Wiederaufbauarbeiten in St. Wendel.
16000 Kubikmeter Trümmer beseitigt - 42 Bauaufträge im Jahre 1948 gestellt.
Wie so viele Städte und. Dörfer in unserer Saarheimat bot auch St. Wendel nach Kriegsende ein Bild trostloser Zerstörung, waren doch 955 Gebäude leicht, 96 mittelschwer, 55 schwer und 88 total beschädigt. Weiter waren durch die Kriegsereignisse bedeutende Schäden an Straßen, Brücken und Kanälen entstanden. Zwar gab sich die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit der Militärbehörde gleich nach Kriegsende alle Mühe, die gröbsten Mängel zu beseitigen, jedoch der damalige Mangel an Material aller Art ließ nur eine sehr beschränkte Wiederaufbauarbeit zu. Erst nach der Währungsreform und besonders in dem hinter uns liegenden Jahr begann überall dort, wo der Krieg oder die durch ihn bedingte Vernachlässigung in der Unterhaltung Spuren hinterlassen hatten, ein emsiges Werken.
Im Stadtbezirk waren insgesamt 16 000 Kubikmeter Trümmermassen aus Gebäuden und Straßen zu beseitigen. Davon wurden 12 000 Kubikmeter durch die internierten -des Theleyer Lagers sowie durch Privat - Fuhrunternehmer und in eigener Regie entfernt. Die restlichen 4000 Kubikmeter wurden während der restlichen Wochen von der Firma Hoppstätter, Neunkirchen, abgefahren. Die Fahrbahnen der Hauptverkehrs – und Durchgangsstraßen, die sich ebenso wie Nebenstraßen in äußerst schlechtem Zustand befanden, wurden soweit instandgesetzt, dass sie verkehrssicher sind. Die Wendalinusstraße erhielt eine neue Teerdecke. In der Schlachthofstraße wurde ebenfalls die Teerdecke erneuert und die Schlaglöcher beseitigt. Weiter wurden ausgebessert: die Schorlemerstraße, Wassersack, Josefstraße, Linxweilerstraße, Missionshaus –, Ostertal – und Parkstraße. Die Alsfassener Straße wurde bis zum Kreuz mit einer neuen Teerdecke versehen. Die St. Annenstraße konnte in einer Länge von 700 Metern noch nicht ausgebessert werden, jedoch soll sie in diesem Jahr eine Kleinpflasterdecke erhalten. Ausgebessert wurden ferner; Mühlwiesgäßchen, Schulstraße, Bungert-, Brühl-. Bahnhof-, Tholeyer- und. Kelsweilerstraße, Gudesberg und Lanzenberg. Der Kapellenweg wurde durch die Firma Blum ausgebaut. Außerdem wurden in verschiedenen Straßen kleinere Instandsetzungsarbeiten durchgeführt.
Die Straßenbrücke über die Blies in der Brühlstraße wurde durch die Firma Rektenwald (Marpingen) In Eisenbeton wieder aufgebaut. An der Bliesbrücke Felsenmühle wurde eine Holzkonstruktion zur Sicherung eingebaut. Die Holzbrücke im Park mußte wegen Einsturzgefahr vollständig beseitigt werden. An der Wurzelbacher Ziegelhütte ist die Brücke im Zuge des Feldweges, die durch Militärfahrzeuge beschädigt worden war, mit in der Nähe geschlagenem Holz neu aufgebaut worden. Die Bachläufe Blies, Todtbach und Bosenbach waren stark verunreinigt. Die Räumung von Anschwemmungen und Trümmern mußte zweimal durchgeführt werden, um dem Wasser die nötige Vorflut zu verschaffen.
Als Aufgabe für dieses Jahr bleibt die durchgreifende Renovierung der restlichen Orts- und Wohnstraßen. Ebenso müssen die Bürgersteige neu hergerichtet werden. Die städtischen Kanäle sind trotz dauernder Unterhaltung und Verbesserung noch nicht auf ihrem früheren Stand. Die Kläranlage selbst ist total versandet und muß unter Aufwendung erheblicher Mittel wieder in betriebsfähigen Zustand versetzt werden. Ferner müssen mehrere Wohnstraßen, welche bereits bebaut sind, an die städtische Kanalisation angeschlossen werden.
Zur besseren Orientierung und zur Steuerung des Verkehrs auf den Straßen wurden die Wegweiser, Hinweiszeichen sowie die Verbots- und Gebotszeichen erneuert.
Im vergangenen Jahr wurden insbesondere in den meisten städtischen Dienst- und Wohngebäuden Instandsetzungen und Überholung vorgenommen, was vorher wegen Materialknappheit nicht möglich war. An größeren Instandsetzungen waren zu nennen:
ein Deckung der Dächer der städtischen Gebäude am Hollerstock, Verglasung sämtlicher Fenster; das Gebäude Sankt Annenstraße 62 wurde hergestellt und von 3 Familien bezogen; die beiden Gebäude in der Fausenmühle erhielten eine neue Dachdeckung und wurden durch Schreiner- und Maurerarbeiten instandgesetzt; im Gebäude Mommstraße 45 wurden 3 Wohnungen fertiggestellt; das ehemalige Amtsgerichtsgebäude in der Carl-Cetto-Straße konnte im Rohbau fertiggestellt werden. Im Alten Rathaus wurden nach Auszug der Polizeidienststelle Instandsetzungen für die Aufnahme des Kulturheimes, der Bücherei und des Archives durchgeführt. Am Schlachthof oder entlang der Anlagen ein Parkplatz und eine Zufahrt zum Stallgebäude geschaffen. Auf dem Holzgelände wurde eine Stallbaracke errichtet und daneben eine Bürobaracke aufgestellt. Im Innern des Schlachthofes wurde der alte Stall ausgemauert, die Kühlanlage vollständig überholt und das gesamte flache Dach über der Halle erneuert und der Fußboden im Innern ausgebessert. Im Rathaus wurde das flache Dach des Seitenbaus erneuert und das Schieferdach des Hauptgebäudes repariert, ferner wurde der in Anstrich durchgeführt und die Heizung durch Einbau eines 2. Kessels verstärkt. Im 1. Stock wurden 13 schadhafte Fenster erneuert. Im Hildegardisheim, in welchem seit dem Auszug der Kreiskommandantur das Amtsgericht, Landgericht und Katasteramt untergebracht ist, wurden die laufenden Instandsetzungen durchgeführt. In der ehemaligen Kapelle im Erdgeschoss ist heute der Sitzungssaal mit einem Beratungszimmer. Die Urweiler Mühle ist laut Testament Werle mit Jahresabschluss 1943 an die katholische Kirchengemeinde Sankt Wendelin übergegangen. Auf einer städtischen Parzelle am Hollerstock konnten mit Regierungszuschuss 3 Behelfsheim mit je 2 Wohnungen errichtet werden, die seit Mitte Dezember bewohnt sind (wie wir erfahren, ist der Mietpreis recht hoch).
In der Mott wird zur Zeit an einer neuen Bedürfnisanstalt mit einem unterstellte Raum für Omnibusfahrgäste gearbeitet. In der Autohalle in der Schlachthofstraße ist die Errichtung eines Feuerwehrschlauchturmes geplant. Die Projekte sind bereits zur Genehmigung vorgelegt. Auch an den einzelnen Schulgebäuden (wir haben vor einiger Zeit näher darüber berichtet) wurden größere Reparaturen vorgenommen. Die Straßenbeleuchtung wurde nach Instandsetzung wieder in Betrieb genommen. Zur Zeit sind 127 Laternen (102 elektrische und 25 Gaslampen) In Betrieb.
Aus verkehrstechnischen Gründen wurden die Brunnen beim Gasthaus Tholey und in der Neumarktstraße entfernt. Die Brunnen in Alsfassen sowie der Wendelinusbrunnen in der Balduinstraße erhielten eine Erneuerung. Die Wasserversorgung auf dem Winkenbacherhof war durch Beschädigung der Wassererfassung und Verkrustung der Zuleitungsrohre teilweise unterbrochen. Die Quelle wurde neu gefasst und mit Zementrohren zu einem Sammelbecken ausgebaut.
Der Sportplatz an der Turnhalle ist unter Mitwirkung von Sportvereinsmitgliedern neu einplaniert und ab gewalzt worden. Ferner wurde die Umzäunung ausgebessert und um das Gelände mit Schuttmassen eine Erhöhung geschaffen. Eine neugebaute Kanalleitung leitet die Niederschlagswasser ab. Die Fahrzeuge der Feuerwehr wurden aufgrund eine Regierungsanordnung neu gestrichen. Die bei einem Brand auf dem Missionshaus beschädigte fahrbare Motorspritze konnte nach einer Reparatur mit einem Kostenaufwand von 90.000 Franken wieder in Betrieb genommen werden. Weiter wurden sämtliche Fahrzeuge der Feuerwehr überholt und an den Feuerwehrgerätehäusern die erforderlichen Instandsetzungen durchgeführt.
Der städtische Friedhof einschließlich der Anlagen war stark verwahrlost und teilweise durch Kriegseinwirkungen beschädigt. Für die Anlegung des Ehrenfriedhofs mußte eine Wasserleitung von ca. 300 Metern verlegt werden. Die notwendigen Rohre wurden im Park ausgegraben. Vier neue Wasserentnahmestellen sind heute vorhanden. Als Tröge wurden die innerhalb der Stadt abgebauten Brunnen verwendet. Aus betrieblichen Gründen legte man hinter dem Friedhof eine Friedhofsgärtnerei mit Frühbeeten in der Größe von 1 ½ Morgen an. Die schadhafte Einzäunung des Friedhofes wurde ausgebessert und die Mauer in einer Länge von ca. 50 Metern wieder erstellt. Mehrere Friedhofsviertel sind neu angelegt und die Wege ausgebaut worden. Der Ehrenfriedhof ist mit 600 Soldatengräbern belegt. 100 Personen sonstiger Nationalität sind ebenfalls hier bestattet. Anschließend sei noch erwähnt, daß beim städtischen Bauamt im vergangenen Jahr 42 Bauanträge gestellt wurden, was – 1947 waren es nur 21 – der beste Beweis ist, daß die Bevölkerung gewillt ist, beim Wiederaufbau nicht zurück zu stehen. Nicht zuletzt sei auch erwähnt, daß sich die St. Wendeler Geschäftswelt alle Mühe gegeben hat, dem Stadtbild wieder ein friedensmäßiges Gesicht zu geben, und wir heute der Stadt einen Besuch abstattet, ist – abgesehen von dem „Schönheitsfehler Bahnhof“ - überrascht von dem sauberen unfreundlichen Bild, das fast durch nichts mehr von dem einstigen, vorkriegsmäßigen Bild zu unterscheiden ist.
Quelle: St. Wendeler Volkszeitung, Kreiszeitung St. Wendel, 11. Januar 1949