines Aufenthalts das Gebäude so wenig unterhalten hätte, daß es ganz zerfallen sei.

 

Er blieb aber so impertinent bei seiner Halsstarrigkeit, daß man sich genötigt sah, ihn bei Wasser und Brot in den Turm einzukerkern, wo er dann endlich erklärte, was er mit den Almosen getan hatte, aber dies in ganz unangebrachter Art und Weise (siehe Anlage Lit. A). Trotzdem verblieb er in seinem Ungehorsam, was dem Herrn Kommissar mitgeteilt wurde. Dieser trug den ganzen Vorgang am 13. Februar 1753 dem Hochwürdigen Herrn Weihbischof vor, der daraufhin folgenden Befehl erließ:

 

„Falls der Bruder Nickel nahe St. Wendel sich nicht völlig der Eremitenregel unterstellt und den darin enthaltenen Vertrag nicht beachten will und wird, so wird hiermit erlaubt und befohlen, demselben – auch unter Zuhilfenahme der weltlichen Obrigkeit – die Eremitenkleider auszuziehen und den Bruder Johann Werner an seine Stelle zu berufen.“

 

Dieser Befehl wurde ihm am 23. März 1753 eröffnet, und er wurde gütlich ermahnt, denselben anzunehmen – aber ohne Erfolg. Ungeachtet dieser Impertinenz wurde ihm eine Bedenkzeit bis 16. April gelassen; er blieb aber hartnäckig und scheute sich sogar nicht, am 24. März vor dem Amt St. Wendel folgendermaßen sich auszulassen: Er wolle lieber, daß ihn zwanzigtausend Teufel holten, ehe er dem bischöflichen Befehl gehorche. Man duldete ihn noch bis zum 16. April, dann zog man ihm die Eremitenkleider aus und jagte ihn fort. Dies alles haben die Schöffen und Synodalen in einem Protokoll festgehalten.

 

 

Die Aufstellung der Beträge, die aus Sammlungen und Opfergaben ausgeliehen wurden (entsprechend der genannten Anlage Lit. A) beträgt insgesamt 91 Reichsthaler 40 alb.

 

Hiervon wurden abgezogen

=> Müller aus Urweiler hatte im Oktober 1752 dem Steinmetz Johann Marck wegen Reparatur des Schornsteins und der Renovierung der Wohnungen der Brüder Nickel und Werner 6 Reichsthaler gezahlt. Abgezogen werden die entstandenen Mehrkosten von 4 Reichsthalern.

=> 900 Backsteine    3

=> 20 Faß Kalk, das Faß zu 30 xr   6-36

=> dem Schneider für die Herstellung eines Sacks 6 batzen      0-14-4

=> dem Barbier, um Nickel Riehm den Bart zu scheren     0-5-0

=> den Wächtern, die ihn ausgezogen      0-12-0

=> die Amtsgebühr vom 2., 4., 5. und 10 Januar, 23. u.

24. März und 16. April = 7 Tage, pro Tag 18 alb   2-18-0

Gesamt         16-31-4

 

Zieht man diese Kosten und Schulden von der obengenannten Summe von 91 Rh 40 alb ab, bleiben für fromme Zwecke 75 R 8 alb 4 d übrig.

 

Für die Kosten, die Bruder Nickel zur Unterhaltung und Reparatur der Kapelle und sonstiger Bauarbeiten entstanden sind, werden laut Schreiben des Herrn Kommisars vom 17. Februar 1753, dafür einbehalten     25-8-4

 

Die Mutter=Kirche zu Ehren St. Wendels erhielt 30 Thaler, um ein Darlehen der Josephischen Erben zu tilgen.

 

Und obgleich der Brunnen sehr unansehnlich ist und die gesammelte Summe aus dem Opferstock beim Brunnen eigentlich der Kirche zusteht, wurden die genannten 25-8-4 zur Instandhaltung des Brunnens verwendet, was sich wie folgt zusammensetzt:

 

Am 29.-31.10 und 2.-5.11. haben 8 Steinmetze die Steine zugehauen und 6 Männer gemauert, zusammen 14 Mann, jeder 5 Batzen pro Tag, also 14 Mann pro Tag 14 Kopfstück, das macht in 6 Tagen 84 Kopfstück =          18-36-0

Verpflegung pro Tag pro Mann 4 Batzen    0-14-51

 

Johann Marck und Johann Kornbrust haben das Haupt auf dem Bronnen in einem Stein gebrochen und in Form eines Kreuz-Gewölbs gehauen,

6 Tag, beide 12 Tag 2-36-0

Beide an Verpflegung 2-7-2

 

Für 2 Jungen, die den „Speiß“ angerührt und herbeigetragen, habe ich den Meistern

zahlen müssen in 6 Tagen   2-36-0

Für Verpflegung       2-7-2

4 Fuder Kalk   5-0-0

12 Wagen Sand       4-0-0

4 Taglöhner in 6 Tagen Lohn und Verpflegung      6-50-4

2 Maß Öl zum Anstreichen   1-18-0

„Bauschmalden“ (aus Quarzsand, Pottasche und Kobaltoxid hergestelltes Glas,

das in pulverisierter Form als blaue Farbe genutzt wird) 0-27-0

Dem Maler für Gold und seine Arbeit samt anderen Farben        12-23-0

75 Pfund Eisen, um das Geländer auf dem Bronnen festzumachen        3-27-0

50 Pfund Bley, um solches einzugießen     2-42-0

 

Total   79-47-0

 

Wenn man dazu die von Nickel Riehm einbehaltenen, obengenannten 25-8-4 sowie das Opfergeld von 10 Reichsthalern, welches Herr Pastor selbst in den Jahren 1754 und 1754 eingesammelt hat, zusammenrechnet, hätte Nickel Riehm insgesamt gut gehabt  45-8-4

 

Zieht man diese von der Anlage ab, dann kostete mich allein der Brunnen– als ein von der Kapelle getrenntes Werk - aus meinen eigenen Mitteln noch 34 Rh 38 alb.

 

Diesen Betrag setze ich hier gewissenhaft ein, weil verlautet wurde, der Herr Pastor hätte dem Hochwürdigen Vikariat fälschlich angegeben, daß diese Kapelle aus dem Geld Nickel Riehms sowie aus den Einkünften der Kapelle gebaut worden sei. Daraus kann man sehen, wie glaubwürdig diese Aussage ist.

 

Das gesamte Geldopfer beider Jahre hat mehr nicht als 43 Gulden 18 Albus ergeben. Wenn man davon das bereits genannte Opfergeld von 20 Reichsthalern abzieht, bleiben noch 9 Reichsthaler übrig. Wenn man also alles auf Heller und Pfennig anrechnet, was zur Unterstützung des Brunnenbaus empfangen wurde, und bedenkt, daß der Brunnen 25 Rh 38 alb 4 d gekostet hat, ist mir unterm Strich kein Geld übrig geblieben.

 

Als der Brunnen vollendet und ich aus meinen eigenen Mitteln sowohl die Kapelle als mir selbst ein Häuschen zum einen, um mich im Sommer oder sonstigen Zeiten sammeln und erholen zu können, zum anderen als Wohnung zweier frommer Männer, die für mich und meine Familie beten sollen, erbauen wollte, bat ich untertänigst das Hochwürdige Generalvikariat um die Erlaubnis, das alte Bethaus abzureißen und ein neues zu bauen. Das geschah im Dezember 1754 und mit vollkommener Zustimmung und Zufriedenheit des hiesigen Pastors.

 

Das Hochwürdige Generalvikariat antwortete mir am 2. Januar 1755, hinsichtlich meines Antrages bzw. meiner Bitte im allgemeinen gebe es keine Probleme, aber seine bischöfliche Hochwürden Gnaden wolle vorher noch wissen,

 

1. woraus sich der die Kirchenfabrik erhalten wolle, vor allem, weil sie jetzt vergrößert sei,

2. man müsse zuerst, ob das dortige Opfergeld bisher der Kapelle zu gute gekommen sei oder aber etwa dem Herrn Pastor,

3. ob im ersten Fall so viel jährlich an Opfergeld eingenommen würde, um den Haushalt neben anderen zu bestreitenden Kosten damit unterhalten werden könne

4. man befürchte, ich hätte ggf. die Absicht, mit der Zeit an genanntem Ort ein Wirthshaus zu bauen, um weltlichen Gewinn zu erzeugen, wodurch neue Unanständigkeiten entstehen dürften.

 

Auf diese Beanstandungen habe ich gleich reagiert, in dem ich einen Auszug aller Kirchenrechnungen seit 1592 einsandte und die eidesstattliche Erklärung gab, daß ich dieses Bethaus nicht erbaue, um einen weltlichen Gewinn zu . Viel weniger solle dort jemals ein Wirtshaus gebaut noch Landwirtschaft betrieben werden, da dies nicht anständig, sondern dem Ertrag meiner dortigen Wiese eher abträglich sei.

 

Diese Kirchenrechnungen beweisen nämlich, daß zum ersten Mal im Jahre 1656 ein Opferstock am Wendelsborn aufgestellt wurde und der bei der St. Annenkapelle erneuert worden sei. Auch hat der damalige Rektor zu Cues die Hälfte der Einnahmen aus diesen beiden Opferstöcken beansprucht, so wie er dies auch von dem Opferstock in der Kirche beansprucht. Damals fragte der Kirchenrechner, dem keine genauen Anweisungen vorlagen, um eine Order, wie er sich verhalten sollte. Am 14. Juli 1659 erhielt er die Anordnung, daß das Opfer der St. Annenkapelle dieser allein verbleiben sollte, um die Kapelle mit dem Geld in gutem baulichen Zustand zu erhalten. Dessen ungeachtet verlangte der Rektor von Cues, daß 1/3 nach Cues, ein Drittel an die St. Wendeler Pfarrei und ein Drittel bei der Kapelle bleiben sollte. Trier aber gab die Anweisung: „Rechner hat sich an dem bereits empfangenen Befehl zu halten, und sich daran nicht irren zu lassen.“

 

Den Kirchenrechnungen zufolge hat das Bethaus sein Opfergeld stets behalten. In den alten Rechnung um 1724 habe ich gefunden, daß die Kirche vor vielen Jahren einen Nutzen durch den Opferstock beim Brunnen hatte, obwohl in 60 bis 70 Jahren keine 20 Gulden zusmmengekommen seien. Außerdem geht daraus hervor, daß Bruder Nickel fleißig wie eine Ameise Geld sammelte und ihm nachgesagt wurde, daß er große Geldsummen gegen Wucherzins verlieh. Deshalb schlug ich vor, um die Kirche nach dem Bau der Kapelle zu entschädigen, falls es nicht gefalle, einen Opferstock am Brunnen neben der Kapelle bestehen zu lassen, jährlich einmal für immer 10 Reichsthaler (der Kirche) zu geben, vom Rest sollte aber die Kapelle etwas erhalten. Diese Bestimmung wurde in Form einer Nachschrift der Rechnung einverleibt. Da aber Pastor als auch Kirchenpfleger meinten, der Betrag sei zu hoch, wurde diese Nachschrift zum ersten Mal im Jahre 1738 umgesetzt und in die Rechnung mit dieser Formulierung mitaufgenommen:

 

„Der Opferstock zu St. Wendelsbrunnen ergab bisher immer 22 Gulden 12 d, welche Summe weiterhin der Kirche angeboten wurde.“ Den Rest will ich der Kapellenfabrik geben und nicht zu meinem privaten Nutzen verwenden, wie es immer meine Absicht gewesen und noch immer ist, daß das übrige Opfer – so lange ich lebe – jährlich für Wochenmessen zum Heil unseres Landesfürsten und der Opfernden verwandt wird und deshalb der Fabrik der Mutterkirche übergeben wird. Zwei solcher gestifteter Messen gibt es schon seit vielen Jahren. Damit wird nicht nur die Kirchenfabrik wieder verbessert, indem den hier wohnenden Altaristen eine merkliche Einnahmensteigerung zukommt, sondern jedermann wird, wenn die Stiftung bekannt wird, zu größeren guten Taten zur Ehre Gottes ermuntert. Nach meinem Tod, wenn die Kapelle somit wehrhaft mit finanziellen Mitteln ausgestattet ist, so daß so schnell eine Gesamtreparatur nicht notwendig ist, aber Notwendiges angeschafft wird, kann aus den übrigen Mitteln die Einrichtung von Messen ausgebaut werden, bis eine tägliche Messe daraus erwächst. Diese Messen sollen allen hiesigen Geistlichen und niemand sonst zu Gute kommen.

 

Hierauf hat das Hochwürdige Generalvikariat am 14. Januar 1755 die gnädige Zustimmung erteilt:

 

„ad humillimam oblationem et supplicam Domini Satrapae Dhame in sancto Wendalino, destructa capella veteri ad fontem sancti Wendalini nuper ab ipso restauratum suis sumptibus construendi novam eamque capaciorem et elegantiorem, sumptis informationibus praesertim super intentionis hujus piae puritate et qualiter dicta capella ab antiquo in sartis tectis conservari solita fuerit ex oblationibus ac deinceps licet amplietur structura, sufficienter exinde conservanda fore speretur; ex nunc deferimus religiosae praefati D. Satrapae voluntati permittentes veterem aediculam ab eo destrui et proposito nobis modo novum oratorium ibidem loci aedificari, hoc salvo, ne missae, nisi de ordinatione Rever<endissi>mi et Ill<ustrissi>mi Domini Suffraganei in Pontificialibus Vicarii Generalis ibidem legantur.”

 

(Übersetzung:… auf die demütige Verpflichtung und Bittschrift des Herrn Amtmanns Dhame in St.Wendel, nachdem die alte Kapelle am neulich von ihm restaurierten Brunnen des heiligen Wendelin zerstört war, auf eigene Kosten eine neue zu bauen, und zwar größer und eleganter, nachdem wir Auskünfte eingeholt haben, besonders über die Reinheit dieser frommen Absicht und darüber, wie die besagte Kapelle, die von alters her gewöhnlich durch Opfergaben in gutem Zustand erhalten wurde, auch wenn sie weiterhin baulich vergrößert wird, von dann an erwartungsgemäß hinlänglich erhalten werden kann, übertragen wir es ab jetzt dem frommen Willen des vorgenannten Herrn Amtmann, mit unserer Erlaubnis das alte Häuschen abzureißen und nach dem uns eben gemachten Vorschlag ein neues Bethaus an eben diesem Ort zu bauen, unter der Bedingung, dass Messen nur auf Anordnung des Hochwürdigsten und Erlauchtesten Herrn Weihbischofs und Bischöflichen Generalvikars dort gelesen werden.)

 

Auf der Grundlage dieser gnädigsten Erlaubnis habe ich die Kapelle im vergangenen Jahr 1755 „mit schweren Anlagen“ und auf die vorgestellte Art perfektioniert errichtet, und ich hoffe, niemand wird in Wahrheit behaupten können, ich habe gegen die gnädigste Intention verstoßen.

 

Als es nun im September um die Erlaubnis ging, dort auf einem tragbaren Altar Messen zu lesen, wurde mir wieder die schon einmal vorgetragene, aber abgewehrte Beschwerde aufgewärmt – vermutlich auf Anstiftung des hiesigen Herrn Pastors. Vor allem wurde gefordert, die außen angebrachte Inschrift zu entfernen. Ungeachtet der Tatsache, daß ich hier am 14. Oktober meine Gegendarstellung mit schuldigster Ehrfurcht vorgelegt und angeboten, wie ein gehorsames Schaf alles zu ändern, was Seine bischöfl. Hochwürden Gnaden in der Sache als ungebührlich ansehen werde, und ich mich hoffnungsvoll zufriedengegeben habe, damit die früher hier schon dagewesene Andacht wiederhergestellt und gar vermehrt würde und die Vollmacht, Messen lesen zu lassen, erteilt würde, habe ich im Gegentheil erfahren müssen, daß man keine Regelung treffen wollte. Dies geschah ungeachtet der Tatsache, daß der Herr Pastor den Teil des Opfergeldes, der der Kirche zusteht, während der beiden Baujahre auf eigene Initiative zur Restaurierung des Brunnens verwandte (die Kirchenrechnungen jener Jahre wurden in Gegenwart des Konsistorialkommissars Herrn Molitor überprüft), und auch ungeachtet der Tatsache, daß er diese Zuteilung gebilligt und erlaubt hat, sondern es blieb nur die Frage vorbehalten, wie es denn in Zukunft mit dem Kapellenopfer zu halten sei, ob es also für die Kirche besser sei, einen Opferstock am Brunnen zu setzen oder jährlich den bestimmten Betrag von 10 Rthlr. an Stelle einer unbestimmten Summe zu nehmen.

 

Seine Gnaden schrieb dem hiesigen Herrn Pastor, er solle die Kirchenschöffen zusammenrufen und ihnen diese Frage stellen: ob die Kirche besser den Opferstock am Brunnen aufstellen oder die 10 Reichsthaler empfangen sollte. Dieses Schreiben legte mir der Pastor selbst vor.

 

Ungeachtet, daß die Schöffen mir erklärten, sie hätten die Option des sicheren Geldes gewählt, schickte mir der Herr Pastor unter der Hand einen Beschluß vom 12. Dezember 1755, allerdings nicht das Original, durch den hiesigen Schulmeister – mit der einfachen Anschrift „A (an) Monsieur D’hame à (in) sant Wendel“ versehen –verschlossen und in geringschätzender Weise. Sein Inhalt:

 

„Das hiesige Generalvikariat hat vernommen, wie der Amtmann von Hame zu St. Wendel vor einiger Zeit die bei dem sog. Sankt-Wendels-Brunnen oder der dabei erbauten Kapelle gespendeten Opfergelder an sich gezogen hat. Also wird demselben befohlen, dieses Geld an den Kirchenrechner auszuliefern und dies auch künftig zu tun und die Vollmacht, ebendort Messen lesen zu lassen, zurück zu halten.“

 

Wie nun aus meiner vorstehenden wahren Schilderung zu ersehen ist, habe ich in keiner Weise die Consistorial=Verfügungen hintergangen noch habe ich Opfer, die der Kirche zustehen, an mich gezogen, sondern selbige wurden vom Pastor selbst der Kapelle überlassen. Deshalb bitte ich Hochwürdiges Vikariat, selbst zu entscheiden, wie mit dem Opfergeld zu verfahren sei, ob also meine fromme Absicht nicht angenommen werden solle, daß nämlich der Kirche pro Jahr 10 Reichsthaler zu übergeben, oder wenn man der Ansicht sei, dies wäre zu wenig, ihr 1/3 des Geldopfers und der Kapelle zu ihrem Unterhalt 2/3 zu gewähren seien, obgleich 1659 durch den Herrn Bischof das Opfer der Kapelle allein zugedacht worden ist. Und ich bitte, mir umgehend den Denunzianten zu nennen, der behauptet hat, ich habe das Opfer an mich gezogen und zu meinem Nutzen verwendet, damit ungebührlich gegenüber der Kirche gehandelt, damit ich diesen wegen getanen Unrechts belangen und diese Verleumdung von mir abwenden kann.

 

Sodann mögen mir Seine bischöfliche Hochwürden Gnaden bitte erklären, welche Teile der Inschrift abgeändert werden sollen, damit endlich dieses Ärgernis, aufgrund dessen die Vollmacht zum Lesen heiliger Messen entgegen altem Brauch nicht erteilt wird, aufgehoben und die Angelegenheit geregelt werden kann.

 

Sollte es der Fall sein, daß meine Absicht betreffs der Verteilung der Opfergaben von dem Hochwürdigsten Vicariat nicht gebilligt wird, sondern dort entschieden wird, das Opfer ingesamt der Kirche zur Verfügung zu stellen, so hoffe ich zumindest, daß ich bei dieser Rechnungslegung als Hausherr anwesend sein darf und daß nach Abzug des zum Unterhalt der Kapelle notwendigen Betrages der Rest dem Kirchenrechner übergeben wird.

 

Wobei aber, damit nicht wieder neue Motus (Aufregungen, Streitigkeiten) entstehen mögen, gnädigst zu regulieren, ob nicht die … (Lücke im Originaltext) und wohl den Eremiten zu ihrem Unterhalt gelassen werden sollen; zumalen diese das Geldopfer empfangen, aufbewahren und berechnen müssen.

 

 

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