Schriftzug

L. Geschehnisse.

(L.1) Was über 1842 1842 nicht im Volksblatt steht.
[erschienen im Volksblatt 1843 und anderswo]

Das Unglücksjahr 1842.
Wenige Jahre lassen sich in der Weltgeschichte auffinden, die sich in der Häufung von großen Unglücksfällen auf so betrübende Weise ausgezeichnet haben, wie dasjenige, welches wir zurückgelegt haben [verfaßt 1843]. Wir geben hier eine gedrängte Uebersicht der bedeutendsten Unglücksereignisse desselben in chronologischer Ordnung:

Januar.
Am 22. Brand von Drontheim in Norwegen. Es brannten 300 Häuser nieder.

[Am Samstagabend, dem 22. Januar 1842, um acht Uhr abends, brach in Trondheim ein verheerender Brand aus. 371 Wohnhäuser brannten nieder und 3000 Menschen wurden obdachlos. Dies war der zweite große Brand in der Stadt in nur neun Monaten.
Die Holzhausstadt Trondheim wurde in den 1840er Jahren von fünf Stadtbränden heimgesucht. Die Stadtverwaltung hatte mehrfach eine Richtlinie nur für Backsteinbauten geprüft, diese wurde schließlich 1846 initiiert. Man hatte zuvor gegen Backsteinbauten argumentiert, weil man behauptet hatte, das Klima in Trondheim sei ungünstig für Baumaterialien wie Ziegel und Stein!
=> https://www.ntnu.no/blogger/ub-spesialsamlinger/en/2017/01/18/the-city-fire-of-1842/]

Schreckliche Niederlagen der Engländer durch die Afghanen.

[„Die Überlandpost aus Ostindien ist zu Marseille angekommen; die Daten sind aus China vom 18. Januar, aus Jellalabad, jenseits des Indus, vom vierundzwanzig Januar, aus Calkutta vom 17. Februar und aus Bombay vom 1. März. Die an Bedeutung alles Andere überwiegende Nachricht, mit den jüngsten Depeschen aus Bombay eingelaufen, ist die, welche alle Furchtbare, was man bis daher von dem Geschick des englischen Heeres in Afghanistan bald wusste, bald nur ahnte, in jeder Beziehung vollkommen bestätigt. Die britischen Truppen zu Cabul (unter General Elphinstone) capitulirten am 5. Januar. Sie sollten frei abziehen dürfen; aufgebrochen am 6. Januar wurden sie drei Tage später auf dem Marsch angegriffen und fast ganz aufgerieben; am 12. Januar waren von 5500 Mann, die aus Cabul abzogen, noch 300 beisammen; Dr. Brydon (dessen bezweifelt der Bericht sich somit als authentisch ausweist) erreichte Jellalabad am 13. Januar. – Die britische Armee in Cabul zählte am 1. November von 12 bis 16.000 Mann. Von diesen allen sind kaum zehn dem Feind entronnen; 300 geriethen in Gefangenschaft; die übrigen sind umgekommen. General Elphinstone, Oberst Shelton, und neun Lieutenants sind nebst vierzehn Offiziersfrauen in Ukhbar Khan’s Hände gefallen.   Die Chilzies (der Afghanenstamm, von welchem die Insurrection ausgegangen ist) sind drei Monat im Feld geblieben, vom 9. October an, als sie Oberst Dennin angegriffen, bis zum 12. Januar, dem Tag, an welchem sie den Rest des britischen Heeres bei Jugbulluck vernichteten (Einzelheiten der Tragödie von Afghanistan werden wir nachbringen; für heute genüge die befremdliche Angabe, daß Schah Soojah, der Duranier, für welchen so viele kostbare Opfer gebracht worden sind, in Cabul zurückgeblieben ist, sich in der Zitadelle hält, die Afghanen unter seine Fahne zieht, und den Britten mit bitterer Ironie sagen läßt: Truppen brauche er nicht – wenn sie ihm aber ein paarmalhundertausend Pfund Sterling schicken wollten, würde es ihm ganz angenehm seyn.)“
Quelle: Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Beilage zu Nr. 96, 7. April 1842]

Februar.
Untergang des Dampfboots Mohikan bei Neu=Orleans, durch das Springen des Kessels verursacht.

[Als der Dampfschlepper Mohican am 19. Februar 1842 zusammen mit dem Schlepper Star damit beschäftigt war, das britische Schiff Edward Thorn über eine Untiefe in der Nähe von New Orleans zu schleppen, zerplatzten alle seine Kessel und verursachten den Tod von zwölf Personen. Die Mohican geriet unmittelbar nach der Explosion in Brand und wurde vollständig verbrannt. Einer der Kessel des explodierten Schiffes wurde auf dem Vorschiff des im Schlepptau befindlichen Schiffes gefunden. Der Unfall wird auf Wassermangel in den Kesseln zurückgeführt.
Leutnant Bokup, einer der in Balize stationierten Steuerbeamten, starb, als er vom Deck der Mohican auf das Deck der Star geschleudert wurdet. Der Maat des englischen Schiffes kam ums Leben, und der Kapitän wurde gefährlich verletzt. Kapitän Heaton von der Mohican wurde schwer verletzt. Zwei Ingenieure, zwei Feuerwehrmänner und drei Decksleute der Mohican kamen ums Leben.   => https://www.steamboats.org/archive/9117-2.html]

März.
Auf der Insel Java wird durch den Ausbruch eines Vulkans eine ganze Landschaft mit 490.000 Kaffeebäumen verschüttet.

April.
Das neue Dampfschiff Medora (Dienst zwischen Baltimore und Norfolk) flog durch Zerplatzen des Kessels mit 150 Personen in die Luft.

[Am Nachmittag des 14. April 1842 wurde das gerade fertiggestellte Dampfschiff Medora in Baltimore für einen Probelauf vorbereitet, bevor es seinen zukünftigen Eigentümern, der Baltimore and Norfolk Steam Packet Company, übergeben wurde. Die Medora wurde gebaut, um die Dampfschifflinie zwischen Baltimore, Maryland und Norfolk, Virginia, zu befahren.

=> https://sites.rootsweb.com/~chesapeake/newspaper_transcriptions/medora/medora.html]

Es handelte sich um ein wunderschönes Seitenraddampfschiff, das von der Virginia and Maryland Steam Navigation Company in Baltimore, Maryland, gebaut wurde.
Um 3 Uhr lag die Medora im Hafen von Baltimore an der Südseite des Beckens am Kai des Establishment of John Watchman. Etwa um halb drei, als die Glocke läutete und ihr Motor ansprang, explodierte ihr Kessel nach nur zwei Umdrehungen ihrer Schaufeln. 28 Menschen starben und 40 wurden verletzt.]

Brand in Pozega (Kroatien); 200 Häuser.
[Den 29. April ward die königliche Freistadt Posega (Pozeg) in Slavonien (sechs Stunden von der türkischen Grenze) in Zeit von einer Viertelstunde zur Hälfte so schnell durch ein Feuermeer verheert, daß man glaubte, das Feuer sei wie durch eine electrische Berührung schlagartig in der Luft verbreitet worden. 168 Häuser, ohne die Nebengebäude, wurden ein Raub der Flammen; der schönste Theil der Stadt, sämmtliche am Hauptplatze gelegenen Gebäude, die herrliche Franziskanerkirche nebst Kloster, die griechische Kirche, das Komitat, das Stadthaus, das Bürgerspital brannten bis auf die kahlen Mauern nieder; 220 Familien wurden obdachlos und 5 Menschen kamen in den Flammen um
aus: Alexander Theodor Nahl, Meteorologische und naturhistorische Chronik d Jahres 1842, Bd 1]

Brand von Powidz (Provinz Posen); 64 Gebäude brennen ab.

[Gnesen, 25. April. (Pr.St.Z.) Der hiesige Kreis wurde seit einigen Tagen durch Brandunglücke erheblich beunruhigt. Am 22. Abends zwischen 11 und 12 Uhr brannte das Rittergut Ruchocin vollständig ab, nachdem erst eine Stunde vorher in dem nur etwa zweitausend Schritt davon entfernt gelegenen Skaper Holland, Wreschner Kreises, eine Holländer Wirthschaft abgebrannt war. Am 21. brannte, fast zu derselben Abendstunde, das Rittergut Ruchczynek, welches mit Ruchocin grenzt, bis auf das herrschaftliche Wohnhaus ebenfalls vollständig ab, und endlich kam am 22. Abends in der nahegelegenen Stadt Powidz ein Feuer aus, welches 64 Gebäude in Asche legte. Der durch diese Brände angerichtete Schaden ist noch nicht festgestellt, dürfte aber den Betrag von 20,000 Reichsthalern weit übersteigen. Der auffallende Umstand, daß diese Brände in einem ganz nahen Umkreise fast immer zu derselben Abendstunde stattfanden, leitet schon auf den Verdacht einer absichtlichen Brandstiftung durch ein und dieselbe ruchlose Hand. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes entwickelte die Polizeibehörde die möglichste Energie, und es gelang der durch den Kreislandrath an Ort und Stelle geleiteten Untersuchung, den Brandstifter in der Person des 20jährigen Dienstjungen Joseph Kilinski zu ermitteln und denselben zum Eingeständniß zu bewegen, weßhalb auch der Kilinski der betreffenden Gerichtsbehörde übergeben worden, vor der er, wie verlautet, seine Bekenntnisse auch schon gerichtlich bestätigt hat. Dadurch den Landrath auch der objective Thatbestand in dem Maße festgestellt worden ist, daß über die Thäterschaft des Kilinski kein Zweifel obwaltet, so ist die Beruhigung der durch diese Brände in hohem Grade aufgeregt gewesenen Gegend wiederum eingetreten. Der Kilinski trieb sich Dienst los in der Umgegend umher und suchte seinen Unterhalt durch betteln zu erlangen. Dabei will er an mehreren Orten unfreundlich behandelt worden seyn, und er gibt an, daß dadurch der Trieb auf Rache in ihm erweckt worden sey. Da er jedoch noch an demselben Tage, an welchem er das Rittergut Ruchczynek ansteckte, daselbst ein Almosen empfangen hatte, so kann eine Veranlassung zur Rache nicht unbedingt zugegeben werden; es dürfte vielmehr eine partielle Geistesverwirrung bei dem Kilinski vorbehalten, worüber die weitere Untersuchung entscheiden muß.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Beilage zu Nr. 125, 7. Mai 1842.]

Brand der preußischen Stadt Büren (Regierungsbezirk Minden); 37 Gebäude.
[Büren (im Regierungsbezirk Minden), 1. Mai. Gestern früh um 2 Uhr wurde unsere Stadt abermals von einer furchtbaren Feuersbrunst heimgesucht, welche in kurzer Zeit sechsundzwanzig Wohnhäuser und eine Scheune in Asche verwandelte. Die unglücklichen Bewohner derselben, aus dem tiefsten Schlaf aufgeweckt, haben fast nichts gerettet, viele sogar die tägliche Kleidung eingebüßt.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Beilage zu Nr. 131, 13. Mai 1842]

Mai
(der Fürchtbarste Monat unter allen).

Den 3. Brand von Steyr in Österreich
273 Häuser brennen ab.

[Steyr, 7. Mai. Ein schwerer Schlag hat Steyr getroffen – unbestreitbar ist das Elend, welches wenige aber furchtbare Stunden über unsere Stadt gebracht haben; nicht zu ermessen sind die traurigen Folgen. Am  3. des Monats nachmittags um 4 Uhr brach in der Vorstadt Steyrdorf Feuer aus. Mit rapider Schnelligkeit durch einen heftigen bis nach Mitternacht andauernden Sturmwind unterstützt pflanzte sich dasselbe unaufhaltsam über den bedeutenden sehr bewohnten Vorstadttheil fort und der eifrigste fortgesetzten zweckmäßig angewandten Anstalten spottend hatte es bis 6 Uhr Morgens des andern Tags nach vorläufiger Erhebung 243 Häuser in Asche nun nun gelegt. Fürchterlich ist der Anblick! Ruinen, ausgebrannte Gemäuer stehen da, wo zur Tag= und Nachtzeit in emsiger Arbeit ertönende Werkstätten gestanden sind; Leichen werden gefunden, Weiber und Kinder jammern und wimmern; Männer, kaum bekleidet, irren mit versengten Haaren und rothglühenden Augen umher und haben keine Thräne mehr, um das Schreckliche zu beweinen, was sie getroffen. Es sind die Bewohner dieser Häuser fleißige Arbeiter: Feilschmiede, Nagelschmiede, Messerer, Klingschmiede - alle die Emsigen, welche Tag und Nacht in schwere Arbeit sich gemühet hatten, um sich und den Ihrigen das tägliche Brot zu erwerben.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Nr. 134, 17. Mai 1842.]

Den 5. bis 8. Brand von Hamburg.

Es werden ein Raub der Flammen: 75 Straßen, 1749 Häuser, 1508 Säle, 188 Buden, 474 Keller; im Ganzen 4219 Feuerstellen, 102 Speicher und 9 Stallungen. Die Zahl derjenigen, die dadurch um ihre Wohnungen gekommen sind, beträgt 19.099 Seelen.

Den 7. bis 10. großes Erdbeben auf der Insel St. Domingo.

Die Stadt Cap=Hayti stürzt theils in Trümmer, theils wird sie von einer Feuersbrunst in Asche gelegt; 7000 Menschen büßen ihr Leben dabei ein.
[Das Erdbeben in Cap-Haïtien im Jahr 1842 ereignete sich am 7. Mai um 17:00 Uhr Ortszeit. Es hatte eine geschätzte Stärke von 8,1 auf der Richterskala und löste einen zerstörerischen Tsunami aus. Die Nordküste Haitis und ein Teil der heutigen Dominikanischen Republik wurden schwer getroffen. Port-de-Paix erlitt die größten Schäden durch Erdbeben und Tsunami. Etwa 5.000 Menschen kamen durch die Auswirkungen des Erdbebens ums Leben, weitere 300 durch den Tsunami.
Die Insel Hispaniola liegt nicht weit von der Stelle, wo die nordamerikanische mit der karibischen Platte interagiert. Die gesamte Verschiebung von 4 cm pro Jahr entlang dieser Grenze verteilt sich nahezu gleichmäßig auf zwei große rechte seitliche Stoß- und Ziehzonen auf beiden Seiten der Gonâve-Mikroplatte. Im Süden befindet sich die Verwerfungszone Enriquillo-Plantain Garden, die sich von Jamaika im Westen bis südöstlich von Hispaniola im Osten erstreckt. Im Norden liegt die Septentrional-Oriente-Verwerfungszone, die entlang des südlichen Randes Kubas und des nördlichen Teils von Hispaniola verläuft. Beide Verwerfungszonen werden mit mehreren großen historischen Erdbeben in Verbindung gebracht.
Das Erdbeben war auch anderswo zu spüren, z.B. im Süden Kubas, auf Jamaika, Puerto Rico und auf den Antillen.
Der Tsunami traf die Nordküste Haitis und die heutige Dominikanische Republik. Der höchste Anstieg von 4,6 Metern wurde in Port-de-Paix beobachtet. Entlang eines Großteils der Nordküste stieg das Wasser um zwei 2 Meter.
Die Region, die den größten Schaden erlitt, war das Nordkapgebiet, wobei es entlang der Nordküste bis nach Santiago de los Caballeros (heute in der Dominikanischen Republik) erhebliche Schäden gab. Auch die Städte Cap-Haïtien, Port-de-Paix, Môle-Saint-Nicolas und Fort-Liberté waren stark betroffen. Der Sans-Souci-Palast von Henri Christophe wurde schwer beschädigt und nie wieder aufgebaut.
Bei Port-de-Paix zog sich das Meer um 60 m zurück, bevor es zurückkehrte und die Stadt mit 5 m Wasser überschwemmte, wobei zwischen 200 und 300 Einwohner starben. Die Auswirkungen des Tsunamis in Môle-Saint-Nicolas waren katastrophal und ließen fast keinen Teil der Stadt unverschont.
=> https://en.wikipedia.org/wiki/1842_Cap-Ha%C3%AFtien_earthquake]

Den 8. Unglück auf der Versailler Eisenbahn.

Der Zug besteht aus 20 Wagen mit etwa 800 Passagieren. Zwischen Clarmat und Meudon bricht die Achse der ersten Lokomotive; die zweite stößt darauf; die Waggons werden aus den Schienen geschleudert, fangen Feuer. 80 Menschen getödtet; theils zerschmettert, theils verbrannt; 150 sind mehr oder weniger verwundet.

[Der Eisenbahnunfall von Versailles vom 8. Mai 1842 bei Meudon gehört zu den schwersten Katastrophen im Eisenbahnverkehr des 19. Jahrhunderts.
Die Eisenbahnstrecke von Paris nach Versailles wurde 1840 als erster Abschnitt der Bahnstrecke Paris–Brest der Compagnie du chemin de fer de Paris, Meudon, Sèvres et Versailles eröffnet.
Zu Ehren König Louis-Philippe wurde am 8. Mai 1842 im Garten des Schlosses Versailles ein öffentliches Fest gegeben. Zahlreiche Besucher, auch aus Paris, kamen nach Versailles. In Erwartung des Rückreiseverkehrs hatte die Bahngesellschaft alle ihre Kapazitäten aufgeboten: Der Zug, der um halb sechs vom Bahnhof Versailles Rive Gauche abfahren sollte, wurde aus 17 Wagen gebildet, wovon drei Wagen die erste Klasse, die anderen die zweite und dritte Klasse führten. Von letzterer waren zwei Wagen offen. Alle Wagen waren Abteilwagen ohne Verbindung der einzelnen Abteile untereinander und weitestgehend aus Holz gebaut. Insgesamt war der Zug etwa 120 Meter lang und transportierte ungefähr 770 Reisende und Personal. Da die Bahnverwaltungen dem Umgang der Reisenden mit der neuen Technik misstrauten, wurden damals die Türen aller Wagen verschlossen, damit niemand während der Fahrt „aussteigen“ oder herausfallen konnte.
Der Zug verkehrte aufgrund seiner Last mit Vorspann, d.h. er wurde von einer kleinen britischen A 1-Lokomotive von Matthieu-Murray gezogen, der als Zuglok ihr die größere l'Éclair-Lokomotive folgte. Der Zug erreichte bei Meudon eine Geschwindigkeit von etwa 40 km/h.
Unmittelbar nach dem Passieren der Straße Pavé des Gardes, die – damals noch vor Meudon (heute innerhalb der Stadt) – die Eisenbahnlinie kreuzt, erlitt die führende Lokomotive einen Bruch einer Achswelle, entgleiste und rutschte in einen Graben. Der Tender schob sich auf, ebenso die folgende zweite Lokomotive, die umstürzte. Über die beiden Lokomotiven schoben sich dann die drei folgenden Personenwagen, zwei weitere schoben sich ineinander. Der Kessel der Lokomotive explodierte und entzündete sowohl den verteilten Koks aus den Schlepptendern der beiden Lokomotiven als auch die darüber- und hineingeschobenen Wagen. Das Feuer verbreitete sich wegen der Holzbauweise der Wagen schnell. Wegen der verschlossenen Wagentüren konnten sich viele Reisende nicht befreien und verbrannten.
Mindestens 50 Menschen starben. Die genaue Zahl der Toten konnte nie ermittelt werden, da die Zuordnung der zerrissenen und verkohlten Körperteile aufgrund der großen Hitze schwierig war. Viele Opfer waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Über 100 weitere Reisende wurden verletzt. Andere Quellen beschreiben das Unglück als deutlich schwerer, mit bis zu über 200 Toten. Unmittelbar nach dem Unfall berichtete die Presse von 50–60, später von mindestens 100 Toten.
Die Zuordnung der Leiche des Admirals Jules Dumont d’Urville, eines bekannten Entdeckungsreisenden, gelang nur durch ein paar Kleidungsdetails sowie einen Vergleich mit einem Schädelabdruck, den ein Arzt aus Interesse für Phrenologie von ihm einmal angefertigt hatte. Diese Identifizierung gilt als eine der ersten durch Methoden der modernen Rechtsmedizin.
Der Erzbischof von Paris ordnete an, am 13. Mai um 10.00 Uhr in allen Kirchen Messen für die Opfer zu lesen. Zum Gedenken an die Toten wurde an der Unfallstelle eine (heute nicht mehr existierende) Kapelle errichtet, die am 16. November 1842 vom Bischof von Versailles in Anwesenheit zahlreicher Angehöriger der Opfer eingeweiht wurde und deren Schutzheilige Notre-Dame-des-Flammes war. Über dem Eingang des Baus war die Inschrift „Den Opfern des 8. Mai!“ angebracht. François-Marie Lemarié, der Architekt der Kapelle, war selbst der Katastrophe entgangen, hatte aber einen Sohn sowie zwei nahe Angehörige verloren.
=> https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenbahnunfall_von_Versailles]

Den 9. bis 11. Brand in den Novo Ußolkyschen Salzwerken (in Rußland)
600 Häuser, 15 Magazine und 30,000 Faden Brennholz werden in Asche verwandelt.

Den 24. Brand von Berga (im Weimarschen); 100 Häuser.
[Greiz, 25. Mai. (L.Z.). Das Städtchen Berga, – im Großherzogthum Sachsen Weimar – (3 Stunden von hier) ward gestern Abend um 5 ½ Uhr von einer furchtbaren Feuersbrunst vernichtet, indem ihn kaum 3 Stunden über 100 Häuser in einen Aschenhaufen verwandelt wurden. Die unglücklichen Bewohner haben von ihren Habseligkeiten nur sehr wenig zu retten vermacht. Zum Glück ward die Kirche und die Schule und das herrschaftliche Schloß erhalten.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Beilage zu Nr. 147, 30. Mai 1842]

Den 30. Brand in Jefremow (Rußland), 110 Häuser.
[An demselben Tage brannten in der Stadt Jefremov im Gouvernement Tula 110 Wohnhäuser und 24 Buden, mit einem Schaden von 441,415 Silberrubeln, ab.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842. Eine Zusammenstellung der in dem Jahre 1842 vorgekommen Brände, zur Kunde der Mit= und Nachwelt herausgegeben, Eisenberg, 1843, Verlag der Schöne’schen Buchhandlung.]

Juni.
Den 5. Einsturz der Decke des Reithauses in Schleiz während einer Theatervorstellung; 21 Todte und gegen 100 Verwundete.
[Schleiz, 6. Juni. Ein gräßliches Unglück hat gestern die Bewohner unserer Stadt betroffen. Im Theater, bei vollem Saale, fiel die Decke ein, wobei Hunderte von Menschen verwundet, einige getödtet, und beim Drängen nach dem Ausgange noch viele erdrückt wurden. – Im Ganzen sind bis jetzt Neun und zwanzig Todte gefunden worden; einige der Verwundeten werden wohl noch sterben müssen.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Nr. 157, 10. Juni 1842.]

Brand von Rottdorf (Hanover); das ganze Dorf von 62 Häusern brennt nieder.
[Fallersleben, 10. Juni. (Hannoversche Zeitung). In der Nacht vom 5. auf den 6. des Monats hat in dem Dorfe Rottorf, in der äußersten Spitze des hiesigen Amtsbezirks belegen, eine furchtbare Feuersbrunst gewüthet. Das ganze Dorf, mit Ausnahme eines Ackerhofes, der Kirche und Schule, wurde in ein paar Stunden eingeäschert. Zweiundsiebzig Häuser und Nebengebäude sind von den Flammen verzehrt; 9 Ackerleute, 8 Kothsassen* und gegen 20 Häuslingsfamilien haben Alles verloren, denn bei der großen Dürre dem schnellen Umsichgreifen des Feuers konnte nicht gerettet werden. Das Unglück ist groß. Der vaterländische Wohlthätigkeitssinn, so sehr er auch durch die vielen Unglücksfälle ähnlicher Art in Anspruch genommen wird, hat sich schon zu oft bewährt, als daß diese Unglücklichen nicht eine Erleichterung ihrer Noth von demselben hoffen dürften.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Nr. 165, 17. Juni 1842.
* Kothsassen: Bauern, die Handdienste leisten mussten. wikipedia.
** Ein Häusling war ein Pächter, dem ein Bauer gegen einen geringen Mietzins eine Wohnung und ein Stück Gartenland zur eigenen Bewirtschaftung zur Verfügung stellte. Im Gegenzug verpflichtete sich der Häusling, im Betrieb des Bauern mitzuarbeiten. Die Häuslingsfamilie lebte mit Schweinen, Rindern und Hühnern unter einem Dach (Quelle: https://www.heimatmuseum-scheessel.de/ museum/blaudrucktour/haeuslingshaus]

Brand von Wasserbillig (bei Trier); 80 Häuser.
[Trier, 12. Juni. (Trierer Zeitung) Am gestrigen Tage wurde der 4 Stunden von hier entfernte Luxemburg Gränzort Wasserbillig von einem großen, fast den ganzen Ort verheerenden Brandunglücke betroffen, indem das gegen Mittag in einem Hirtenhause daselbst, durch eine bis jetzt noch unerwartete Ursache, ausgebrochene Feuer bis gegen Abend, also in wenigen Stunden, bei dem Mangel an Feuerlöschgeräthschaften, sich überall und so weit verbreitete, daß von sämmtlichen Gebäuden, etwa 80 an der Zahl, nur die Kirche, die Pfarrwohnung und das Schulhaus ganz und einige wenige Häuser theilweise gerettet worden sind. Außerdem ist mit dem Verlust der größten Theils zerstörten Mobiliarschaft der Einwohner auch das Leben einer betagten Frau, welche, vom Feuer verzehrt, unter der Treppe gefunden wurde, auch, wie es heißt, das eines Kindes das Opfer des verheerenden Elements geworden und der Schaden an den Gebäuden für deren Eigenthümer umso drückender, als bis jetzt noch keine vaterländische Feuerversicherungsgesellschaft besteht und nur wenige in ausländischen versichert sind.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Nr. 165, 17. Juni 1842.]

Brand in Frimar (bei Gotha); 86 Häuser.
[Koburg, 18. Juni. (Fr. M.) Die Vorbereitungen in Gotha zu der Empfangsfeierlichkeit bei dem bevorstehenden Einzug der durch. Erbherrschaften haben leider mit Grausen und Schrecken begonnen. Es sollte dicht am Eingange der großen Erfurtergasse ein großer Triumphbogen gebaut werden. Die eine Säule war bereits auf gezimmert, die andere halb, da stürzte am 15., zwischen 5 und 6 Uhr, die erstere, auf welcher sich eben 6 Arbeiter befanden, ein, und begrub die Leute unter dem Gebälk. Der Zimmergeselle, welcher in der höchsten Spitze arbeitete, wurde weit fortgeschleudert, kam aber unbeschädigt davon. Von den andern wurden 4 mehr oder minder schwer verletzt, und einer, dem die Brust zerschmettert wurde, starb 1 Stunde darauf. Noch war die Stadt mit Schrecken erfüllt, als plötzlich die Kunde eines neuen Unglücks sich verbreitete. In dem, eine gute Stunde von Gotha entfernten, großen und wohlhabenden Dorfe Friemar (286 Wohnhäuser) war Feuer ausgebrochen. Zwar eilte Hülfe von allen Seiten herbei, aber Friemar hat kein Wasser, und um 10 Uhr Abends waren die Brunnen erschöpft. Es brannten, soviel man bis jetzt hat ermitteln können, fünf und achtzig Wohnhäuser, ohne Scheunen und Ställe, ab, und nur dem Umspringen des Windes gegen 12 Uhr verdankt man die Erhaltung des übrigen Dorfes und der Kirche. Dieses zweifache Unglück im Laufe einiger Stunden hat einen schlimmen Eindruck gemacht, und dürfte dem Leben des Festes Eintrag thun. Morgen Nacht wird der Herzog und Montag den 20. Juni die Erbherrschaft nach Gotha abreisen. Die Frau Herzogin ist bereits diesen Morgen dahin abgegangen, wird einen Theil des Sommers auf dem reizendgelegenen Schlosse Rheinhardsbrunn unweit Gotha verweilen.
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Nr. 171, 23. Juni 1842.]

Großer Sturm in den franz. Departements der Loire, Saone und Rohne; 130 Häuser und ganze Wälder werden niedergerissen und mehrere Menschen getödtet.

Brand von Tourteron (Depart. des Ardennes); 250 Häuser.

Den 28. Brand von Steinbach (bei Giesen); 23 Wohn=, 112 Nebengebäude und 48 Scheunen, 284 Personen wurden obdachlos.
[An demselben Tage brannten in der Stadt Jefremov im Gouvernement Tula 110 Wohnhäuser und 24 Buden, mit einem Schaden von 441,415 Silberrubeln, ab.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842. Eine Zusammenstellung der in dem Jahre 1842 vorgekommen Brände, zur Kunde der Mit= und Nachwelt herausgegeben, Eisenberg, 1843, Verlag der Schöne’schen Buchhandlung.]

Brand im Bad Salzbrunn (in Schlesien) [heute Szczawno-Zdrój, Polen]; 31 Gebäude.
[Am Vormittage des 26. Junius wurde Salzbrunn von einer Feuersbrunst betroffen. Da sich dieselbe auf den ¼ Brunnenetablissement entlegenen unteren Theil des Dorfes beschränkte, so blieben sämmtliche Gast= und Logirhäuser für Kurgäste unversehrt.
Im Ganzen zählte man, ohnerachtet es an vier Orten brannte, 31 Feuerstellen, darunter siebzehn Bauerngüter nebst Nebengebäuden.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand in Wasmünster (im Elsaß) 60 Gebäude.
[Am Vormittage des 26. Junius wurde Salzbrunn von einer Feuersbrunst betroffen. Da sich dieselbe auf den ¼ Brunnenetablissement entlegenen unteren Theil des Dorfes beschränkte, so blieben sämmtliche Gast= und Logirhäuser für Kurgäste unversehrt.
Im Ganzen zählte man, ohnerachtet es an vier Orten brannte, 31 Feuerstellen, darunter siebzehn Bauerngüter nebst Nebengebäuden.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Juli.
Waldbrand bei Langhard (bei Coblenz); 200 Morgen Waldung werden in Asche gelegt.

Den 13. Tod des Herzogs von Orleans; herbeigeführt durch einen Sprung aus dem Wagen, während die Pferde durchgingen; auf dem Wege zwischen Paris und Neuilly.
[Heute würde es genauso gehen wie damals – Halbinformationen werden gestreut, dann gibt’s Panik, vor allem dort, wo aus dem Bauch gehandelt wird:

„Neueste Nachrichten.
Paris, 13. Juli. Stand der Rente: 5 pCt. 118.70. - 3 p Ct. 78.80.– Neapolitanische 106.15.– Actien der Bank von Frankreich 3270. - In Folge des dem Herrn Herzog von Orléans zugestoßenen Unfalls zeigte sich eine ungemeine Bewegung an der Börse; ansehnliche Verkäufe fanden statt; die fünfprozentige Rente ging von 79. 80. auf 79. 20. Der Börsencommissar ließ um zwei Uhr eine etwas beruhigende Nachricht anschlagen; sie lautete: der Herzog von Orléans ist aus dem Wagen gestürzt; der Fall veranlaßt keine ernsten Besorgnisse (l' accident n’a rien de grave); Der Zustand des Prinzen flößt keine Befürchtungen ein; der Finanzminister Les diese Notiz bekannt machen, um den Gerüchten, welches sich verbreiten dürften, entgegenzutreten.“ Die Anzeige verfehlte die beabsichtigte Wirkung. Der panische Schrecken war so groß, daß jedermann verkaufen wollte und die Rente auf 78. - Viel, ja in der Coulisse zu 77. 80. gemacht wurde. Gerüchte aller Art kamen hinzu: es hieß, zu London sey ein Aufruhr ausgebrochen, die Königin sey vom Volke weggeführt worden, die noch nicht bekannten Wahlen seyen alle für die Opposition ausgefallen, Guizot habe seine Demission angegeben. Zum Glück brachte einen Courier Nachricht aus dem Schloß, der Herzog von Orléans sey außer Gefahr, ein copiöser Aderlaß habe gute Dienste gethan; der Zustand des Prinzen sey befriedigend. Darauf hin schloß die 3 pCt Rente zu 78. 80. Nach der Börse erneute sich der panische Schrecken; man notierte die 3 pCt Rente zu 78. 10.– der Ministerrath hat sich um halb 5 Uhr zu Neuilly versammelt.

– „Dem Herzog von Orleans ist heute um Mittag, als er nach Neuilly fuhr, ein schwerer Unfall begegnet; die Pferde am Wagen wurden scheu und gingen durch; der Herzog sah zum Wagen hinaus, um zu sehen, was vorgehe, und lehnte sich dabei auf den Schlag; dieser ging auf, und der Prinz fiel zwischen die Räder auf den Kopf und verletzte sich stark an der Stirne; er wurde ohne Besinnung in ein nahes Weinhaus gebracht. Nach einer halben Stunde kam der König und die Königin mit dem Leibarzt Duval. Der Herzog von Orléans war in diesem Augenblick noch nicht wieder zur Besinnung gekommen. Das scheint der Arzt die königlichen Eltern beruhigt zu haben; indem er die Versicherung gab, die Wunde an der Stirne sey nicht gefährlich.

(Das Gerücht von dem Tode des Herzogs von Orléans war auf der Route von Paris nach Saarbrück und von da nach Frankfurt überall verbreitet; es erklärt sich aus dem Umstand, daß der Prinz so lange ohne Besinnung geblieben; aus Saarbrück, 14. Juli erhalten wir die Notiz: dem Herzog von Orion sind auf der Fahrt nach Neuilly die Pferde scheu geworden; er sprang aus dem Wagen, fiel auf die Brust und hauchte nach vier Stunden sein Leben aus.).
Frankfurter Ober=Postamts=Zeitung, Beilage zu Nr. 194, 17. Juli 1842.]


Brand von Lugos (in Ungarn); 300 Häuser
[Ungarn. Die Vereinigte Ofener=Pesther Zeitung meldet aus Lugos im Krassoer Komitate: „Wieder traf uns die Hand des Schicksals schwer und vielleicht noch schwerer als am 21. Juli; denn am 29. August brach im Hintergrunde des Hofraumes eines Schankhauses hinter dem Stadthause in einem Schoppen Feuer aus, dessen Entstehen wieder nicht ausgemittelt werden kann, da Niemand aus dem Hause in dem Schoppen etwas zu thun hatte. Leider hob sich gleichzeitig mit der Flamme auch ein heftiger Wind, der die brennenden Schindeln schräg über die Brücke und den ziemlich breiten Temesfluß auf das Haus des Apothekers Galling übertrug, von wo sich das Feuer furchtbar schnell verbreitete und die zwei schönsten Gassen von Deutsch=Lugos verheerte. In 29 Häusern wurden 51 Gebäude in Schutt gelegt; eine sehr schön sortierte Schnittwaarenhandlung sammt dem Hause und alle Nebengebäuden waren binnen weniger Minuten ein Raub des schrecklichsten Feuers, und so war das schöne Deutsch=Lugos in drei Stunden nur eine Brandstätte. Das Unglück traf nun jene, die früher ihren unglücklichen Brüdern jenseits des Flusses geholfen; es betraf meist Versicherte und sogenannte „reiche Leute“, aber diese empfinden es gerade am schrecklichsten, da solche Unglückliche sich scheuen, Hülfe anzusprechen und fast hülflos verschmachten, während dem bekannten Armen nach Möglichkeit geholfen wird.

Bei diesem Schrecken war das Schrecklichste das, daß während des größten Feuers in den Gassen auf einmal der Ruf erscholl: „Feuer in der Caserne!“ Und wirklich entbrannte dort ein erwiesen gelegtes Feuer, das aber glücklicher Weise noch zur Zeit gelöscht wurde. Dieser unglückselige Tag war der 29. August; – Dienstag den dreißigsten hatten die verschont gebliebenen Häuser kaum wieder eingeräumt, als gegen Abend abermals der Schreckensruf erscholl: „in der Caserne brennt es.“
Nur der Herzhaftigkeit zweier Menschen verdanken wir es, daß das erwiesen gelegte Feuer nicht um sich greifen konnte. Zur verhütungsferneren Unglücks durch Brandstiftung wurden von Seite des Kassoer Komitats im Verein mit dem Militär laut seiner Machtvollkommenheit energische Maßregeln getroffen, wofür der wärmste Dank hiermit öffentlich ausgesprochen wird.
Quelle: Frankfurter Ober     , No 64, 24. September 1842.

Die Vereinigte Ofner und Pester Zeitung war eine deutschsprachige Zeitung, die von 1800 bis 1845 in Ofen (ung. Buda) im Königreich Ungarn in der Habsburgermonarchie erschienen ist. Sie war eine der verbreitetsten frühen deutschsprachigen Zeitungen Ungarns.
Das Komitat Krassó war eine Verwaltungseinheit im Königreich Ungarn. Das Komitat existierte seit ca. 1003 bis 1848 und wurde 1881 mit dem Komitat Szörény zum Komitat Krassó-Szörény vereinigt. 1869 hatte es 259.000 Einwohner, davon 11 % deutscher Herkunft. Heute liegt es in Rumänien. wikipedia.]

Brand von Beretzk (in Ungarn); 700 Gebäude.
[Das Siebenbürger Wochenblatt enthält aus Beretzk vom 25. Juli folgende Schilderung des jüngsten gemeldeten Brandes dieser Stadt von einem Augenzeugen:
„Den 22.  des Monats waren die Bewohner unseres Städtchens mit Freuden erfüllt, da man endlich von dem mit Wolken überzogenen Firmamente den langersehnten Regen erhoffte, der die Früchte auf dem Felde zum besseren Gedeihen führen sollte. Aber leider waren es nicht Wolken dieser Art, sondern ein mit trockenen Blitzen geschwängertes, Unheil bringendes Gewölk zwischen 3 und 4 Uhr stand die Scheune der hiesigen walachischen Witwe Gyorgye Dirnien in Flammen. Ein Lichtstrahl entzündete, wie der Mattoneser (?) walachische Geistliche  und andere Personen gesehen haben wollen, das Strohdach. Ein fürchterlicher Sturmwind setzte in Zeit von wenigen Minuten halb Beretzk in Flammen; das Feuer griff so gewaltig um sich, als wären die Gebäude aus Pulver erbaut, und im Laufe einer Stunde lagen 272 Wohnungen und 434 Wirthschaftsgebäude in Asche. An eine Rettung der Habseligkeiten war gar nicht zu denken. 18 Menschen haben, so viel bis jetzt bekannt ist, in dem Flammenmeere ihr Leben geendet; viele sind so schrecklich verbrannt und verstümmelt, daß wenig Hoffnung an ihrem Aufkommen ist.
   Keine Feder ist im Stande, die schreckliche Scene wahrhaft zu schildern. Nur der Augenzeuge dieses fürchterlichen Ereignisses kann das große Unglück ermessen. Unschuldige Kinder, deren Aeltern im Walde, beim Heumachen oder auf dem Felde beschäftigt waren, schwächliche Weiber und sieche Greise sind auf der Flucht von den Flammen ergriffen und verzehrt worden. Noch immer suchen Väter und Mütter, Brüder und Schwestern voll Verzweiflung die Überreste ihrer theuern Angehörigen aus dem Schutthaufen. Andere sitzen, die Hände ringend, in der Asche ihrer Wohnungen, und suchen unter Thränen die eisernen Bestandtheile ihrer Waffen, welche sie zur Vertheidigung des Vaterlandes benötigen.
Daß der Szekler mit Leib und Seele Soldat ist, ist längst bekannt, und bei der unglücklichen Katastrophe, von welcher die Beretzker unschuldigerweise heimgesucht wurden, haben dieß auch ihre Weiber bewiesen. Sieben Gränzerinnen sind mit Gefahr ihres Lebens in ihre ganz in Flammen stehenden Wohnungen eingedrungen und haben die Waffen ihrer abwesenden Männer dem Feuer entrissen. Ist diese Nation hinsichtlich ihres Heldenmuthes nicht den Spartanern an die Seite zu stellen? Deren Mütter ihre Söhne mit der Lehre ins Feld schickten: „mit oder auf dem Schilde will ich dich erwarten!“ Diese sieben Heldenweiber antworteten auf die Frage, ob sie etwas von ihren Habseligkeiten gerettet hätten? Wir haben den Auftrag von unseren Männern, wenn ein unglückliches Ereigniß, wie das jetzige, während ihrer Abwesenheit ausbricht, zu allererst die Waffen und Rüstungen in Sicherheit zu bringen, und dann auf die Habe Bedacht zu nehmen; dieses haben wir befolgt, aber leider war zur Rettung unseres Hausraths keine Zeit übrig geblieben, wir haben nun nichts als unser nacktes Daseyn.
   Hier war ich auch Augenzeuge, und habe gesehen, was Muth und Geistesgegenwart, gepaart mit Nächstenliebe und edler Gesinnung, vermag! Vor Allen verdient die Auszeichnung öffentlicher Polobiegung der Feldwebel Papp, von der 12ten Compagnie des k.k. 2ten Szekler Gränz=Infanterieregiment Nr. 13, welcher mit Aufopferung seines eigenen Lebens die Beretzker durch seinen Muth und Entschlossenheit vor Hungersnoth gerettet hat. Durch die fürchterliche Glut sind auf einer Seite die reifen Sommerfrüchte in Flamme gerathen, und hätte Feldwebel Papp nicht mit einer ungeheuren Anstrengung dieselben abgemäht, so wären auch die Winterfrüchte durchgehends von dem Feuer verzehrt worden.
Nicht minder verdient der Feldwebel Steppes, im Stande der 11ten Compagnie desselben Regiments, das Zeugniß eines edlen aufopfernden Menschenfreundes; er rettete aus einem schon dem Einsturz drohenden brennenden Hause eine Walachin mit zwei Kindern, einer anderen Witwe einen Theil ihrer habe, und trug außerdem noch sehr viel dazu bei, daß die Wohnung des katholischen Geistlichen von dem Feuer nicht ergriffen ward, wodurch die katholische Kirche und der ganze linke Flügel unseres Städtchens gerettet wurde. Auch die Rettung der Borstenviehherde, welche während des Brandes von der Weide heimkehrte, ist ihm zu danken.
   Auch zeichnete sich der Gränz-Husar Franz Bardotz aus Beretzk auf das Rühmlichste aus, indem er zwei Menschen aus dem Feuer rettete.
Die Schrecklichste Scene war am 23. das Leichenbegängniß der 18 vorgefundenen Verbrannten, wovon 10 der römisch=katholischen und 8 der griechisch nicht=unirten Religion angehörten. Väter und Mütter, Schwestern und Brüder trugen in einer aus Brettern gemachten Truhe die verbrannten Körperteile ihrer Angehörigen zur ewigen Ruhe. Ueber 400 fast nackte, in halb verbrannte Lumpen gehüllte Menschen von geisterhaften Aussehen waren die Begleiter der Leichen, das Jammergeschrei und die Verwirrung war gränzenlos. Mehrere Menschen haben sich so entsetzt, daß sie den ganzen Tag keinen Laut hervorbringen konnten.
   Wo früher Wohlhabende wohnten, herrscht jetzt Elend, Jammer, Noth und Hunger; mehr als zwei Drittel der Stadt liegen in Schutthaufen.
   Viele Bewohner von Beretzk werden bis heute noch vermißt, und deshalb kann die Zahl der Verbrannten noch nicht bestimmt angegeben werden.
   Das Unglück ist für Beretzk umso fühlbarer, da Niemand dem für Haromfzég (?) bestehenden Brandversicherungsverein beigetreten war, welches bloß dem widrigen Rathen Einiger zugeschrieben wird. Nach den bestehenden Statuten des Vereins haben sie keinen Anspruch auf irgend eine Unterstützung und dürfen auch im ganzen Bezirk keine Almosen sammeln.“
   Quelle: Oesterreichischer Beobachter, Nr. 228, 16. August 1842.]

Brand von Szeet=Katolna (in Ungarn) 180 Häuser.
[Am 25. Julius wurden zu Szent=Katolna in kezdier Stuhle (Siebenbürgen) 43 Ansässigkeiten und 180 Gebäude, und zwar durch Tabakrauch in der Drescher in einer Scheuer, in Asche verwandelt.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand in Knittelfeld (Steyermark); 116 Gebäude.
[An demselben Tage Mittags brach ein ungeheures Feuer zu Knittelfeld, einem Städtchen im judenburger Kreise (Obersteiermark) Aus. Erst am 30. gelang es den thätigsten Anstrengungen, des Feuers Herr zu werden; jedoch waren 56 Häuser und 60 Wirthschaftsgebäude, dann eine Menge Fahrnisse und Vieh ein Raub der Flammen geworden. Der Schaden ward auf 120,000 Fl. C. M. geschätzt. Leider war auch der Verlust von 6 Menschenleben zu bedauern.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand des Städtchens Markdorf und des Fleckens Leuchterberg (im Badischen); über 100 Gebäude.

[In der Nacht vom 4-5. Julius legte eine Feuersbrunst den Markt in Leuchtenberg in der Oberpfalz bis auf wenige Häuser in Schutt. Unter den von den Flammen verzehrten 80 Gebäuden befand sich auch die Kirche und das königliche Rentamtslocal. 4 Menschen fanden den Tod. Der Hafenmeister Christoph Grünwald war der Brandstifter.
In derselben Nacht brannte das Städtchen Markdorf nahe am Bodensee (2 Stunden von Meersburg) großen Theils ab. 63 meist neu gebaute Häuser und Oekonomiegebäude, das Innere eines Stadthturms und Kirchturms verbrannten und von Letzterem fielen 9 Glocken herab und schmolzen.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand in Lorch am Rhein; 28 Häuser.
[Am 16. Julius Nachmittags 3 Uhr brach in dem Rheindiebach gegenüberliegenden Städtchen Lorsch Feuer aus. Da die meisten Einwohner der Ernte wegen im Felde beschäftigt waren, konnte man dem Feuer nicht gleich gehörigen Widerstand leisten, und das griff so schnell um sich, daß schon nach einer halben Stunde 10 Häuser in Flammen standen. Es konnte ihm erst gegen 9 Uhr Abends, nachdem schon 23 Häuser ein Raub der Flammen geworden, in so weit Einhalt gethan werden, daß es wenigstens nicht weiter um sich griff.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand in Villach (Kärnthen) 24 Häuser.

Brand in Ruschberg (Kreis St. Wendel); 52 Häuser.
[Am 28. Julius brach ein ungeheurer Brand im Dorfe Ruschberg (Kreis St. Wendel) aus. Fast der ganze Ort wurde eingeäschert; von 70 Häusern blieben nur 9- 10 stehen. Auch das Schulhaus brannte nieder. Von den bereits eingescheuerten Früchten wurde Nichts gerettet, von Hausgeräthen nur Weniges.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

August.

Den 4. Brand von Kamenz (in Sachsen); 300 Häuser.
[Am 4. August 10 ½ Uhr Abends brach in Camenz eine furchtbare Feuersbrunst aus. Und zwar in dem Hause des Tuchscheerers Ritschel auf der Leitergasse, welches durch seine erbärmliche Beschaffenheit, zumal bei der herrschenden ungeheuren Trockenheit, zu den größten Besorgnis berechtigte, und es währte auch nicht lange, als die Diaconatswohnung (Gotthold Ephraim Lessing’s Geburtshaus) von der hintern Seite ergriffen und die Flamme nach mehreren Zeiten geschleudert wurden. Der Wind trieb sie jedoch bald nach dem nordwestlichen Theile der Stadt und in einigen Stunden lagen gegen fünfhundert Häuser in Asche. Von der ganzen innern Stadt stand weiter Nichts, als die westlichen Seiten der pulsnitzer und königsbrücker Straße, ein Fabrikgebäude, der Gasthof zum Hirsch am Markttag und 2 Privathäuser. Von den Vorstädten standen die königsbrücker und pulsnitzer noch, die bautzner, die ungleich größere und bedeutendere, brannte bis auf etliche wenige Häuser nieder. Das alte ehrwürdige Rathhaus, die wendische Kirche, die katholische Spitalkirche, die Schule, die Apotheke, die Mühlen, die Post etc. wurden vernichtet. Das Lessingstift blieb unversehrt. Im Ganzen sind vom Feuer, aber nicht vom Unglück etwas über 100 Häuser (der 6. Theil der Stadt) verschont geblieben.
Leider waren auch mehrere Menschenleben zu beklagen; u.A. sah man eine 80jährige Frau, die auf der Straße verbrannt war, als sie das halb verbrannte Kind ihres Wirthes aus dem brennenden Hause getragen hatte. Über dreitausend Menschen wurden obdachlos. Man schätzte den Schaden an Grundwerth etc. über eine Million. Die Meisten beklagen den gänzlichen Verlust ihrer Habe, zumal da die Keller und Gewölbe fast alle eingestürzt und ausgebrannt sind. Binnen ½ Stunde brannte es in allen Theilen der Stadt. Das Feuer breitete sich bis an das dem Kloster Marienstern gehörige und an die Stadt grenzende Dorf Spittel aus, welches nebst der kleinen katholischen Spittelkirche und dem klösterlichen Vorwerke bis auf 2 Häuser abbrannte.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Den 7. Untergang des Afrikanischen Sträflingsschiffes „Waterloo“, gegen 200 Menschen verlieren ihr Leben.
[Die in Bristol gebaute Waterloo nahm 1829 ihren Dienst als britisches Sträflingsschiff auf und führte sechs Gefangenentransporte nach Australien durch. Kapitän Ager, 1842 Kapitän des Schiffes, hatte zuvor mehrere Reisen nach Australien unternommen.
Der Schiffsarzt Dr. Henry Kelsall schrieb über ihren Zustand: „Das Schiff war völlig verrottet, ebenso wie viele andere Schiffe im Dienst der Regierung.“ Sicherlich leckte sie wie ein Sieb in den heftigen Regenböen, denen sie am Äquator ausgesetzt war. Das Schiff war überall nass, und an Bord brach Skorbut aus. Der Chirurg forderte Kapitän Ager auf, am Kap anzulaufen, um frisches Fleisch und Gemüse zu holen, und die Waterloo ankerte am 24. August 1842 in der Table Bay, obwohl bekannt war, dass es sich zu dieser Jahreszeit um einen unsicheren Ankerplatz handelte. Kapitän Ager ging an Land und das Schiff wurde unter der Leitung von Chief Mate Jackson zurückgelassen.
Am 26. August kam ein starker Nordsturm mit starkem Regen auf. Das Schiff löste sich, wurde aber von zwei Ankern festgehalten. Die Brammasten brachen ab und fielen auf das Deck. Am 27. August gegen 23 Uhr gaben beide Anker. Am frühen Morgen des 28. stieg der Wind auf Hurrikanstärke, das Beiboot fuhr an Land. Der Erste Offizier weigerte sich, die Verantwortung für das Abschneiden der Masten zu übernehmen, und der Chirurg befahl, den Gefangenen die Eisen abzunehmen. Die Frauen der Militärwache versammelten sich mit ihren Kindern in der kleinen Hütte auf Deck.
Die Waterloo wurde an Land getrieben, die Masten brachen ab und das Schiff kippte auf die Seite. Viele Sträflinge sprangen über Bord, einer von ihnen rettete Dr. Kelsall. Innerhalb von zwei Stunden war das Schiff in Stücke zerbrochen. Boote halfen bei der Rettung einiger Überlebender, andere schwammen durch tosende See an Land.
Es gab große Verluste an Menschenleben, vor allem unter den Sträflingen, die bis zum letzten Moment unter Deck festgehalten wurden. 143 ertranken, darunter vierzehn Besatzungsmitglieder, fünfzehn Soldaten vom 99. Regiment, vier ihrer Ehefrauen und vierzehn ihrer Kinder.
Bei der anschließenden Untersuchung wurde Kapitän Ager dafür gerügt, dass er an Land geblieben war. Die Untersuchung ergab auch, dass das Schiffsholz morsch war und das Schiff nicht seetüchtig war. Es gibt Vermutungen, dass eine kleine Anzahl von Sträflingen in dem Durcheinander entkommen konnte. => https://www.geni.com/projects/Waterloo-1842-Convict-Ship-England-to-Tasmania-shipwrecked-CapeTown/46521]

Brand von Möckern (bei Magdeburg); 200 Häuser.
[Die zum Regierungsbezirk Magdeburg gehörende Stadt Möckern, zu der ungefähr 200 Häuser und 1000 Einwohner zählen, wurde am 13. August - bis auf fünfzehn Häuser in dem alten Theile des Städtchens - ein Raub der Flammen. Bei der großen Dürre und der Heftigkeit des Windes reichten wenige Nachmittagsstunden hin, Trübsal und Noth über die armen Einwohner zu bringen. Mehr als hundert Familien haben die eben eingebrachte Ernte und alle Habseligkeiten verloren.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Waldbrand bei Bensberg; 100 Morgen Waldung

Brand von Rinschheim (in Baden); 115 Gebäude.
[An demselben Tage Abends acht Uhr brach in dem Orte Rinschheim (Großherzogthum Baden) Feuer aus. Bei der so lange anhaltenden Dürre, den mit Früchten und Futtervorrath angefüllten Scheunen griffen die Flammen so schnell um sich, daß nach Verlauf von sechs Stunden wenigstens 2/3 der gegen 115 Gebäulichkeiten starken Gemeinde ein Raub der Flammen wurden.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Brand in Seeburg (bei Magdeburg); 52 Häuser.
[Nachts auf den 31. August zwischen 12 und 1 Uhr brach in Seeburg Feuer aus, welches mit solcher Wuth um sich griff, daß innerhalb drei Stunden in der Stadt 46 Wohnhäuser und 32 Stallgebäude und auf der nahe an der Stadt gelegenen, indeß zum platten Lande gehörigen Schloßfreiheit Seeburg 6 Wohnhäuser und 5 Stallungen ein Raub der Flammen wurden. In der Stadt zählte man 100 Familien mit 462, auf der Schloßfreiheit 12 Familien mit 32 Seelen welche ihr Obdach verloren hatten
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Niederlage der Russen durch die Tscherkessen.

September.
Brand von Oschatz (Sachsen); 153 Häuser.

Großer Waldbrand im Sächsisch-Böhmischen Waldgebirge. Große Ueberschwemmung in der Gegend von Havre. Brand von Perm (Sibirien): die ganze Stadt brennt ab.

Den 10. Brand von Kasan; 1309 Häuser, 9 Kirchen und 1 Kloster.
[In der Nacht vom 26-27. August brannten zu Kasan zehn Häuser, sämmtliche Hintergebäude des zweiten Gymnasiums und eine ganze Reihe Buden der Wagenbauer nieder. Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Den 14. Schiffbruch des russischen Linienschiffs „Jngermanland“ von 74 Kanonen; 403 Personen verlieren das Leben.
[Die Ingermanland war ein dreimastiges, voll ausgerüstetes drittklassiges Linienschiff der Iezekiil‘-Klasse, das 1842 in Archangelsk, Russland, gebaut wurde. Sie war für den Dienst in der Ostseeflotte der kaiserlich-russischen Marine vorgesehen. Schiffe dieses Typs zeichneten sich durch gute Seetüchtigkeit, praktische Platzierung der Geschütze und eine rationelle Innenplanung aus. Das Schiff war mit 74 24- und 36-Pfund-Kanonen bewaffnet.
Am 8. August 1842 verließ das Schiff Archangelsk zu seiner Jungfernfahrt. Um ihr Ziel Kronstadt im Finnischen Meerbusen zu erreichen, musste sie eine raue Reise durch das Weiße Meer, die Barentssee, das Norwegische Meer, die Nordsee, das Skagerrak und die Ostsee unternehmen. An Bord befanden sich knapp 900 Menschen (die Angaben schwanken in der Zahl), überwiegend männliche Besatzungsmitglieder, mit Lebensmitteln und Vorräten für die Seereise.
Das Schiff ereilte sein Schicksal an der Südküste Norwegens. Vor Lindesnes geriet es in einen schweren Sturm. Vor Kristiansand in der Meerenge von Skagerrak segelte die Ingermanland backbords am Leuchtturm Oksøy, wobei der Kapitän der Überzeugung, dass das Licht des Leuchtturms die Laterne eines anderen Schiffes sei. Die Besatzung glaubte, sie sei weit vom Ufer entfernt, doch kurz darauf strandete das Schiff gegen 22 Uhr abends am 12. September auf der Insel Grønningen. Nach der Grundberührung wurde das Schiff durch hohe Wellen wieder flott und trieb nach Westen mit dem Wind. Die Besatzung feuerte die Kanonen als Notsignal ab. Der Alarm wurde gehört, doch die Rettungsschiffe konnten wegen des starken Windest mit dem Schiff nicht mithalten. Der nächste Kontakt erfolgte vor Mandal, wo es Lotsenschiffen und anderen örtlichen Schiffen gelang, insgesamt 15 Menschen zu retten. Das Schiff driftete weiter nach Westen, verfolgt von lokalen Schiffen. Retter erreichten sie erneut und retteten weitere 183 und später 120 Menschen. Ein Rettungsboot mit 19 Personen an Bord – darunter Kapitän Treskin – wurde vor Lista aufgegriffen. Ein Boot mit 15 Personen an Bord wurde im Skagerrak von einem Schiff aufgenommen und nach Kopenhagen, Dänemark, gebracht. Ein weiteres Rettungsboot mit 10 Personen an Bord landete auf Eigerøy an Land, und ein Offizier wurde von Lotsen aus Stavanger abgeholt. Ingermanland sank schließlich vor Varhaug.
Insgesamt wurden 503 Menschen vom Schiff gerettet und 389 als tot gemeldet. Andere Quellen berichteten von 505 Geretteten und 387 Toten. Unter den Todesopfern waren 21 Frauen (sieben Frauen überlebten) und sieben Kinder (ein Kind überlebte). Auf dem alten Friedhof in Varhaug wurde ein Gedenkstein für die Opfer der Katastrophe errichtet.
=> https://en.wikipedia.org/wiki/Russian_ship_of_the_line_Ingermanland_(1842)]

Den 25. Brand von Liverpool.
[Zu Liverpool brach am 23. September eine furchtbare Feuersbrunst aus; in 7 Stunden verzehrten die Flammen Waaren an Werth von 500,000 Pfund Sterling; dabei kamen 30-40 Menschen um’s Leben, und viele wurden schwer verletzt. Unter den verbrannten Waaren fanden sich u. A. 75,000 Ballen Baumwolle, 15,000 Fässerter Benzin, 80 Tonnen Leberthran. Das Feuer brach um 7 Uhr morgens aus; es dauerte nicht lange und ganze Straßen standen in Flammen, nämlich Crompton=Street, Formby=Street und Neptune=Street. Der Schaden belief sich auf mehr als 1,000,000 Pfund Sterlinge.
Merkwürdig ist, daß der Monat September in den britischen Annalen durch große Feuersbrünste bezeichnet wird. Gleich der letzten in Liverpool fand der große Brand von 1802 in derselben Stadt und der große Londoner Brand von 1666 ebenfalls im September statt.
Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.]

Oktober.
Fürchtbare Stürme in den spanischen Küstenländern, namentlich in der Provinz Valencia.

Die Stadt Ceuta (in Afrika) wird von Stürmen und Wolkenbrüchen fast ganz zerstört.

Ueberschwemmung der Stadt Smyrna in Kleinasien; 400 Menschen verlieren das Leben.

Orkan und Wolkenbruch auf der Insel Madeira, wodurch der größte Theil ihrer kostbaren Rebpflanzungen zu Grunde gerichtet ward.

November.
Den 14. blutiges Gefecht in den Straßen von Barcelona.
[Dass Barcelona von 1842 war ein Faß sozialer Konflikte. Zu den Themen gehörte die Freihandelspolitik des Regenten General Espartero und der Schaden, den sie der Textilindustrie und der Lebensgrundlage der Arbeiter zufügte. Ein schwelendes Thema war die Steuer, die für die Einfuhr von Nahrungsmitteln in die Stadt gezahlt werden musste. In der Stadt herrschte ein Klima permanenter Spannung, das kurz vor der Explosion stand.
Der Auslöser kam, als eine Gruppe von etwa 30 Arbeitern, die am 13. November 1842 in die Stadt zurückkehrten, versuchte, eine kleine Menge Wein in die Stadt zu schmuggeln, ohne die Steuer zu zahlen. Ein Aufstand breitete sich wie ein Lauffeuer aus, und innerhalb weniger Stunden war die Arbeiterklasse der Stadt zu allem bereit. Die Reaktionen der Regierung entfachten den Bürgeraufstand, der schnell Interessen aller gesellschaftlichen Schichten gegen die Regierung zusammenbrachte. Die örtliche Miliz (Patuleyas) beteiligte sich ebenfalls. Am 15. waren die Straßen verbarrikadiert, und die Armee musste im Schloss Montjuic und im Parc de la Ciutadella Zuflucht suchen, nachdem sie bis zu 600 Tote und Verwundete zu beklagen hatte
Nach drei Wochen weigerte sich die Regierung immer noch, zu verhandeln, und am 3. Dezember 1842 kam es zur „Bombardierung von Barcelona“. Sie wurde von General Espartero persönlich angeordnet, der nach Barcelona gereist war, um den Aufstand niederzuschlagen.
Damit erhielt das Schloss eine neue Funktion, die es ein halbes Jahrhundert lang ausüben sollte: die Unterdrückung von Aufständen. Der wahllose Artilleriebeschuss der Stadt erfolgte vom Montjuïc aus unter dem Kommando von Generalkapitän Antonio Van Halen. Die Kanonen feuerten 1014 Projektile ab und verursachten mindestens zwanzig Tote und weitreichende Zerstörungen in der gesamten Stadt (etwa 462 Gebäude).
Die von der Regierung angeordnete Repression war hart. Die Miliz wurde entwaffnet und mehrere Hundert Menschen festgenommen. Zwischen siebzehn und achtzehn Personen der Patuleyas (Miliz) und einer ihrer Kommandeure wurden erschossen. Die Stadt wurde kollektiv mit der Zahlung einer außerordentlichen Summe von 12 Millionen Reales als Entschädigung für die toten oder verwundeten Soldaten bestraft und der Stadtrat musste für den Wiederaufbau der Zitadelle von Barcelona aufkommen. Auf Drängen von Espartero löste die Regierung außerdem den Weberverband von Barcelona (die erste Gewerkschaft in der Geschichte Spaniens) auf und schloss alle Zeitungen mit Ausnahme des konservativen Diario de Barcelona.
Eine neue Revolte im darauffolgenden Jahr, die Jamància, führte zu einem weiteren Bombardement, das sich dieses Mal auf die Werften und die Mauern konzentrierte, was 335 Todesopfer forderte und dazu führte, dass 40.000 Menschen aus der Stadt flohen. Im Juli 1856 wurde die Stadt nach Protesten gegen den Militärputsch von O'Donnell, der die fortschrittliche Regierung gestürzt hatte, erneut vom Montjuïc aus beschossen.
=> https://en.wikipedia.org/wiki/Bombardment_of_Barcelona_(1842)]

Dezember.
Den 3. zwölfstündiges Bombardement von Barcelona. Den Einwohnern wird eine Contribution von 12 Millionen Realen auferlegt. Das Kriegsgericht läßt 14 Insurgenten erschießen etc.

Am 1. Weihnachtsfeiertage: Zusammensturz der Galleriegelände in der Kirche zu Galway (Irland); bei 50 Menschen werden erschlagen, viele verwundet.

[„Bei der Frühmesse am Weihnachtsmorgen 1842 kam es in der Pro-Cathedral von Galway zu einem schrecklichen Unfall, bei dem 37 Menschen getötet und viele weitere verletzt wurden. Die Pfarrkirche, erst 21 Jahre zuvor fertiggestellt, war mit Abstand die größte katholische Kirche der Stadt und wurde überraschenderweise in der Zeit vor der katholischen Emanzipation erbaut.
Es gab eine große Galerie, die ein beliebter Aussichtspunkt war, aber dieses Mal war die Galerie wegen der 6-Uhr-Messe überfüllt. Aus irgendeinem Grund schrie jemand, dass die Galerie einstürzen würde, und es kam sofort Panik auf. Der Historiker William Henry greift die Geschichte auf: „.es gab einen hektischen Ansturm auf die Ausgänge.“ Viele der in der Galerie Eingeschlossenen waren so verängstigt, dass sie die Fenster öffneten und teilweise auf die Straße sprangen - in den sicheren Tod. Der größte Teil der Gemeinde versuchte, durch den Hauptausgang herauszukommen, was dazu führte, dass die Veranda mit Menschen vollgestopft war, was eine Flucht fast unmöglich machte. Es muß furchtbar gewesen sein; die Angst der Menschen, auf engstem Raum zerquetscht zu werden, war entsetzlich. Viele von ihnen waren in Panik geratene Eltern, deren Kinder verzweifelt versuchten, die sichere Straße nur wenige Meter entfernt zu erreichen.
„Nachdem die Kirche schließlich geräumt war, herrschte eine düstere Stille auf der Straße, als den Menschen klar wurde, dass die schreckliche Panik unbegründet war …“
Die Galerie stürzte nie ein und war auch nie in Gefahr einzustürzen. Bei der anschließenden Untersuchung kam man zu dem Schluß, dass es sich bei dem Vorfall um einen „tragischen Unfall“ handelte. Niemand konnte die Schuld gegeben werden.“
aus: Ronnie O’Gormann, „Galway’s Pro-Cathedral, a building of some significance“, in Galway Advertiser, 07.01.2021.]

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(L.2) Großbrand in Ruschberg.

Am 28. d. M. wurde die Gemeinde Ruschberg bei Baumholder von einem furchtbaren Brandunglücke betroffen; 52 Häuser von 70 liegen in Asche und eben so viele, meistens unbemittelte Familien von 300 Köpfen haben mit ihrem Obdache den größten Theil ihrer Habe, ihre Früchte und Futtervorräthe verloren. Mit treuer Nächstenliebe haben zwar die Nachbargemeinden, besonders Baumholder, die Verunglückten aufgenommen und den Bedürfnissen des ersten Augenblicks abgeholfen; die Stadt Birkenfeld übersandte auf die erste Kunde des Unglücks voll edelmüthiger Theilnahme eine reichliche Unterstützung an Brod, Mehl und andern Lebensmitteln; aber bei der Größe des Verlustes muß die allgemeine Mildthätigkeit in einem weitern Umkreise in Anspruch genommen werden, und es bedarf der kräftigsten Beihilfe, um die geschlagenen Wunden, zumal da nur 28 der abgebrannten Häuser versichert waren, einigermaßen zu heilen.
Indem ich daher zur öffentlichen Kenntniß bringe, daß in Baumholder zur Empfangnahme milder Gaben und zu deren gehöriger Vertheilung unter dem Vorsitze des Herrn Bürgermeisters Heyl eine Unterstützungs=Kommission sich gebildet hat, fühle ich mich gedrungen, die Verunglückten dem wohlthätigen Mitgefühle der Kreiseingesessenen angelegentlich zu empfehlen und zu bitten, bei der in allen Gemeinden unter obrigkeitlicher Mitwirkung statt habenden Einsammlung von Beiträgen an Geld oder Naturalien nach Kräften beisteuern zu wollen und den so oft bewiesenen Wohlthätigkeitssinn auch zur Linderung dieses großen Unglücks von neuem zu bewähren. Die Herrn Bürgermeister, Beigeordneten und Ortsschöffen werden sich die Beförderung dieser Collekten möglichst angelegen sein lassen und für die baldige Ablieferung des Gesammelten an die Unterstützungs=Kommission in Baumholder Sorge tragen, zugleich aber auch nirgends gestatten, daß einzelne Abgebrannte auf eigne Hand und ohne amtliche Legitimation für sich Beiträge suchen, damit keine verabreichte Gabe der Controlle der erwähnten Commission entzogen und vielleicht sogar einem Unwürdigen zu Theil werde. Ueber den Erfolg der Sammlungen und deren Verwendung wird öffentlich Rechenschaft abgelegt werden.
St. Wendel den 31. Juli 1842.
Der Königl. Landrath.
[WB31]

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(L.3) Das Erdbeben in Bonn.

Bonn, 26. Mai. Gestern Abend um halb elf Uhr ist hier ein Erdbeben sehr allgemein bemerkt worden. Viele Leute haben sich sehr erschreckt und manche sind gar aus ihren Häusern gelaufen.

[Quelle: Saarbrücker Anzeige, Nro 63, Dienstag, 31. Mai 1842.]
[In der Zeitschrift „Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde“ erschien im Dezember 1843 im Ersten Heft des Bands 17 in der Abteilung „II. Notizen“ ein Artikel mit dem Titel „6. Das Erdbeben in der Gegend von Bonn vom 25. Mai 1842“, verfaßt von dem Bergbeamten und Geowissenschaftler Johann Jacob Noeggerath => vollständiger Text im Anhang.]

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(L.4) Rettung in letzter Minute.

Am 12. Juni d. J., Nachmittags 2 Uhr, eilten der Herr Pfarrer Mörchen zu St. Wendel und der dortige Uhrmacher Herr Mathias Müller auf Hülferufe mehrer in der Blies badender Knaben herbei, um den im Wasser versunkenen Knaben Johann Greif zu retten. Ihre Bemühungen waren indessen vergeblich, da der Strom den Knaben tiefen Stellen zugeführt hatte, wohin sie nicht folgen konnten. In diesem kritischen Augenblicke kam der Knecht Wendel Müller herzu, der, des Schwimmens kundig, in die tiefe Stelle der Blies sprang, und nach mehreren Anstrengungen so glücklich war, den Knaben aufzufinden, und am Leben zu erhalten. Ohne diese edelmüthige That des Wendel Müller wäre der Knabe Greif unfehlbar ertrunken. Wir bezeugen dem Wendel Müller für seine menschenfreundliche Handlung hierdurch öffentlich belobende Anerkennung, im gleichen dem Pfarrer Herrn Mörchen und dem Uhrmacher Herrn Müller für den Eifer und die Anstrengungen, die sie bei der Rettung des Knaben Greif bewiesen haben.
Trier, den 11. August 1842

[Der evangelische Pfarrer Friedrich Wilhelm Arnold Franz Mörchen (1807-1861) aus Voerde nahe Wesel kam 1838 nach St. Wendel. Seine Ehefrau Emma Sophia Messerer stammte aus Saarbrücken. Sie hatten sechs Kinder - drei Jungen und drei Mädchen, die wie ihre Mutter spätestens nach dem Tod des Vaters 1861 St. Wendel wieder verließen. Zwei Söhne nahmen den Beruf ihres Vaters an. Mörchens Grab an der Nordostecke des St. Wendeler Friedhofs nicht weit von der Einsegnungshalle zeigt eine halbhohe Säule mit einem aufgeschlagenen Buch.

Der Uhrmacher Mathias Müller aus Saarwellingen (1770-1846) und seine Ehefrau Anna Margaretha Maria Sophia Poirier aus Flastroff (1763-1847) wohnten in der Brühlstraße. An sie war 1828 Dr. Carl Gustav Schwalb, Kantonsarzt von St. Wendel, als Vorsitzender der St. Wendeler Bade-Gesellschaft herangetreten, um mit ihnen einen Gesellschaftsvertrag abzuschließen. Danach „soll an der westlichen Seite des Wohnhauses der Müllers Eheleute ein einstöckiges Badehäuschen erbaut und eingerichtet werden. Dieses Badehäusgen soll zwar das privat Eigentum der Müllers Eheleute sein, aber stets als eine öffentliche Anstalt betrachtet werden, durch die Müller Eheleute und ihre Nachkommen nach Vorschrift einer durch dem am 25. September vorigen Jahres gebildeten Ausschuß der Badegesellschaft zu errichtenden Badeordnung versorgt und in gutem Stand unterhalten werden“. Die gesamten Kosten übernimmt die Badegesellschaft. Leider wird der Vertrag schon ein halbes Jahr später als nichtig erklärt, als "nicht zustandegekommen". Was aus der St. Wendeler Bade-Gesellschaft wurde, ist unbekannt. Müller baute sein Badehäuschen trotzdem; aber schon am 3. April 1837 verkauft das Ehepaar Müller ihr "bei der Bliese und südlich von der Stadt St. Wendel an der Straße nach Tholey gelegenes Wohnhaus nebst den darin befindlichen Badeanstalt-Geräthschaften, namentlich Badewannen, und den in den Badestuben befindlichen Spiegel, Tische, Stühle, Teppiche, Kessel, und Geröhr, ferner die um diese Gebäulichkeiten liegenden Gärten nebst Wiesen" für 1000 Taler an Franz Josef Fisch aus Inzlingen bei Lörrach im Badischen, bisher Gärtner auf dem Langenfelderhof, und seine Ehefrau Regina Thomas. Die Gebäude existieren heute nicht mehr.

Der Knecht Wendel Müller könnte der Bauer Wendel Müller aus Alsfassen sein, geb. 1817. Der ist 1847 mit seiner Ehefrau nach Amerika ausgewandert.

Johann Greif war sehr wahrscheinlich der zehnjährige Johann Greif (*25.11.1832 in St. Wendel), Sohn des verstorbenen Leinenwebers Johann Greif (1799-1835) und seiner Ehefrau Katharina Monz (1797-1883). Auch er ist in die USA ausgewandert, vier Jahre nach Müller auf der „Cotton Planter“, auf der auch andere St. Wendeler nach Amerika gingen.
Von allen Personen, auch den vermuteten Genealogien im Anhang.]

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(L.5) Kollekte für die Abgebrannten in Hamburg.

Nach der Bekanntmachung der Königlichen Regierung in Nummer 14 des Amtsblatts soll die durch Allerhöchste Kabinettsordre vom 9. dieses Monats verordnete Collekte an die unglücklichen Abgebrannten in Hamburg unverzüglich abgehalten werden. Die Herrn Bürgermeister sind bereits veranlasst worden, unter Mitwirkung der Herrn Geistlichen der einen Sammlung der Beiträge sich zu unterziehen, und eben so werden die Herrn Beigeordneten aufgefordert, in ihren Gemeinden die Einsammlungen vorzunehmen, damit solche, wie es der Zweck schneller Hilfe erfordert, baldigst beendet werden.

Das außerordentliche Unglück, welches die größte Handelsstadt Deutschlands betroffen hat, fordert auf, auch außerordentliche Mittel anzubieten, und sämtliche Einwohner des Kreises werden deshalb dringend aufgefordert, nach ihren Kräften bei Abhaltung der Collekte beizusteuern.

Zugleich wird bekannt gemacht, daß sich in Berlin ein „Unterstützung=Verein für die Abgebrannten zu Hamburg“ gebildet hat, welcher mit den Behörden dieser Stadt eine fortwährende Verbindung unterhält, alle mit der Rubrik „für die Abgebrannten in Hamburg“ durch die Post an ihn beförderten Geldbeträge portofrei empfängt, und an welchen deshalb die Gaben der Kollekte und von Vereinen oder Einzelnen gesammelten Beiträge zu befördern vorzugsweise geeignet ist.
St. Wendel den 20. Mai 1842.
Der Königliche Landrath.

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(L.6) Brand in Hamburg.^

Hamburg, Deutschland, 25. Mai. Die preußischen Pioniere verlassen uns jetzt abtheilungsweise, so wie diejenigen Arbeiten, deren Ausführung sie nach dem Wunsche des Senats übernommen hatten, beendigt werden. Sie begleitet der Dank und die Anerkennung Aller, welche den Fortschritt ihrer Arbeiten beobachteten, und insbesondere der Behörde, zu welcher sie in nähere amtliche Beziehung getreten waren.
Frankreich. Die Stadt Bordeaux hat bis jetzt die Summe von 70.000 Franken für die Hamburger Abgebrannten unterzeichnet.

[Der Hamburger Brand zerstörte zwischen dem 5. und 8. Mai 1842 große Teile der Hamburger Altstadt, in 41 Straßen wurden 1700 Häuser zerstört. 51 Menschen kamen ums Leben. => wikipedia => Hamburger Brand.]                                                                                                   [WB21]

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(L.7) Die Not in England
London, den 23. Juli. Die Opposition macht fortwährend vergebliche Bemühungen, das Parlament zu Vermögen, die Aufhebung der Korngesetze in Erwägung zu ziehen. Gestern ward indeß ein solcher Antrag Duncombes mit 147 gegen 91 Stimmen verworfen. Darauf machte heute Gibson eine ähnliche Munition, zur großen Unzufriedenheit der Andersgesinnten.
Die Noth dauert, zumal in den Töpferbezirken, ununterbrochen fort.
In der letzten Zeit haben sich auch die Feuersbrünste vermehrt.
In der Stadt und Umgegend von Carmarthen wüthen gegenwärtig die Pocken in furchtbarem Grade und raffen Erwachsene wie Kinder weg, – eine Folge der hartnäckigen Weigerung der ärmeren Classe, ihre Kinder impfen zu lassen.
Auf der Insel und in dem Kirchspiel Harris, einer der mittleren Hebriden, entschlossen sich in den letzten Wochen gegen 400 Menschen, ihre felsige Heimath auf immer zu verlassen und nach Nordamerica auszuwandern. Der Grundbesitzer Carl von Dunmore unterstützte die Armen mit 700 Pfund zur Bestreitung ihrer Auswanderungskosten.
Neuseeland scheint übrigens jetzt das Ziel der Wünsche der meisten Auswanderer zu sein.

[Quelle: Neue Speyerer Zeitung, Nr. 150, 28. Juli 1842]

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(L.7) Der neue Mordversuch gegen die Königin von England.
Die erste Vermuthung, welche die Nachricht von dem neuen Mordversuche gegen die Königin von England hervorrief, war wohl die, daß dies die Folge der in Großbritannien allgemein herrschenden Noth sei, indem eine unzählige Menschenmasse bei der angestrengtesten Mühe, oder gar bei Ermangelung jeder Arbeit, sich in jenem Lande eben nicht mehr zu ernähren vermöge. Kein Zweifel, daß solches Elend wirklich vorhanden, daß es in furchtbarer Ausdehnung herrschend ist. Dennoch aber zeigt es sich nun, daß der eben aufgetretene Verbrecher ebenso wenig als seine beiden Vorgänger Oxford und Francis, durch jene Noth zur Verzweiflung und dadurch zur That verleitet wurde. Er ist, wie jene, ein ungerathener, arbeitsscheuer Junge. – In dem, was das Nächstliegende schien, kann also die Ursache der That nicht gefunden werden. Woran aber liegt sie?

Im Laufe der Zeiten treten oft eigenthümliche Krankheiten unter den Menschen hervor: nicht bloß körperliche, sondern auch psychische und moralische. Sie wüthen eine Periode hindurch, und verschwinden dann wieder ebenso ohne erweislichen Grund, wie sie ohne solchen aufgetreten waren. So auf der einen Seite die Pest in Athen (zur Zeit des Peloponnesischen Krieges), der Schwarze Tod im Mittelalter, und die Cholera in der Neuzeit. Ebenso wie sie, verbreiten sich aber auf der anderen Seite jene erwähnten eigenthümlichen psychischen und moralischen Uebel - gleichsam mit ansteckender Macht. So lesen wir zum Beispiel schon in der altrömischen Geschichte, wie gleichzeitig hunderte von Frauen aus den vornehmsten Geschlechtern der Giftmischerei überführt wurden. Ähnliche Erscheinungen kamen im Mittelalter vor, – als ähnliche betrachten wir auf die nunmehr wiederholten Mordversuche gegen die Staatsoberhäupter in England und theilweise in Frankreich, in so ferne dieselben nemlich von solchen Individuen begangen werden, welche ebenso wenig durch die absolute Unmöglichkeit, sich ernähren zu können, als auch (wie namentlich in Großbritannien) Durch politischen Fanatismus für eine andere Verfassungsreform zu ihrem Verbrechensversuche angetrieben wurden.

Es ist schwer, zu errathen, wie ein derartiges Uebel ausgerottet oder nur gemindert werden kann. Mag es richtig sein, daß Mancher, wenn er den ersten Thäter hinrichten sieht, abgeschreckt wird, der zweite, also dessen Nachfolger zu werden. Aber muß sich, die Sache psychologisch betrachtet, nicht gerade die Überzeugung aufdrängen, daß eben bei solchen „ansteckenden moralischen Krankheiten“, die (wie sich Livius in einem solchen Falle ausdrückt) „wie eine Seuche“ sich ausdehnen, das „Contagium“ = der Ansteckungsstoff, durch Hinrichtungen nur umso mehr verbreitet würde?

Aus einem ähnlichen Gefühle (wenn auch nicht vollkommen aus der gleichen Ansicht) mag die Anordnung des Römischen Senats hervorgegangen sein, daß jene Giftmischerinen und die Haupttheilhaberinnen an den Bacchanalien, meistens heimlich hingerichtet wurden.

London, den 4. Juli.
Die Erzählung von dem neuen Mordversuche gegen die Königin, lautet, wie sie übereinstimmend gegeben wird, so abentheuerlich, daß man anfangs eine Mystification, einen Trug, vermuthete.
Die Königin zog gestern Morgen nach 11 Uhr mit ihrem Gefolge, zusammen in 3 Chaisen fahrend, vom Buckinghampalaste nach St. James. In dem letzteren Wagen befand sie sich selbst, sammt dem Könige der Belgier (der sich auf Besuch hier befindet) Und ihrem Gemahle. Auf halbem Wege, im St. James Parke, zog ein junger, mißgestalteter und verkrüppelte Bursche eine Pistole aus dem Rocke, hielt dieselbe auf den königlichen Wagen oder vielmehr auf das Hintertheil desselben, und drückte los; der Hahn der Pistole knackte, sie ging jedoch nicht los. Es scheint, daß weder die Königin noch Jemand in ihrem Gefolge etwas hievon bemerkte. Ein anderer junger Mensch von 16 Jahren, Karl Eduard Dassett, Sohn eines Farbenhändlers, der hart neben dem Thäter stand, war der Einzige, der solches gewahrte, und auch seinen bei ihm sich befindenden 15-jährigen Bruder schnell aufmerksam machte. Er hielt rasch den Thäter fest, nahm ihm die Pistole ab, und schleppte ihn fort, bis er dem Policeidiener Hearn begegnete. Diesem wollte er den Verbrechern übergeben. Der erst ein Vierteljahr in seiner Stelle sich befindende, und wie es scheint einfältige Policeidiener, hier die ganze Erzählung für einen Scherz und lachte. Ein zweiter Policeidiener, Namens Clarton, kam des Weges, der die Sache ebenfalls für einen Unsinn erklärte. Das Volksgedränge um die jungen Burschen ward nun immer Ärger, und Dassett war nicht länger imstande, den Verbrecher zu halten, – dieser verschwand in der Menge.

Da kam ein anderer erfahrener Policeikonstabler, Partridge, durch die Straße. Dassett hielt noch die jenem Buckeligten abgenommene Pistole in der Hand. Dies veranlaßte Partridge, ihn anzuhalten. Er erzählte, was wir eben gemeldet haben, wurde nun aber gerade darauf hin nach dem Policeibureau gebracht, wo er und sein Bruder die frühere Aussage wiederholten, und zugleich eine Personalbeschreibung des Thäters gaben. Die beiden erstgenannten Policeidiener bestätigten deren Angabe, soweit dieselbe Sie betraf. Kein anderer Zeuge der That war aufzufinden. Die Veröffentlichung des Signalements führte zu keinem Ergebnisse. Einige daraufhin verhaftete Personen wurden alsbald wieder freigelassen.
Vor ungefähr 8 Tagen war ein Goldschmiedsgeselle, Namens Bean, zu einem Constabler gekommen, mit dem Ersuchen, ihn bei Aufsuchung seines Sohnes behülflich zu sein, der, ein mißratener (auch körperlich verkrüppelte) Junge, ihm entlaufen sei. Der Constabler scheint sich wenig um die Sache bekümmert zu haben. Nachdem er aber das Signalement des angeblichen Königsmörders gelesen, kam ihm jener Umstand wieder ins Gedächtniß. Er suchte die vom Vater des Jungen, ihm gegebene Personalbeschreibung hervor, und da hatte er denn die Ähnlichkeit. Sogleich lief er zu Bean dem Vater, um ihn zu fragen, ob er nichts von seinem Sohne erfahren habe. Wer ihm die Hausthüre öffnete, war der kleine Bursche, der war augenblicklich die Thüre wieder zuwarf. Der Constabler fragte scheinbar unbefangen nach dem Vater des Burschen, und dieser ließ sich dadurch verleiten, die Thüre nochmals zu öffnen, worauf er dann natürlich festgenommen ward. Die beiden Dassett erklärten augenblicklich, dies sei der Thäter, und auch die Policeidiener bestätigten die Identität. Ob der Bursche die Tat gestanden hat, ist noch nicht bekannt.
Während der letzten Woche hat er sich nach seiner eigenen Angabe herumgetrieben, zweimal im Felde die Nacht zugebracht, und die Woche über nur 8 Pence auszugeben gehabt. Er heißt John William Bean, und ist 16-18 Jahre alt.
Die Pistole war ganz verrostet und mit dem schlechtesten Pulver geladen (was auch das Losgehen verhinderte). Außerdem befanden sich einige Papierstopfer, und nach einer Angabe, der jedoch von Einigen widersprochen wird, ein Stück von einer Tabakspfeife darin.

[Quelle: Neue Speyerer Zeitung, Nr. 136, 9. Juli 1842.
John William Bean (1824 – 19. Juli 1882) war ein geisteskranker britischer Krimineller. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Versuch im Jahr 1842, Königin Victoria mit einer mit Papier und Tabak geladenen Waffe zu ermorden. Bean wurde als buckliger Zwerg geboren und schoss auf die Königin, weil er in eine Strafkolonie transportiert werden wollte, da er mit seinem Leben in England unzufrieden war. Auf einen solchen Attentatsversuch stand in England die Todesstrafe. Der Ehemann der Königin, Prinz Albert, war aber der Ansicht, dass für Taten dieser Art, die faktisch harmlos seien, die Todesstrafe zu hart sei. Deshalb forderte er das Parlament auf, ein Gesetz zu erlassen, daß geringfügige Verratsdelikte nicht mit der Todesstrafe geahndet würden. Dieser Wunsch wurde mit der Verabschiedung des Treason Act von 1842 erfüllt. Bean wurde deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Nach seiner Freilassung arbeitete Bean als Zeitungsverkäufer und - wie sein Vater - als Juwelier. Er heiratete zweimal und bekam 1849 einen Sohn namens Samuel. 1877 wurde er in eine Irrenanstalt eingewiesen. Am 19. Juli 1882 fand man Bean tot in seinem Haus in Camberwell, wo er eine große Menge Opium aus einer Flasche mit der Aufschrift „Gift“ konsumiert hatte. Er hinterließ einen Abschiedsbrief, in dem er erklärte, er habe Selbstmord begangen, weil er das Gefühl habe, „seine Frau zu belasten“. Eine gerichtsmedizinische Untersuchung im St. Thomas' Hospital ergab „Tod durch Selbstmord aufgrund vorübergehender Geisteskrankheit“.
=> https://en.wikipedia.org/wiki/John_William_Bean
Die Königin war Queen Victoria (1819-1901), ihr Ehemann Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), der jüngere Sohn der Herzogin Luise (1800-1831)]

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(L.8) Unruhen in Philadelphia
Am 1. und 2. August hatten in Philadelphia Unruhen Statt, veranlaßt durch einige Processionen farbiger Leute, welche den Jahrestag der Emancipation der Sclaven in dem britischen Westindien feiern wollten und dabei Banner umhertrugen, auf denen „Freiheit oder Tod“und ähnliche den Gegnern der Emancipation verhaßte Motto’s sich befanden. Die Farbigen wurden von einer Masse Pöbels während der Processionen angegriffen und sahen sich zu kräftiger Nothwehr veranlaßt, wobei ein Paar Weiße durch Flintenschüsse schwer verwundet und eine Anzahl Farbiger durch Prügel verletzt wurde. Endlich steckten die Reisen ein im Bau begriffenes Versammlungshaus der Farbigen entbrannt sowie die Kirche der farbigen Presbyterianer; beide Gebäude gingen in Flammen auf und die Polizei, welche die Ordnung wiederherstellen wollte, wurde zurückgetrieben, doch gelang es dem Löschpersonal, die nahe liegenden Gebäude zu erhalten. 13 Individuen wurden mehr oder weniger verletzt. Als am 2. die Unruhen sich erneuerten und der Sheriff mit einer großen Menge von Polizeidienern, welche am Ufer des Shuyl=Kill waren, wo der Pöbel über die Farbigen von Neuem herfiel, zurückgetrieben wurden, machten endlich die Behörden Ernst, boten die Freiwilligen der 1. Brigade der 1. Milizdivision auf und bewilligten dem Mayor 5000 Dollars zur Anwerbung einer Anzahl temporärer Polizeidiener, die die Wiederherstellung der Ruhe durchsetzten. Am 3. war Alles zur Ordnung zurückgekehrt.

[Quelle: Johann Guenther, Brandchronik auf das Jahr 1842.
=> https://www.philaplace.org/story/62/
     https://philadelphiaencyclopedia.org/essays/riots-1830s-and-1840s/]

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(L.9) Katholischer Pfarrer zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt
Der katholische Pfarrer Follenius, der im Dezember vorigen Jahres zu Kranluken einen jungen Burschen fast in wahnsinniger Gereiztheit erschoß, ist von den Gerichten zu Weimar zu sechsjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, die er sogleich in Weimar antrat. Der Bischof von Fulda gab sich viele Mühe, ihn dem weltlichen Gericht zu entziehen und ihn seine Strafe in einem Kloster abbüßen zu lassen; allein er konnte nicht durchdringen.        

[Kranlucken ist ein Ortsteil von Schleid im Wartburgkreis in Thüringen. WB50]
   Der katholische Pfarrer Follenius, der im Dezember vorigen Jahres zu Kranluken einen jungen Burschen fast in wahnsinniger Gereiztheit erschoß, ist von den Gerichten zu Weimar zu sechsjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt worden, die er sogleich in Weimar antrat. Der Bischof von Fulda gab sich viele Mühe, ihn dem weltlichen Gericht zu entziehen und ihn seine Strafe in einem Kloster abbüßen zu lassen; allein er konnte nicht durchdringen.
   Sachsen=Weimar. Aus dem Weimarischen Oberlande schreibt man der Dorfzeitung:
Nachdem ein bösartiges Nervenfieber unter uns fast täglich neue Opfer holt, wurden wir am 21. Dezember durch eine Nachricht eigenthümlicher Art erschreckt. Aus zuverlässigste Quelle theile ich Ihnen darüber Folgendes mit, überzeugt, daß dessen Veröffentlichung nur dazu dienen könne, unkundigen und böswilligen Ausbeutungen vorzubeugen.
   Etliche junge Burschen des Dorfs Kranluken halfen einem ungeschickten Nachtwächterjungen die zehnte Stunde blasen. Der hierbei verursachte Lärm, der schon am vorigen Abend stattgefunden, verdroß den Pfarrer Follenius; er hatte deshalb sein Gewehr mit grobem Dunst geladen und dabei geäußert: er wolle einmal dem Muthwillen einen Denkzettel anhängen. Als er so bewaffnet zur erwähnten Sonntagszeit aus seiner Thüre trat, hielt die Nachtwächtergesellschaft bereits 30 bis 40 Schritte entfernt; nur der ledige Johann Richter, 36 Jahre alt, einziger Sohn und Ernährer einer betagten Wittwe, ging eben am Pfarrhof vorüber seiner Wohnung zu. Der Pfarrer rief: Halt! Wo kommst du her? Jener still stehend und gegen den Pfarrer gekehrt antwortete: „Ich komme ….“ Mehr konnte er nicht sprechen, denn schon saß ihm der ganze Schuß des nur fünf Schritte von ihm anschlagenden und abfeuernden Geistlichen in der Mitte des Unterleibs.
    „Herr Pfarrer! was machen Sie da?!“ rief der tödtlich Getroffene, worauf der Schütz verschwand. Richter schleppte sich noch in das Schulzenhaus, erstattete daselbst Anzeige über den Vorfall zu Bett.
   Da zeigte sich in Einfalt und Größe ein Bauernherz; bei einem vornehmen Stande würde man vielleicht von einem seltenen Edelsinn und Heroismus sprechen. Seinen Tod ahnend – gefühlt konnte er von dem an Leib und Seele überaus kräftigen Manne, der erst nach 20 Stunden starb, noch nicht werden – wünschte er die letzte Wegzerrung seiner Konfession. Als ihm die Umstehenden zwischen mehreren katholischen Fahrern der Umgegend die Wahl ließen, sprach R.: „Warum nicht den hiesigen? Der Herr (ländlicher Ausdruck für den Ortspfarrer) Hat mir nichts gethan; der war und ist mir recht; was Follenius an mir verbrochen, ist eine andere Sache, die wird die Obrigkeit abmachen, ich wünsche von meinem bisherigen Pfarrer das Abendmahl.“
   Sofort wurde der Pfarrer geholt, und Richter empfing ohne Klage und Vorwurf von dem, der in dieses Leben genommen, die Vorbereitung zu einem anderen.
   Eine solche Handlungsweise konnte auf den Thäter eine Rückwirkung nur im guten Sinne haben. Derselbe gestand ohne Hehl und Rückhalt den ganzen Hergang dem ankommenden Kriminalgericht und ließ sich mit Ruhe und Ergebung verhaften, mit dem Sterbenden konfrontieren und in das Gefängniß nach Dermbach führen. Die Sektion des Leichnams erwies gegen hundert Netz und Gedärm durchlöchernde Bleikörner; während derselben gerieth das Gerichts= und das Nebenzimmer plötzlich, wie man sagt, durch Unvorsichtigkeit in Flammen und die Kommission konnte nur mit Noth sich selbst, die Akten und die Leiche in das Freie retten.
   Als Motiv seiner That soll Follenius dem Gerichte einen Zustand plötzlicher Wuth bezeichnet haben, welche ihn für den Augenblick jeder Ueberlegung und Selbstbeherrschung unfähig machte. Bekannte des Follenius bestätigen dessen angeborene Heftigkeit des Temperaments; andere Zeugen sprechen von einer am verhängnißvollen Tage stattgehabten Exaltation durch geistige Getränke. Wie dem auch sey, so viel bleibt gewiß, daß jenes Werk einer Minute drei Menschen auf Lebenszeit unglücklich machte. Der erste derselben ist nun todt und damit ausser aktiver und passiver Sorge, der andere sitzt im Kerker und harrt daselbst seines Urtheils, welches, in Anbetracht obiger Milderungsgründe und der sonstigen Unbescholtenheit des Follenius noch so mild ausfallend, ihn doch für immer von einer Seelsorge entfernt, worin er Achtung und Liebe und freundliche Tage genoß, die nun einer stets umflorten Zukunft weichen müssen. Die dritte unglückliche Person ist die brod= und trostlose arme alte Mutter des Erschossenen, welche zur diesjährigen Weihnacht ihren Charfreitag hat.

[Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung, Nr. 1, 1. Januar 1842]

Aus dem Weimarischen. Es stellt sich immer mehr heraus, daß der Pfarrer Follenius von Jugend auf gemüthskrank war, und in diesem Zustand auch in der letzten Neujahrsnacht bekannte Thödtung beging. Glaubwürdige Zeugnisse seiner älteren Bekannten und alle neueren psychologischen Wahrnehmungen im Gefängnisse bestätigen dieses. Sein Gesuch, nach Amerika auswandern, wurde zwar in Weimar abgewiesen, wahrscheinlich, weil man dort, was sehr lobwürdig ist, dem Laufe der Justiz nicht vorgreifen will; allein es besteht aller Hoffnung, anzunehmen, daß jene ebenso durch ihre Menschenfreundlichkeit als erleuchtete Ansichten ausgezeichnete Regierung das zu fehlende Urtheil nicht vollstrecken, sondern den Unglücklichen seinen geistlichen Obern zur Versicherung und alle möglichen Heilung übergeben werde.

[Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung, Nr. 141, 25 Mai 1842]

[S. Weimar. Eisenach, 13 Sept. Oeffentliche Blätter meldeten vor einiger Zeit einen schrecklichen Vorfall aus dem Eisenach'schen Oberlande. Der katholische Pfarrer von Kranluken, Follenius, von jungen Nachtschwärmern aufgeregt, habe in einem Anfall von Wuth auf einen zufällig vorübergehenden Bauernburschen geschossen, die volle Schrotladung sey dem Unglücklichen in den Leib gefahren, und derselbe habe, nachdem er sich in seltener Seelengröße die letzte Oelung von seinem Mörder reichen lassen, seinen Geist aufgegeben. Der Pfarrer, tief ergriffen, habe den ganzen Hergang dem herbeikommenden Criminalgericht aufrichtig gestanden. Als Milderungsgründe der entsetzlichen That wurden des Pfarrers angeborne Heftigkeit des Temperaments und eine Art plötzlichen Wahnsinns angeführt, sonst sey er als redlicher Mann bekannt. Leider waren die Angaben der Zeitungen nur zu wahr. Während des Processes verwendete sich der Bischof von Fulda für den Pfarrer und bat, denselben seiner geistlichen Gerichtsbarkeit zu übergeben, daß er ihn in irgend einem entfernten Kloster seine Strafe abbüßen lasse, damit nicht das Aergerniß gegeben werde, über einer Geistlichen eine infamirende Civilstrafe verhängt zu sehen. Die Regierung konnte nach ihrem Rechtsgefühl auf des Bischofs Vorschläge nicht eingehen. Jetzt ist das Urtheil gesprochen und der Pfarrer Follenius in Anbetracht mildernder Umstände zu sechs Jahren Zuchthaus verurtheilt und bereits in die Strafanstalt nach Weimar abgeliefert worden.

[Allgemeine Zeitung, Augsburg, Nr. 268 vom 25.09.1842]

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