Schriftzug

Die Pfarrkirche St. Wendel soll dem Trierer erzbischöflichen Tafelgut inkorporiert werden
(Päpstliche Bulle vom 7. August 1461, LHA Koblenz 1A 3610)

übersetzt von Dr. Margarete Stitz, St. Wendel.

Übersetzung:

Bischof Pius (Papst Pius II.), Diener der Diener Gottes, seinem geliebten Sohn, dem Dekan der Kirche zu Trier, Gruß und apostolischen Segen!
Da Wir, wenn auch ohne Unser Verdienst, der gesamten Kirche vorsitzen, bewirken Wir gerne in unserem sorgenden Eifer, dass der Zustand aller Kirchen, besonders der Metropolitankirchen, und der ihnen vorstehenden Personen überall gedeihlich sei und ebendiesen Personen die entsprechenden Möglichkeiten gegeben werden, ihren Nöten abzuhelfen, damit nicht der Mangel an weltlichen Dingen ihrer Würde schade.
Weil daher, wie es die Bittschrift enthielt, die Uns neulich seitens Unseres geliebten Sohnes Johann (von Baden), des Trierer Kurfürsten, vorgelegt wurde, die trierische Kirche und sein erzbischöfliches Tafelgut von so schweren Schuldenlasten bedrückt seien, dass er selbst nicht über die Mittel verfügt, um seine Gläubiger – besonders zur Wiedereinlösung der Stadt des heiligen Wendelin in seiner Dözese, die rechtmäßig zum vorgenannten Tafelgut gehört und die für eine hohe Geldsumme und wegen dringender Bedürfnisse ihrer Kirche verpfändet worden war – bezüglich der Summen, mit denen er ihnen verschuldet ist, hinlänglich zufriedenzustellen, wenn ihm nicht durch den Apostolischen Stuhl in dieser Sache mit einem geeigneten Mittel geholfen würde,
und, wie dieselbe Bittschrift anfügte, wenn zwei Pfarrkirchen, einerseits die der besagten Stadt und andererseits die des Ortes Brechen (Niederbrechen bei Limburg) der besagten Diözese, in denen er bekanntlich das ordentliche Kollationsrecht besitzt, mit allen Rechten und Zugehörigkeiten mit seinem vorgenannten erzbischöflichen Tafelgut für immer vereinigt, ihm angeschlossen und inkorporiert würden, könnte er selbst sich um die Wiedereinlösung besagter Stadt und die Begleichung ihrer Schulden besser bemühen und veranlassen, dass die Pfarrkirchen selbst durch geeignete Vikare angemessen versorgt würden.
Daher wurden Wir von Seiten eben dieses Kurfürsten demütig ersucht, dass Wir in apostolischer Güte diese Pfarrkirchen mit allen obengenannten Rechten und Zugehörigkeiten mit diesem Tafelgut dauerhaft zu vereinigen, ihm anzuschließen und zu inkorporieren geruhten.

Wir nun, die Wir unter anderem schon lange wollten, dass diejenigen, die kirchliche Benefizien mit anderen vereinigen wollen, gehalten seien, den wahren Wert gemäß allgemeiner Schätzung sowohl des zu vereinigenden Benefizium als auch jenes, mit dem es vereinigt werden soll, zu bezeichnen – sonst würde die Vereinigung nicht gelten - , vertrauen es durch Unser apostolisches Schreiben Deiner Diskretion an, weil Wir vom Vorgenannten weder im Ganzen noch im Einzelnen sichere Kenntnis haben, aber solchen Bitten durchaus geneigt sind,
dass Du Dich unter Hinzuziehung der Betroffenen über das Vorgenannte im Ganzen und im Einzelnen auf Grund Unserer Bevollmächtigung sorgfältig kundig machst, und, wenn Du es durch solche Erkundigung so herausgefunden hast, sollst Du diese Pfarrkirchen – mit diesem Schreiben verlangen Wir, dass genau bestimmt wird, welchen wahren Jahreswert die Früchte, Einkünfte und Erträge sie und das vorgenannte Tafelgut haben, auch, ob beide oder eine von ihnen aus welchem Grund auch immer besonders oder allgemein der apostolischen Verfügung vorbehalten sein sollten -, für immer mit diesem Tafelgut vereinigen, ihm inkorporieren und angliedern, so dass es dem vorgenannten Kurfürsten oder dem künftig amtierenden Trierer Erzbischof erlaubt ist, den tatsächlichen Besitz dieser Pfarrkirchen und der vorgenannten Rechte und Zugehörigkeiten, sobald die Rektoren (die eigentlichen Pfarrer) dieser Pfarrkirchen sie abtreten oder gleichzeitig oder nacheinander verscheiden oder diese Kirchen auf irgendeine andere Weise abgeben, kraft eigener Autorität frei zu ergreifen und für immer zu behalten, auch deren vorgenannte Früchte, Einkünfte und Erträge zur Wiedereinlösung besagter Stadt und Begleichung ihrer Schulden und auch sonst zum Nutzen des Tafelgutes und der vorgenannten Kirchen zu verwenden, ohne dass sie dazu im geringsten irgendjemandes Erlaubnis einholen müssen, nachdem Du aber zuvor davon für die einzelnen ständigen Vikare der vorgenannten Pfarrkirchen die jeweiligen entsprechen-den einzelnen Anteile zurückbehalten hast, von denen sie angemessen leben und die ihnen zeitweilig zufallenden Abgaben leisten können.

Dem (der obigen Regelung) stehen nicht entgegen die vorgenannte (nicht relevante) Erlaubnis (irgendeines anderen) noch irgendwelche widersprechende besondere oder allgemeine derzeit noch geltende Vorbehalte, andere apostolische Konstitutionen oder Anordnungen, auch nicht das Gewohnheitsrecht ebendieser Trierer Kirche, selbst wenn sie durch Eid, päpstliche Bekräftigung oder irgendeine andere Weise bekräftigt wurden, oder, wenn irgendwelche Personen betreffs Verleihungen von solchen oder anderen kirchlichen Benefizien, die ihnen in diesen Gebieten zukommen sollen, besondere oder allgemeine Schreiben des besagten apostolischen Stuhles oder seiner Legaten erwirkt haben; insbesondere, wenn es durch diese Schreiben zu einem Verfahren über ein Verbot, einen Vorbehalt oder eine Anordnung oder irgendetwas anderes kommen sollte, so wollen wir diese Schreiben und die auf sie gestützten Verfahren an sich oder ihre Folgen auf die besagten Pfarrkirchen nicht erstreckt sehen, sondern hinsichtlich des Erwerbs anderer Benefizien soll ihnen kein Nachteil entstehen,
noch soll die Wirkung irgendwelcher Privilegien, Ablässe und allgemeiner oder besonderer apostolischer Schreiben, welchen Inhalts auch immer, durch das, was diesem Schreiben nicht ausdrücklich oder überhaupt eingefügt wurde, irgendwie verhindert oder aufge-schoben werden können, ebenso wie durch das, was nach dem gesamten Wortlaut unseres Schreibens ausdrücklich erwähnt wurde.

Wir aber, wenn Dir die vorgenannte Vereinigung, Eingliederung und Inkorporation kraft dieses Schreibens, wie vorausgeschickt, gelingt, erklären es ab jetzt für völlig nichtig, wenn darüber von irgendjemandem in irgendwelcher Autorität wissentlich oder unwissentlich eine andere Entscheidung versucht werden sollte.

Gegeben zu Tibur im Jahr der Menschwerdung des Herrn eintausendvierhunderteinundsechzig am siebten (Tag vor den) Iden des August [= 7. August], im dritten Jahre Unseres Pontifikats.

Historische Forschungen · Roland Geiger · Alsfassener Straße 17 · 66606 St. Wendel · Telefon: 0 68 51 / 31 66
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