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19. Jahrhundert -> 25.05.1842 Das Erdbeben in der Gegend von Bonn

Das Erdbeben in der Gegend von Bonn

von Herrn Noeggerath

Ein schwaches Erdbeben fand am 25sten Mai 1842 in Bonn und seiner Umgegend statt, und ist, da es ziemlich allgemein bemerkt wurde, auch mehrfach in Zeitungs-Notizen erwähnt worden. Das Königl. Ober-Bergamt für die Niederrheinischen Provinzen zu Bonn empfing darüber, auf sein Ersuchen, durch die gefällige Vermittelung der Königl. Regierung zu Cöln so umständliche Berichte von den König. Landräthen und Bürgermeistern, wie sie zu erhalten standen, Obgleich sich nun daraus ergiebt, daß die Verbreitung dieses Phänomens nur eine sehr beschränkt lokale gewesen ist, auch wichtige physikalische Momente dabei nicht zur Beobachtung gekommen sind, so schien es doch nicht vernachlässigt werden zu dürfen, die wenigen Notizen darüber nachfolgend zusammen zu stellen.

Das Erdbeben ist nur in den Kreisen Bonn, Rheinhach und im Siegkreise in einiger Verbreitung bemerkt worden; aus dem Landkreise Cöln liegt nur eine einzige Beobachtung von Poll bei Deutz vor, und eben so ist nur eine ganz isolirte Aussage über dasselbe aus dem Kreise Waldbroel von dem Pfarrer in Eckenhagen vorhanden.

Im Kreise Bonn ist es in der Stadt selbst sehr allgemein beobachtet worden; nördlich hat sich die Erschütterung auf der linken Rheinseite an dem sogenannten Vorgebirge, namentlich über die Dörfer Bornheim, Sechtem, Alerten bis nach WaIherberg verbreitet: ausdrücklich wird aber in den Berichten bemerkt, daß es nicht in dem zwischen Bonn und Bornheim gelegenen Dorfe Roisdorf beobachtet worden sei.

In den Dörfern, welche zwischen dieser Erstreckung des Vorgebirges und dem Rheine liegen, ist die Erschütterung nur in der Nähe von Bonn, zu Rheindorf und Dransdorf, aber nicht in der Bürgermeisterei Hersel, zur Beobachtung gekommen, so daß dieselbe sich etwas mehr gegen Norden am Vorgebirge fortgepflanzt haben dürfte, wie in der vorliegenden Ebene gegen den Rhein hin. Gegen Westen von Bonn aus scheint die Erschütterung keine Verbreitung über das Vorgebirge hinaus gehabt zu haben, aber gegen Südwesten hat es sich noch bis in den Kreis Rheinbach erstreckt, da darüber bestimmte Nachrichten von Oedekoven, Heimerzheim, Dünstekoven, Oberdrees und Wormersdorf vorliegen.

Von Bonn ab gegen Süden auf der linken Rheinseite ist die Erschütterung von keinem Punkte angezeigt worden, im Gegentheile liegen aus der Bürgermeisterei Godesberg nur negative Anzeigen vor.

Auch aus das rechte Rheinufer hat die Erschütterung sich verbreitet. In der Bürgermeisterei Vilich, noch zum Kreise Bonn gehörig und unmittelbar dieser Stadt gegenüber auf dem rechten Rheinufer gelegen, ist es beobachtet worden und ebenfalls eine Stunde weiter, im Siegkreise zu Mondorf, und noch eine halbe Stunde weiter, zu Rheidt.

Aus dem Siebengebirge selbst liegt keine Nachricht vor, daß es an irgend einem Orte bemerkt worden wäre; nur in Honnef, südlich nur eine halbe Stunde vom Siebengebirge gelegen, ist es noch, nach den vorliegenden Nachrichten, von einer einzigen sehr glaubwürdigen Person verspürt worden.

Die längste Erstreckung  des Erschütterungsgebietes, innerhalb dessen das Erdbeben ziemlich zusammenhängend beobachtet worden ist, geht von Süden nach Norden von Wormersdorf bis Walberberg und beträgt nur vier Meilen; die Breiten-Ausdehnung hat manche Undulationen, beträgt aber, wo sie am größten ist, höchstens etwas über eine Meile. Dabei bleiben aber die drei isolierten Beobachtungspunkte Eckenhagen, Poll und Honnef ausgeschlossen, wovon der erste über 6 Meilen nordöstlich von Rheidt, dem nördlichsten Punkte in dem eigentlichen Erschütterungsgebiete, der zweite 1 Meilen nördlich von demselben Punkte, und der dritte ungefähr 14 Meilen ziemlich östlich von dem eigentlichen Erschütterungsgebiete abliegt.

Das Erschütterungsgebiet hat sich vorzüglich in den Allunionen des Rheinthales und über das von diesen begrenzte tertiäre Gebiet des Braunkohlengebirges erstreckt; Eckenhagen liegt aber in der Grauwacken- und Thonschiefer-Formation.
Die Zeitbestimmung des Erdbebens ist beinahe ganz übereinstimmend überall auf nach 10- Uhr, von Bonn aber genauer auf 10 Uhr 31-32 Minuten Abends den 25sten Mai 1842 angegeben. Nur allein der Beobachter zu Honnes will noch eine zweite Erderschütterung um 5 Uhr Morgens am 30sten Mai 1842 bemerkt haben.

Die Art und Weise, wie sich die Erschütterung kund gethan hat, will ich im Auszuge aus einigen Berichten, welche sich am vollständigsten aussprechen, folgen lassen.

Bonn. Die Erschütterung war so heftig, daß sie fast überall bemerkt wurde; die Gebäude, so wie die darin befindlichen Gerätbschaften kamen in ein ziemlich starkes Schwanken. Beschädigungen an Gebäuden sind nicht vorgekommen. Es wurde nur ein Stoß bemerkt, welcher einige Sekunden dauerte.

Bornheim. Der Erdstoß dauerte einige Sekunden; die Schwankungen waren, so viel sich in der Ueberraschung erkennen ließ, wellenartig, und gingen von Westen nach Osten oder von Südwesten nach Nordosten. Die Erschütterung war jener ähnlich, welche durch einen in der Nähe gelösten Kanonenschuß hervorgebracht wird, und machte sich durch das Schaukeln und Rütteln aller beweglichen Gegenstünde bemerklich, jedoch ohne daß dadurch die Glocken erklangen und Beschädigungen an Badwerken entstanden. Sie war von einem donnerartigen Getöse begleitet, so daß viele Leute im ersten Augenblicke die Erscheinung für die Wirkung eines Kanonenschusses gehalten haben.

Trippelsdorf in der Bürgermeisterei Sechtem. Die Schilderung stimmt ziemlich genau mit der vorstehenden überein, nur werden die wellenartigen Schwingungen in der Richtung von Südosten nach Nordwesten angegeben.

Oedekoven. Dauer 2 bis 3 Sekunden, Bewegung wellenartig, scheinbar von Nordwesten nach Südosten, Getöse wie dasjenige einer in der Nähe umgestürzten Mauer.

Heimerzheim. Der Stoß ging von Osten nach Westen, mochte ungefähr zwei Sekunden gewährt haben, und war von einein dumpfen Geräusche begleitet, ähnlich demjenigen, welches von einem in der Entfernung fallenden schweren Gegenstande herrührt. Die Bewegung war wellenartig und so stark, daß der Zimmerboden des Beobachters in Schwingungen geriet! und die bloß angelehnte Thür in starken Schlägen gegen die Thürpfosten sich bewegte.

Oberdrees und Wormersdorf. Die Dauer der Erschütterung wird ohne Zweifel viel zu lang, zu 3 bis 4 Minuten angegeben, die Bewegung soll wellenartig von Norden gegen Süden und von Süden gegen Norden gewesen seyn. Das Getöse ist auch bemerkt worden.

Vilich. Dauer höchstens ein paar Sekunden, der Stoß schien von Osten zu kommen, Getöse ist nicht beobachtet worden.

Mondorf und Rheidt. Wellenartige Schwankungen von Südosten nach Nordwesten von kurzer Dauer und so stark, daß Schlafende dadurch aufgeweckt sind, welches übrigens auch von mehren andern der oben angeführten Punkte ausgesagt wird.

Die Nachrichten von Eckenhagen, Poll und Honnef enthalten im Allgemeinen nur Beweise von ähnlichen schwachen Erschütterungen, wie sie an den vorbemerkten Punkten vorgekommen sind.

Wesentlich Denkwürdiges ist von keinem Orte bemerkt worden. Eine Angabe von Bonn, daß das Wasser eines Brunnens am Abend vor dem Erdbeben etwas getrübt, am Morgen nach demselben aber wieder klar gewesen sey, steht zu vereinzelt, um darauf einen besondern Werth zu legen. Die meteorologischen Verhältnissen scheinen auch nichts Auffallendes dargeboten zu haben.

Dies sind die wenigen Beobachtungen über das schwache Erdbeben vom 25sten Mai 1842. Bieten sie auch an und für sich keine physikalische Bereicherung in irgend einer Weise dar, so verdienen sie doch, als zur Geschichte der Erde gehörig, aufbewahrt zu werden, da man überhaupt nicht wissen kann, welche Folgerungen dereinst aus den kleinsten Thatsachen dieser Art für die Wissenschaft gezogen werden können.

[In der Zeitschrift „Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde“ erschien im Dezember 1843 im Ersten Heft des Bands 17 in der Abteilung „II. Notizen“ ein Artikel mit dem Titel „6. Das Erdbeben in der Gegend von Bonn vom 25. Mai 1842“, verfaßt von dem Bergbeamten und Geowissenschaftler Johann Jacob Noeggerath.

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