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0-1499 AD -> Um 300 Eine römische Provinzialmünze vom Balkan in Alsfassen

Eine römische Provinzialmünze vom Balkan in Alsfassen

von Achim Schmitz, St. Wendel

 

Beschreibung:

 

 

 

 

 

Vorderseite:

IVL  PHILIPPVS  CAES  => Marcus Iulius Philippus Caesar

 

Drapierte und gepanzerte bartlose Büste des jungen Philippus

mit Strahlenkrone, nach rechts schauend

 

 

 


Rückseite
P M S C 
- OL VIM
(=> Provincia Moesia Superior Colonia Viminacium
=> Provinz Obermösien Kolonie Viminacium)

i.A:
im Abschnitt. Als Abschnitt bezeichnet man den durch eine waagerechte Linie abgetrennten unteren Teil der Münzrückseite. Dort steht im Allgemeinen die Angabe der Münzstätte, hier aber die Datierung)
AN  VI
(=> anno sexto =>im 6. Jahr, d.h. 244/245 n. Chr.)

Frontal stehende Personifikation der Provinz Moesia Superior, Kopf n. l. mit ausgebreiteten Armen
zwischen Stier (l.) und Löwe (r.)

Beschreibung:
AE (= Aes, das ist ein Sammelbegriff für Kupfer, Bronze, Messing usw im Gegensatz zu AV (aurum = Gold) und AR (argentum = Silber))

2 Assaria bzw. Dupondius
(=das Nominal. In Rom wurden die Aesmünzen seit Augustus eingeteilt in Quadrans (Viertelas), Semis (ein halber As), As, Dupondius (“Zweipfünder”, also Doppelas) und Sesterz (4 As). Im griechischen Osten nannte man die dem römischen As entsprechende Münze Assarion. Aber Viminacium war eine colonia Romana, was man auch daran erkennt, dass die Umschrift lateinisch ist und nicht wie bei den anderen Balkanmünzstätten griechisch. Daher ist es berechtigt die vorliegende Münze als einen römischen Dupondius anzusprechen.)

Material:

Bronze

Durchmesser:

23 mm

Gewicht:

10,45 gramm


St. 12 h
=> Stempelstellung 12 Uhr, d.h. die Stempel von Vorder- und Rückseite sind so ausgerichtet (wie bei modernen Münzen). Wenn Du eine Euromünze, gleich welchen Wertes, zwischen Daumen und Zeigefinger senkrecht stellst und dann drehst, wirst Du das feststellen. Bei antiken Münzen ist das keineswegs selbstverständlich. Deswegen wird die Stempelstellung immer angegeben.

Historisch-numismatischer Kommentar:
Um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. war das römische Reich in eine schwere Krise geraten. Rhein- und Donaugrenze waren ständigen Angriffen germanischer Stämme ausgesetzt, im Osten war das Reich von der wachsenden Macht der persischen Sasaniden bedroht. Dazu kam eine Wirtschaftskrise, die nach Jahrhunderten der Stabilität zu Inflation und Münzverschlechterung führte. Legionskommandanten wurden von meuternden Truppen zu Kaisern ausgerufen und versuchten, gestützt auf das Militär, sich an der Macht zu halten. Nur wenige dieser „Soldatenkaiser“ und Usurpatoren starben eines natürlichen Todes, fast alle wurden nach kurzer Zeit, manchmal nur nach Wochen oder sogar Tagen, ermordet oder fielen im Kampf.
Einer dieser Kaiser war M. Julius Philippus, der einzige Araber auf dem Kaiserthron, daher sein (inoffizieller) Beiname Arabs d.h. der Araber. Mit Arabien war damals allerdings nicht die arabische Halbinsel gemeint, sondern das ehemalige Nabatäerreich, das im Wesentlichen im heutigen Jordanien zu suchen ist. Philippus Arabs kam Anfang 244 an die Macht, als er nach dem Tod des jungen Gordian III. (den er vielleicht selbst ermordet hatte) auf einem Perserfeldzug zum Kaiser erhoben wurde. Bevor er selbst im Sept./Okt. 249 erschlagen wurde, feierte er 248 mit glanzvollen Spielen die 1000-Jahrfeier der Stadt Rom. Der Kirchenhistoriker Eusebios von Kaisareia behauptete zwar, Philippus Arabs sei der erste christliche Kaiser gewesen, aber dies ist sicherlich ein Irrtum.
Auf der Münze dargestellt ist nicht der Kaiser, sondern sein gleichnamiger Sohn. Geboren 238 oder 239 war er von seinem Vater im Sommer 244 zum Caesar erhoben worden, was soviel wie Thronfolger, Kronprinz bedeutet. Ab Mitte 247 wurde er zum Mitkaiser erhoben und erhielt die Titel Imperator und Augustus. Kurz nach seinem Vater wurde er im Herbst 249 ermordet. Zum Zeitpunkt der Münzprägung war er also 6 oder 7 Jahre alt.
Viminacium war eine Stadt und ein Legionslager in der Provinz Moesia Superior bei Kostolac im heutigen Serbien, etwa 2 km von der Donau entfernt. Nach der Teilung der Provinz Moesia wurde Viminacium Residenz des Statthalters von Obermösien.
Von 239 bis 258 wurden hier Provinzialbronzen der oben beschriebenen Art geprägt mit eigener Provinzialära (Jahr 1 = 238/239 usw). Diese Münzen wurden in jedem Jahr nur einige Wochen lang geprägt, nach Andreas Alföldi war dies der Zeitraum von Juli bis August. Da es von den Philippi noch Prägungen mit der Datierung Jahr 11 (249/250) gibt, Philippus Vater und Sohn aber Sept./Okt. 249 ums Leben kamen, muss der Jahresbeginn in Viminacium im Herbst gewesen sein.
Für Philippus Arabs, seinen Sohn Philippus als Caesar und als Augustus und für seine Frau Otacilia Severa wurden 2 Nominale mit der gleichen Rückseitendarstellung geprägt: Dupondius und Sesterz. Zur Unterscheidung diente nicht nur die Größe, sondern auch das Portrait: wie in Rom ist der Kaiserkopf auf dem Dupondius (Doppelstück) mit einer Strahlenkrone versehen, auf dem Sesterz erscheint der Kaiser dagegen mit Lorbeerkranz, der Caesar barhäuptig.

Diese Münzen dienten dem riesigen Geldbedarf zur Finanzierung der Kriege gegen Goten, Karpen, Gepiden und andere Völker. Der militärische Druck wurde so groß, dass um die Mitte des 3. Jh. die Donauprovinzen zusammengelegt und unter ein gemeinsames Kommando gestellt wurden. Daher wurde der Usurpator Pacatianus 248 von den Heeren beider Mösien und beider Pannonien zum Kaiser proklamiert.
Nach der Schließung der Münzstätten Marcianopolis, Kallatis und Tomis auf dem Balkan war Viminacium Hauptmünzstätte. Ab 246/47 wurden hier auch Reichsmünzen (Antoniniane) geprägt, ebenso die Provinzialbronzen mit der Aufschrift PROVINCIA 
DACIA.
Kolonialbronzen aus Viminacium waren im Donauraum weit verbreitet: In Pannonia Inferior machte ihr Anteil am Münzumlauf etwa 50% aus, in Pannonia Superior etwas mehr als ein Drittel, aber in Noricum waren es nur 7%, in Moesia Inferior sind sie gar nicht nachweisbar, d.h. mit wachsender Entfernung von der Prägestätte wird ihre Verbreitung immer spärlicher.
Die Rückseite der Münze zeigt neben der personifizierten Provinz die Embleme von 2 dort stationierten Legionen:

1. die legio VII  Claudia Paterna
Sie kämpfte schon unter Caesar im gallischen Krieg und unter Octavian im Bürgerkrieg. Unter Nero wurde sie nach Mösien versetzt. Sie kämpfte in den Dakerkriegen Domitians und Trajans sowie in den Markomannenkriegen Mark Aurels. Ihr Emblem war der Stier. Sie errichtete in der 2. Hälfte des 1. Jh. n.Chr. in Viminacium die steinerne Befestigung des Legionslagers. Ziegelstempel und Inschriften belegen den Aufenthalt dieser Legion noch bis ins 5. Jh. n.Chr.

2. die legio IIII Flavia Felix
Aufgestellt von Vespasian (daher der Beiname Flavia), erhielt sie unter Domitian Singidunum (Belgrad) als Basis. Ihr Emblem war der Löwe. Sie war eingesetzt in den Daker- und Markomannenkriegen und ebenso wie die legio VII Claudia in den Kriegen an der Donaugrenze im 3. Jh. Nach der notitia dignitatum war sie zu Anfang des 5. Jh noch immer in Singidunum stationiert.
Die Balkanprovinzen waren in der römischen Kaiserzeit ein Raum starker militärischer Konzentration. Seit Mark Aurel musste die Donaugrenze immer wieder gegen Einfälle aus dem Norden verteidigt werden. Insgesamt waren hier seit Septimius Severus 12 Legionen stationiert.

Wie und auf welchen Wegen die Münze nach Alsfassen gelangte, wird sich nicht mehr feststellen lassen. Ob sie im Geldbeutel eines Händlers verblieb, ist eher zweifelhaft, denn hierzulande wird man für eine Provinzialbronze kaum etwas bekommen haben. Eher könnte sie ein Veteran als Andenken an seine Dienstzeit mitgenommen haben. Sie könnte dann über die via militaris entlang des Donaulimes über Singidunum (Belgrad), Aquincum (Budapest),Vindobona (Wien) und Mogontiacum (Mainz) in unsere Gegend gelangt sein.

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