N. Rathschläge
(N.1) Regeln, beim Weiden des Viehes zu beobachten.
1. Der Uebergang aus der Winterfütterung zur Weide soll nie plötzlich, sondern nur allmählig und mit um so größerer Vorsicht geschehen, je weniger Nahrung noch die Weide enthält, besonders bei nasser Witterung, auf feuchten Weideplätzen und überhaupt unter ungünstigen äußern Einflüssen, daher stets für hinreichenden Futtervorrath gesorgt sein soll, um wenigstens in der erstern Zeit der Beweidung vor dem jedesmaligen Austrieb dem Weidevieh ein trocknes Futter reichen zu können.
2. Die Weide soll in angemessene Schläge oder Reviere eingetheilt werden, um sie nur allmählig, Schlag für Schlag abzuhüten, mit Rücksicht auf die verschiedene Beschaffenheit und Entfernung derselben, daß nämlich die entferntern nur bei guter Witterung, die nahen bei ungünstiger, die feuchten bei trockner, und die trockenen bei feuchter Witterung betrieben werden.
3. In der Frühe, im nüchternen Zustande des Viehes dürfen nie feuchte und im üppigen Wuchs stehende Weiden, sondern nur die trocknen und magern Plätze betrieben werden.
4. Die Weide soll nur mit so viel Vieh besetzt werden, als unter allen Witterungsverhältnissen gut ernährt werden kann; daher der Bedarf an Weidefläche nach dem Futterertrag der Weide, nach dem Futterbedarf des Weideviehes und nach der Dauer der Weidezeit berechnet werden soll.
5. Zum Schutz bei zu heißer oder zu nasser Witterung, bei Stürmen etc. soll für einen Unterstand gesorgt werden, wozu eine Bretterhütte, ein Schuppen oder der Schatten von Bäumen dient.
6. Auch darauf soll besonders gesehen werden, daß das Vieh auf der Weide oder zu und von derselben nicht zu stark getrieben, nicht gejagt, und gleich Anzeige gemacht werde, wenn auf der Weide Erkrankungen oder Beschädigungen bemerkt werden.
7. Muß für gesunde Tränke auf der Weide gesorgt werden, zu welcher das Weidevieh stets nur in der Frühe geführt werden soll. Dagegen werde altes stehendes faules Wasser, besonders bei der Sonnenhitze vermieden und das Vieh nie in seinem erhitzten Zustande, nach schnellem Treiben, zur Tränke gelassen. Wo aber auf der Weide selbst keine gesunde Tränke sich findet, muß dafür gesorgt werden, daß das Vieh vor dem Austrieb getränkt werde.
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(N.2) Für Jagdliebhaber.
Kunst, Hasen und anderes Wildpret an jeden beliebigen Ort, aus weiter Ferne zahlreich hin zu locken.
Um Hasen an jeden beliebigen Orte hin zu locken, und sie dann leicht fangen oder schießen zu können, braucht man nur, wenn die Felder mir Schnee bedeckt und gefroren sind, an den Hauptpunkten, wo man jagen will, Petersilie, der Hasen liebstes Leckerfutter, in kleinen Büscheln auszulegen. Der Geruch davon lockt sie aus allen Orten herbei.
Auch kann man Kugeln aus Brodkrummen, klein geschnittener Petersilie, und etwas pulverisirtem Fenchelsamen bereiten, und solche, Behufs des erwähnten Zweckes, im Jagdrevier ausstreuen.
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(N.3) Belehrungen über den Wiesenbau und insbesondere die Pflege und Bewässerung der Wiesen.
[09.03.1842] Die Mittheilung dieses der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen entnommenen Aufsatzes halten mir um so mehr für geeignet, als auch für die hiesige Gegend eine allgemeine Thätigkeit in der Verbesserung der Wiesen ganz nahe bevorsteht.
Die Vorstände der Gemeinden, von dem ermunternden Resultat in Kenntniß gesetzt, welches in anderen Gegenden, namentlich im Kreise Merzig, durch Verbesserung der Wiesen erzielt worden, haben auf den Geund ältere gesetzlicher Bestimmungen Beschlüsse gefaßt, welche die Genehmigung der höheren Behörde erhielten, und dahin zwecken, nach den Anordnungen Sachverständiger und unter Aufsicht und Leitung der Ortsbehörden und besonders eingesetzter Commissionen die Regulirung der Bäche und die Anlegung von Gräben vorzunehmen und dadurch die Mittel zur Entwässerung und zu einer zweckmäßigen Bewässerung der Wiesen zu erlangen, worauf die Hauptverbesserung beruht.
Voraussichtlich werden die günstigen Erfolge in andern Gegenden auch hier nicht ausbleiben und zur Verbesserung der Lage vieler Eingesessenen beitragen.
Wir werden bemüht sein, von dem, was für die Wiesenverbesserung in den verschiedenen Gemeinden geschieht, Kenntniß zu erhalten, und sodann davon Mittheilung machen.
Die Redaktion
Einleitung.
Als eine erfreuliche Erscheinung unserer Zeit, als die segensreiche Frucht eines langen Friedens kann man den außerordentlichen Aufschwung betrachten, welchen die gesammte deutsche Industrie während des letzten Decenniums genommen hat; insbesondere zeichnet sich hierin das erste aller Gewerbe- der Ackerbau- aus, seitdem man, den alten Vorurtheilen entsagend, anfing, denselben von einem wissnschaftlichen Standpunkte aus zu betrachten, und ihn mehr rationell zu betreiben. Den ersten Impuls hierzu haben unstreitig die in den meisten deutschen Staaten gebildeten landwirthschaftlichen Vereine durch Verbreitung größerer Intelligenz unter den Landwirthen gegeben; ihr Wirken bleibt noch stets vom günstigsten Erfoige belohnt. Das Hauptagens des Ackerbaues ist nun der Dünger; ohne ihn geben die meisten Felder wenig oder nichts, durch verhältnißmäßig stärkere Anwendung desselben aber einen halb bis doppelthöheren Ertrag bei gleichem Arbeitsaufwande, als nach mittelmäßiger Düngung. Eine Vermehrung des Düngers kann inzwischen nur durch Vergrößerung des Viehstandes bewirkt werden; woher soll man aber die Unterhaltung desselben bestreiten, wenn man nicht auf Kosten des Feldbaues den Anbau von Futterkräutern ausdehnen will. Diese Frage findet einzig und allein in der Einführung einer besseren Wiesenkultur ihre Erledigung. Der Wiesenbau bildet die Seele der Landwirthschaft, wie jeder einsichtsvolle Oekonom einräumen wird, und wie uns schon vor Jahren der Nestor unserer Landwirthe, der verdienstvolle Schwertz, mit den Worten zurief: „gute Wiesen sind das Kleinod jeder ländlichen Besitzung u. s. w., schlechte des Besitzers wie des Besitzthums Schande und selbst mittelmäßige des Ackerbaues Last!“
Die Hauptverbesserung der Wiesen beruhet aber nicht auf einer übermäßigen Düngung - denn welcher Landwirth könnte wohl auch noch Dünger für seine Wiesen erübrigen- sondern blos auf einer zweckmäßig angelegten und gehandhabten Be= und Entwässerung der Wiesen, als der einzigen ihnen nöthigen Düngung, und gerade hierin liegt das mächtige Vehikel der so hoch stehenden durch ganz Deutschland als Muster geltenden Siegenschen Wiesenkultur.
Der Kreis Siegen - zwischen Nassau, und Westphalen- liegt etwa 1100 Fuß über der Meeresfläche, und doch geben die besten künstlich planirten Wiesen 60 Ctr., die besten natürlichen Wiesen hingegen 36-40 Ctr. Ertrag per badischen Morgen; erstere werden dreimal geschnitten.
Unter Bewässerung versteht man aber nicht eine Ueberschwemmung oder Ueberstauung der Wiesen, sondern einen dünnen, möglichst gleichförmigen ziemlich raschen Ueberlauf des Wassers (Ueberrieselung sehr passend genannt), das nirgends stehen bleiben, sondern sogleich wieder ablaufen muß, da es bei zu langsamem Laufe oder Stillstand schlechte und faule Gräser erzeugt. Die edleren Schlamm oder Fetttheile des Wassers sind specifisch leichter und schwimmen daher auf seiner Oberfläche, können also auch nur bei einer sanften Ueberrieselung durch die Reibung zwischen den Grasstoppeln abgesetzt werden.
Je weniger Unebenheiten und je mehr Gefälle eine Wiese hat, desto leichter und erfolgreicher läßt sie sich bewässern; Flächen von zu wenigem Gefälle oder gar horizontal liegende bieten schon mehr Schwierigkeit dar, da nur ein stärkeres Gefälle den raschen Ueberlauf des Wassers bedingt. Doch läßt sich auch hier Aushülfe finden, und das von der Natur versagte Gefälle durch Kunst mittelst des Rückenbaues erreichen. Die Rücken werden 3-12 Ruthen lang, 2 ½: Ruthen breit, auf Thon= oder Sandboden mit 10- 15 Zoll, auf Lehm oder anderm guten Boden mit 8-10 Zoll Gefälle auf jeder Seite angelegt Es genügt aber gar nicht, daß bei abhängigen Flächen (Hängewiesen oder Hangbau) das Wasser über eine lange Strecke riesele, sondern es gilt dann die feste Regel, daß bei stärkerem Gefälle alle 2 Ruthen, bei geringerem alle 1 ½ Ruthen ein Horizontalgräbchen liege, das von dem oberhalb liegenden das Wasser auffängt und wieder neu vertheilt, und das zugleich alle 6-7 Ruthen von einem vertikal laufenden kleinen Vertheilgraben mit frischem Wasser aus dem Hauptgraben versehen wird. Nur auf diese Weise läßt sich eine gleichförmige Bewässerung bewirken, da sich sonst allemal die fetten Schlammtheile des Wassers in der Nähe des Hauptgrabens ablagern, auf den unteren Theil der Wiese aber nur klares Wasser rinnt.
Regeln bei Anlegung oder Erneuerung der Gräben
1) Die Zuleitungsgräben werden stets mit sehr wenigem Gefälle über die höchsten Punkte der Wiese geführt, mehr flach und breit, und nur wo möglich zur Hälfte in den Boden eingegraben, die andere Hälfte aufgedämmt, so, daß sich etwa der halbe Wasserstand über der Wiese befindet; im bindenden Boden giebt man ihnen eine 1 ½ bis 2, im leichten Boden eine 2füßige Dossirung, und belegt diese mit Rasen.
2) Bei den Ableitungsgräben gilt das Gegentheil des Vorstehenden, nur die Böschung bleibt dieselbe. Bei neuen Anlagen kommen allemal die Ableitungsgräben zuerst zur Ausführung.
3) Beim Aufstechen der Gräben, auch der alten, bediene man sich stets der Schnur, und arbeite nie aus freier Hand.
4) Beim Aufräumen der alten Gräben muß nur so viel von den Seitenwänden und der Sohle genommen werden, um ihnen ihre ursprüngliche Weite und Tiefe, aber ja nicht mehr, wieder zu geben. Die ausgenommenen Rasen und Erde werden zur Seite auf kleine Haufen gelegt.
5) Alle auf dem Hange befindlichen, Wasser= und Vertheilgräbchen werden alle zwei Jahre etwa um einen Fuß ab= oder seitwärts verlegt, und die dabei gewonnenen Rasen sogleich wieder in die alten gelegt und fest getreten oder gestampft. Alle über den Scheitel einer Anhöhe laufenden, sowie Rücken= und Abzugsgräben werden nie verlegt.
6 ) Nach Beendigung dieser Arbeit wird Wasser aufgestellt und damit die Horizontalgräben reguliert; die hiernach übrig bleibenden Rasen und Erde benutzt man zur Ausfüllung der während der Bewässerung sehr leicht bemerkbaren kleinen Vertiefungen, und ebenet also von Jahr zu Jahr die Wiese immer mehr. Finden sich keine Vertiefungen, so formirt man Composthaufen davon.
Die Bewässerung selbst zerfällt in die Herbstwässerung, die erfolgreichste, mehr düngende, weil dann die Bäche wegen häufigen Regens die meisten Schlammtheile bei sich führen, und die Frühjahrs= und Sommerwässerung, theils als Nachhilfe jener, mehr auflösend und erfrischend.
Um also die erstere recht vollständig benutzen zu können, sorgt man, daß sämmtliche Wässerungsanstalten sich bis zum Eintritte der ersten Flutk in brauchbarem Stande befinden; da diese in der Regel vielen Sand und rohe Erdtheile enthält, so stellt man das Wasser nur auf die schlechteren, zumal sumpfigen Strecken, und des anderen Tages erst auf die ganze Wiese. Bei reißenden Bergwassern thut man wohl, an der Einmündung der Hauptgräben Erdfänge anzulegen und den darin abgesetzten Sand und Kies fleißig auszuschlagen.
Während der ganzen Dauer der Bewässerung werden die Wiesen täglich, besonders Morgens und Abends, begangen, um etwa entstandene kleine Unfälle sogleich wieder zu verbessern, angeschwemmtes Laub, Reisig u. dgl. aus den Gräbchen zu entferneu, Maulwurfslöcher zu verstopfen und ihre Bewohner herauszutreiben, überhaupt die Bewässerung möglichst vollständig auszuüben.
Da mit dem Monate Oktober das Wiesenjahr anfängt, so wollen wir auch mit ihm die Reihenfolge der Wiesenarbeiten eines jeden Monats beginnen
Oktober.
Sind die Wässerungsanstalten noch nicht völlig hergestellt, so beschleunige man deren Vollendung, und wässere Tag und Nacht fort. Thonboden disponirt bei überhäufter, anhaltender Nässe und wenigem Gefälle leicht zur Erzeugung von Binsen und Sumpfgräsern, man lasse ihn daher, wie auch Torf= und Moorboden, nach 3- 4 tägiger Bewässerung, guten Boden aber nach 6- 7 Tagen, einen Tag trocken. Reicht die Wassermenge nicht aus, um die ganze Wiese mit einem Male unter Wasser zu stellen, so wechele man abtheilungsweise alle paar Tage damit.
Die sauern Stellen werden stärker, d. h. mit größerer Wassermasse bewässert, um den Sumpf gleichsam auszuwaschen. Tritt rauhe, kalte Witterung oder Schneegestöber ein, so wässere man anhaltend fort.
Als ein Zeichen genügsamer Bewässerung betrachtet man das von der Menge des abgelagerten Schlickes herrührende schwärzliche Ansehen der Wiesen und wässert dann nur in geringerem Maaße.
November.
Hier gilt dasselbe, wie im vorigen Monate; bei gelindem Wetter, wie bei etwas Frost oder Schnee, wässere man fort und lasse die Wiese erst bei nachherigen wärmeren Tagen trocken, hüte sich jedoch sehr, daß man nicht von einem starken Froste überrascht und die Wiese mit Eis bedeckt werde. Bei der geringsten Befürchtung eines solchen stelle man das Wasser so zeitig ab, daß die Wiese vorher noch abtrockne, und der Frost nicht in den nassen Boden desto tiefer eindringe und die Graswurzel beschädige. Kann eine gehörige Abtrocknung der Wiesen vor dem Froste nicht mehr erfolgen, so läßt man besser das Wasser auf, und wartet zu seiner Abstellung den ersten milden Tag ab.
Wo sich Bäume, Hecken und Gesträuche Wiesen finden, da benütze man die müßigen Tage des Spätherbstes zu ihrer Ausrottung, ndem sie für die Wiesen große Nachtheile bringen.
Dezember.
Auch in diesem Monat kann bei gelindem Wetter die Bewässerung noch fortgeführt, muß aber bei der leisesten Besorgniß vor starker Kälte lieber sogleich eingestellt werden, als daß man es riskirt, vom Froste überfallen zu werden. Wenn man ganz versichert wäre, daß das Wasser den ganzen Winter hindurch unter dem Eise bleibe, so würde nicht allein kein Schaden, sondern sogar noch der Vortheil erwachsen, daß die Vegetation sehr zeitig im Frühjahre eintritt.
Januar und Februar.
In diesen beiden Mouaten gibt es wenig zu tun. Moos, Heide und Ranunkeln werden am leichtesten durch Eißbedeckung im Winter und durch Bewässerung im folgenden Monat vertilgt. Uebrigens sehe man doch öffers nach, ob sich das Wasser nicht irgendwo durchgearbeitet hat und die Wiesen mit Eis zu bedecken drohet; hat sich doch Eis eingefunden, so suche man es in den ersten warmen Tagen zu Ende Februars oder Anfang März durch starke Bewässerung baldigst zu entfernen, denn es schadet der Grasnarbe ungemein, wenn es bloß durch die Sonnenwärme schmilzt.
März.
Mit diesem Monat fängt schon die Frühlingswässerung an, die mit weit mehr Vorsicht und sehr häufiger Unterbrechung ausgeübt werden muß, als die des Herbstes, da auf Wässerungswiesen die Vegetation schon sehr zeitig beginnt, und zu oft gegebenes oder vieles Wasser sie nur beeinträchtigen kann; zudem ist das Wasser in diesem Monat meist noch sehr scharf und kalt, daher auf moosigen Wiesen besonders anwendbar.
Bei warmem, trockenem Wetter wässere man den dritten bis vierten Tag etwa 24 Stunden lang, bei Nachtfrösten gebe man jede Nacht Wasser auf und stelle es Morgens wieder ab.
Ueberhaupt ist es Regel, die Aufstellung des Wassers Abends, die Abstellung aber Morgens zu bewirken,
Mit neu anzulegenden Bewässerungen kann man in diesem Monate schon anfangen, um sie desto früher, und auf guten Wiesen wo möglich vor dem stärkeren Triebe des Grases etwa gegen Ende Aprils so weit noch zu bringen, daß schon die Sommerwässerung benutzt werden kann.
Umbauungen können nur auf höher gelegenen trockenen Wiesen mit Vortheil in Arbeit genommen werden, auf niedrigen enthält der Boden noch zu viel Winterfeuchtigkeit.
Auf sauren oder sumpfigen Wiesen, die aber vorher entwässert worden, bringt Anfangs dieses Monats die Einstreuung von Holzasche erstaunliche Wirkung durch Erzeugung von Clay und süßen Gräsern hervor.
April.
Bei mildem Wetter wässere man 2-3 Tage anhaltend, und setze dann einen Tag aus, bei kalten Nächten muß stets Wasser auf sein. Man hüte sich aber von jetzt an, sehr schlammiges Wasser auf guten Wiesen zu gebrauchen, besonders wenn es thonige oder lehmige Bestandtheile enthält, indem sich der Schlick so fest auf den Boden lagert, daß die jungen Grastriebe darunter ersticken.
Steht ein Nachtfrost bevor, so gebe man stark Wasser auf, ist man aber davon überrascht worden, so thue man dies wo möglich noch des Morgens vor Sonnenaufgang, und lasse es gegen 9- 10 Uhr wieder ab. Hierdurch wird die nachtheilige Einwirkung auch des stärksten Frostes gänzlich aufgehoben.
Die Reinigung der Wiesen, Ausgleichen der Maulwurfs= und Ameisenhügel muß nicht länger verschoben werden.
Mai.
Wegen eintretender Nachtfröste verhalte man sich wie im vorigen Monat. Bei rauhem Wetter wässere man öfter, bei warmem seltener, aber nie länger als 1-2 Tage, bei heißem Wetter nur die zweite bis dritte Nacht. Durch anhaltende Bewässerung in diesem Monate bei trockenem Wetter bildet sich gewöhlich - besonders auf Wiesen von wenigem Gefälle - eine grünliche Schleimhaut auf dem Boden, die alles Gras verdämmt.
Juni.
Bei Regenwetter unterbleibt alle Bewässerung, aber bei trockener Witterung stelle man um die andere Nacht nur so viel Wasser auf, daß die Gräben stark gefüllt sind, und lasse es Morgens wieder ab. Acht Tage lang vor der Heuernte hört alle Nahrung auf.
Man bedient sich wo möglich breiter Räder bei der Heuabfuhr, um das tiefe Einschneiden derselben zu verhüten, und zur Schonung der kleinern Gräben von nur einigen Fuß Prosil legt man einige festgebundene Reiswellen hinein, über die man fährt; größere Gräben müssen natürlich mit Brücken versehen werden.
Die Wiese wird einmal der Länge nach, das andere Mal quer gemäht, weil auf dem Vereinigungspunkt zweier Maden allemal längere Stoppeln bleiben, die sonst immer auf dieselbe Stelle kämen und so ein ungleiches Aufwässern (Erhöhen) der Wiese herbeiführten, da sich zwischen den hohen Stoppeln mehr Schlamm absetzt.
Juli.
Nach dem Heuschnitte bleibt die Wiese 8-10 Tage lang ganz trocken, damit sich die krass Stoppeln erst wieder vernarben, nachher kann man 8 Tage hindurch jede Nacht, dann aber nach Maßgabe der Witterung die dritte bis vierte nach Gewässern.
August.
Torf= und Moorwiesen bewässert man in diesem Monat besonders stark, Wiesen von gutem aber trockenem Boden um die andere Nacht, feuchte aber nur wöchentlich etwa 2 Tage.
In gebirgigen Gegenden kann man noch in diesem Monat die zu Wiesen bestimmten Flächen mit Vortheil ansäen, aber nicht später, weil sich sonst das junge Gras vor dem Eintritte des Winiers nicht mehr gehörig bestockt und deshalb durch die Kälte leicht zu Grunde geht.
September.
Bei warmem und trockenem Wetter wird die zweite bis dritte Nacht, bei rauhem, und freundlichem 2-3 Tage anhaltend gewässert und dann einen Tag trocken gestellt, bis 10 oder 12 Tage vor der Grummeternte.
Nach Beendigung dieser beginnt man sogleich mit der Aufräumung sämmtlicher Gräben, stellt Wehre, Schleusen, Dämme etc. wieder in brauchbaren Stand.
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(N.4) Maaßregeln um der Entstehung von Feuersbrünsten vorzubeugen.
Mehrere in kurzer Zeit aufeinander folgende Feuersbrünste im Regierungs=Bezirke und in dem benachbarten Großherzogthume Luxemburg veranlassen uns bei der durch die herrschende trockene Witterung vermehrten Feuersgefahr, die Königl. Landräthe und sämmtliche Orts=Polizei=Behörden hierdurch dringend aufzufordern, die zweckdienlichsten Maaßregeln zu ergreifen, um der Entstehung von Feuersbrünsten, so viel als möglich, vorzubeugen:
Jnsbesondere verordnen wir
1. daß die Feuerordnung vom 2. Juni 1837 (Amtsblatt S. 311) in allen Gemeinden aufs Neue publicirt, auf das Strengste gehandhabt und gegen jede Feuer=Polizei= Contravention protocollirt und das gerichtliche Verfahren gegen die Uebertreter eingeleitet werde;
2. daß unverzüglich in allen Gemeinden eine sorgfältige Feuerschau vorgenommen und alle verbotwidrigen und feuergefährlichen Anlagen nicht blos zur polizeigericht-lichen Bestrafung veranzeigt, sondern sofort beseitigt werden;
3. daß die Feuerlöschgeräthschaften in allen Gemeinden sofort revidirt, die schadhaften schleunig ausgebessert und die abgegangenen oder fehlenden ersetzt werden. Auch ist für schleunige Beschaffung von fahrbaren Spritzen oder Handspritzen, wo solche noch nicht vorhanden sind, soviel als die Mittel der Gemeinden es irgend gestatten, zu sorgen;
4. daß Feuerlöschbehältnisse stets - die Feuerspritzen mit Wasser, die Feuereimer mit Sand - gefüllt sein müssen, spätestens jedoch drei Tage vor einem Brande;
5. daß in allen Gemeinden, wo noch keine besondere Nachtwächter angestellt sind und auf andere Art nicht bereits für regelmäßige Nachtwachdienste gesorgt ist, unverzüglich geeignete Nachtwächter angestellt oder Nachtwachen nach der Reihenfolge der Eingesessenen angeordnet und durch die Bürgermeister, Spccial= Beigeordneten, Polizeidiener und Gendarmen gehörig beaufsichtigt und controllirt werden;
6. haben die königl. Landräthe und Bürgermeister der Ermittelung der Entstehungs=Ursache etwa vorkommender Feuersbrünste ihre besondere Sorgfalt und Thätigkeit zu widmen und bringen wir die Vorschriften unserer Verfügungen vom 18. März 1818 (Amtsbl. S. 103) und vom 4. März 1832 (Amtsbl. S. 89) wegen der schleunigen persönlichen Untersuchung an Ort und Stelle wiederholt in Erinnerung.
Endlich empfehlen wir hierdurch den Einwohnern des Regierungs=Bezirks überhaupt die gewissenhafteste Vorsicht beim Umgehen mit Feuer und Licht, insbesondere den Gebrauch verschlossener Laternen in Gewerbs= und Landwirthschafts= und anderen Localien, in welchen leicht feuerfangende Gegenstände aufbewahrt werden.
Trier, den 18. Juni 1842.
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(N.5) Neue Viehmärkte in Saargemünd und Püttlingen
Nachträglich zu der Bekanntmachung in Betreff der Einfuhr von Pferden und Rindvieh auf Französische Märkte vom 3. des Monats in Nr. 23 des Blattes wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß zu Saargemünd vom 22. des Monats ab alle 4 Wochen Mittwochs, und zu Püttlingen am 2. Montag im Februar, Mai, August und November Viehmärkte gehalten werden.
St. Wendel den 23. Juni 1842.
Der Königliche Landrath.
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(N.6) Regeln, beim Weiden des Viehes zu beobachten.
1. Der Uebergang aus der Winterfütterung zur Weide soll nie plötzlich, sondern nur allmählig und mit um so größerer Vorsicht geschehen, je weniger Nahrung noch die Weide enthält, besonders bei nasser Witterung, auf feuchten Weideplätzen und überhaupt unter ungünstigen äußern Einflüssen, daher stets für hinreichenden Futtervorrath gesorgt sein soll, um wenigstens in der erstern Zeit der Beweidung vor dem jedesmaligen Austrieb dem Weidevieh ein trocknes Futter reichen zu können.
2. Die Weide soll in angemessene Schläge oder Reviere eingetheilt werden, um sie nur allmählig, Schlag für Schlag abzuhüten, mit Rücksicht auf die verschiedene Beschaffenheit und Entfernung derselben, daß nämlich die entferntern nur bei guter Witterung, die nahen bei ungünstiger, die feuchten bei trockner, und die trockenen bei feuchter Witterung betrieben werden.
3. In der Frühe, im nüchternen Zustande des Viehes durfen nie feuchte und im üppigen Wuchs stehende Weiden, sondern nur die trocknen und magern Plätze betrieben werden.
4. Die Weide soll nur mit so viel Vieh besetzt werden, als unter allen Witterungsverhältnissen gut ernährt werden kann; daher der Bedarf an Weidefläche nach dem Futterertag der Weide nach dem Futterbedarf des Weideviehes und nach der Dauer der Weidezeit berechnet werden soll.
5. Zum Schutz bei zu heißer oder zu nasser Witterung, bei Stürmen etc. soll für einen Unterstand gesorgt werden, wozu eine Bretterhütte, ein Schuppen oder der Schatten von Bäumen dient.
6. Auch darauf soll besonders gesehen werden, daß das Vieh auf der Weide oder zu und von derselben nicht zu stark getrieben, nicht gejagt, und gleich Anzeige gemacht werde, wenn auf der Weide Erkrankungen oder Beschädigungen bemerkt werden.
7. Muß für gesunde Tränke auf der Weide gesorgt werden, zu welcher das Weidevieh stets nur in der Frühe geführt werden soll. Dagegen werde altes, stehendes, faules Wasser, besonders bei der Sonnenhitze vermieden und das Vieh nie in seinem erhitzten Zustande, nach schnellem Treiben, zur Tränke gelassen. Wo aber auf der Weide selbst keine gesunde Tränke sich findet, muß dafür gesorgt werden, daß das Vieh vor dem Austrieb getränkt werde.
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(N.7) Für Jagdliebhaber.
Über die Kunst, Hasen und anderes Wildpret an jeden beliebigen Ort, aus weiter Ferne zahlreich hin zu locken.
Um Hasen an jeden beliebigen Orte hin zu locken, und sie dann leicht fangen oder schießen zu können, braucht man nur, wenn die Felder mir Schnee bedeckt und gefroren sind, an den Hauptpunkten, wo man jagen will, Petersilie, der Hasen liebstes Leckerfutter, in kleinen Büscheln auszulegen. Der Geruch davon lockt sie aus allen Orten herbei.
Auch kann man Kugeln aus Brodkrummen, klein geschnittener Petersilie, und etwas pulverisirtem Feuchelsamen bereiten, und solche, Behufs des erwähnten Zweckes, im Jagdrevier ausstreuen.
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(N.8) Die Zubereitung des künstlichen Düngers,
welche für die Wiesen von einem früher zum andern, gewöhnlich im Monat März, längstens zu Anfang Aprils geschieht. Mit Ausnahme der lettigen Erde ist jede andere Erde dazu geeignet; dieselbe wird 2 Schuh hoch locker aufgeworfen, damit sie in der Sonne distiliren kann, und muß beiläufig alle zwei Monate umgeschaufelt, die Schollen aber zerhauen werden. Nach 5 bis 6 Monaten wird Pferdemist 1 Schuh hoch auf die Erde geworfen. Der Pferdemist muß dann ebenfalls alle zwei Monate umgeschaufelt und die Knollen zerhauen werden, ohne ihn jedoch zu vermengen. Erhitzt sich dieser Mist stark, so muß die Umschauflung öfters geschehen.
Hat der Pferdemist durch 4 bis 5 Monate auf der Erde gelegen, so wird solcher mit der Erde gut vermengt, und dann recht oft umgeschaufelt.
Zeitig im Frühjahr, wenn noch der Schnee liegt, wird der dergestalt zubereitete Dünger auf die Wiesen gestreut. Auch Kuh und Rindermist, wenn kein Pferdemist zu haben ist, kann hierzu verwendet werden; dieser muß aber länger wie der Pferdemist liegen bleiben.
Die Erde wird daher im März vorbereitet und der Mist im Herbst.
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(N.9) Mittel gegen die Erdflöhe.
Unter allen Mitteln, nehmlich Gerberlohe Holz und Torfasche, Absud von Pappelblättern, Einweichung des Samens in Terpentin etc. ist noch keines so bewährt gefunden worden wie nachstehendes und ist zu hoffen, daß dieses zuverläßige, aller Orten leicht anzuwendende Mittel den Grundbesitzern gewiß angenehm sein wird. Hühnermist hat jeder Oekonom. Mit diesem Mittel werden die Erdflöhe nicht nur gänzlich vertilgt, sondern ihr Entstehen wird auch dadurch verhindert. Man lasse das zu besäende Land umgraben, zwei oder drei Tage liegen, alsdann Hühnermist darauf streuen und es umhacken, so daß der Mist nur etwas mit Erde bedeckt wird. Hierauf wird es bestreut und gleich behackt und es wird sich kein Erdfloh an den darauf wachsenden Pflanzen sehen lassen.
Auf ein mit diesem schädlichen Insekt schon behaftetes Land braucht man den Hühnermist nur dünne zwischen die Pfllanzen zu streuen und der Erdfloh wird sofort verschwinden.
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(N.10) Ueber Baumlaub als Schaaffutter.
Seit mehreren Jahren das Laub verschiedener Bäume, besonders der canadischen Pappel, zu Schaaffutter benutzend, möchte es wohl erlaubt sein, auch die nachfolgenden Erfahrungen mitzutheilen Der größere oder geringere Futterwerth des Laubes ist ganz besonders abhängig von dem Alter der Zweige und der Zeit und Art der Gewinnung derselben. Laub von 3= bis 5jährigen Zweigen hat Vorzug vor dem von bedeutend älteren.
Die geeigneteste Zeit zur Laubung ist in der Regel Ende August und Anfangs September und am begierigsten fressen die Schaafe dasselbe, wenn es nicht zu schnell in starker Sonnenhitze, sondern mehr bei leicht bewölktem Himmel oder in mäßigem Schatten der Bäume trocken wurde, und je mehr die grüne Farbe und der eigenthümlich aromatische Geruch ihm blieb. Nicht leicht hat man das Verderben des noch weichen Laubes zu fürchten, denn so unter Dach und aufeinander gebracht, trocknet es vermittelst der großen Zwischenräume noch völlig aus. Sehr schnell und scharf getrocknetes oder öfters naß und wieder trocken gewordenes Laub hat bedeutend weniger oder fast gar keinen Futterwerch, verhältnißmäßig leidet das Laub hierdurch ungleich mehr als das Heu. Acht bis zehn Bund von etwa fünf Fuß Länge und bis ein Fuss Durchmesser werden pyramidenförmig gegeneinander oder um den Baumstamm gesetzt und etwa am dritten Tage so umgesetzt, daß die innere Seite zur äußeren wird; bei geeigneter Witterung kann dann am fünften oder sechsten Tage die Abfuhr geschehen. Abwechselnd mit Heu gereicht, blieb die große Begierde nach dem Laube stets rege, anhaltend allein gefüttert, verminderte sie sich auffallend. Nach hiesigen Wahrnehmungen wurden 1½ Pfund gutes Kleeheu durch 2 Pfund gut gewonnenes Laub von canadischen Pappeln vollkommen ersetzt.
Besonders wohlthätig zeigte sich die Laubfütterung bei den durch tiefe und saure Weiden geschwächten und an angehender Bleichsucht leidenden Schaafen und namentlich solchen Lämmern, unstreitig durch seinen bittern erregenden Ertractivstoff. Im Futterwerth möchte nach dem Laube der canadischen Pappel das des Faulbaumes, der Sohlweide, der Pyramidenpappel, der Linde, Eiche, Espe, Rüster, letztere jedoch wegen der häufig darauf befindlichen Insecten gewöhnlich unbrauchbar, und anderer folgen. Das Laub der Eller wird am wenigsten gern gefressen.
[WB43]
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(N.11) Steckkartoffeln.
Durch Herrn Oekonom Neukummel in Mannheim aufmerksam gemacht, wollen wir unsern Landleuten dringend empfehlen, bei der Ausnahme der Kartoffeln schon auf die nächstjährige Steckkartoffeln Rücksicht zu nehmen, denn nach den Erfahrungen dieses aufmerksamen und intelligenten Landwirths sollen Kartoffeln; welche durch Trockenheit im Wachsthume gestört und durch nachfolgenden Regen zu neuem Triebe gereizt wurden, beim Stecken im nächsten Jahre fast immer ausbleiben. Dies stimmt auch genau mit den Erfahrungen zusammen, welche man am Niederrhein über diesen Gegenstand machte. Der Landmann unserer Gegend behandle denselben aber ja nicht mit jener manchmal schon bemerkten Indolenz gegen wohlgemeinte Ermahnungen, weil hiervon das Gelingen der nächstjährigen Kartoffeln größtentheils abhängig ist.
[WB45]
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(N.12) Chlorwasserstoffsäure fördert das Wachstum.
Durch gütige Mittheilung sind wir in Kenntniß von einer Thatsache gesetzt, die wenn sie sich bei ihrer Anwendung im Großen eben so vortheilhaft bewähren sollte, als dies bis jetzt im Kleinen der Fall ist, auf Forst= und Landwirthschaft einen außerordentlichen Einfluß ausüben wird.
Es ist eine bekannte Thatsache (heißt es nämlich in einer nordamerikanischen Zeitschrift), daß Saamen, welche schwer keimen oder die Fähigkeit dazu bereits verloren haben, dadurch zum Keimen gebracht werden können, daß man solche längere Zeit in Wasser legt, welches mit Chlorwasserstosssäure schwach angesäuert worden ist. Diese Thatsache gab Veranlassung zu dem Versuche, ob nicht sehr verdünnte Clorwasserstoffsäure zum Begießen der bereits gekeimten Saamen angewendet, das Wachsthum derselben zu befördern im Stande wäre.
Die zu diesem Versuche angewandten Pflänzchen von Lactuca sativa zeigten alsbald die außerordentliche Wirkung dieses Mittels und waren bereits nach 48 Stunden zu einer Höhe von 3½ Zoll emporgewachsen; in 8 Tagen bei fortgesetzter Behandlung hatten sie den Grad von Ausbildung erreicht, der sonst erst nach Verlauf von 5 bis 6 Wochen einzutreten pflegt. Auch bei den jungen Pflänzchen von Fichten und Tannen zeigte sich dasselbe günstige Ergebniß.
Nachdem diese jungen Gewächse auf obgenannte Art drei Monate behandelt worden waren, hatten sie in ihrer Entwickelung solche Fortschritte gemacht, daß sie von Sachverständigen für zweijährige Pflanzen angesehen wurden. Welche Fortschritte (schließt das obgenannte Blatt) werden nicht für Forst= und Landwirthe daraus erwachsen, wenn es gelingt, durch künstliche Mittel das Wachsthum der Wälder und Saaten so zu befördern und zu beschleunigen, daß die Zeit von der Aussaat bis zur Ernte um das Sechsfache verkürzt wird! Welches Licht verbreitet dieser einfache Versuch in der Wissenschaft! Von heute zweifelt gewiß Niemand mehr, daß die Salzsäure der im Regenwasser enthaltenen Salze es ist, die der Vegetation die unentbehrlichsten und ersprießlichsten Dienste leistet. Man muß von nun an der Chlorwasserstoffsäure die wahrhaft wunderbare Kraft zuschreiben, die man bisher irrig dem Ammoniak einräumen zu müssen glaubte. Auch für die Viehzucht verspricht diese Entdeckung von Wichtigkeit zu werden, da das Vieh die mit Säure behandelten Gewächse des erhöhten Salzgehaltes wegen lieber frißt als andere Pflanzen derselben Art, die nicht mit Säure behandelt wurden.
Die Theuerkeit des Materials kann nicht als Hinderniß angesehen werden, da nur geringe Quantitäten erforderlich sind, um eine große Wirkung zu erzielen, und in jedem Lande, wo der Preis des Kochsalzes nicht übermäßig hoch und die Manufaktur zur Vollkommenheit gelangt ist, die Chlorwasserstoffsäure die wohlfeilste Materie ist, die man in Strömen als Nebenprodukt erhält, wenn man die zur Seife= und Glasfabrikation erforderliche Soda aus Natr[i]umchlorid (Kochsalz) bereitet, statt Wälder zu verbrennen, um die dadurch gewonnene Pottasche anstatt der Soda zu verwenden.
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(N.13) Jeder zupf’ an seiner Nase
St. Wendel, im November 1842
Bei Durchsicht des aus der Wiener Zeitung entlehnten und durch diese Sillimanns Journal entnommenen Artikels der Didaskalia, Nro. 306, wird sich ein nicht geringes Erstaunen manches Lesers bemächtigen, wenn er darin von der wahrhaft wunderbaren Kraft der Chlorwasserstoffsäure, das Wachsthum der Pflanzen zu befördern, hört. Es ist jedoch diese, so wie das Keimvermögen der Samen befördernde und erweckende Eigenschaft der Chlorwasserstoffsäure keineswegs so, als man fraglichem Artikel zufolge anzunehmen geneigt seyn dürfte, in dem schon Ingenhouss zur Vermehrung der Fruchtbarkeit des Bodens verdünnte Schwefelsäure vorgeschlagen hat.
Noch irriger und einen großen Mangel an chemischen Kenntnissen verrathend erscheint die Vorstellung über die daselbst angegebene Art und Weise der Wirksamkeit der Chlorwasserstoff= oder Salzsäure, wenn es heißt: – „man muß von nun an der Chlorwasserstoffsäure die wahrhaft wunderbare Kraft zuschreiben, die man bisher irrig dem Ammoniak einzuräumen glauben mußte;“ denn gerade die Wirksamkeit der genannten Säure ist hier 1) durch die Absorption (Bindung) des Ammoniak (in dem sich die Chlorwasserstoffsäure mit dem Ammoniak verbindet, verliert letzteres seine Flüchtigkeit) bedingt, in dem das Ammoniak der Luft und des Düngers, das für sich oder an Kohlensäure gebunden, sonsten für die Vegetation gänzlich verloren ginge. Eine zweite Art der Wirksamkeit der Chlorwasserstoffsäure können wir uns dadurch erklären, daß sie sich mit den Alcalien und Erden des Bodens, besonders aber mit dem Kalk desselben zu salzsauren Kalk, Chlorcalcium, verbindet, welches, ein leichtlösliches Salz, mit großer Begierde Wasser aus der Luft anzieht und zurückhält und durch seine Umwandlung durch kohlensaures Ammoniak in Salmiak und kohlensauren Kalk den Gyps zu ersetzen im Stande seyn dürfte.
Was nun den bestimmten Ausspruch betrifft, daß die Chlorwasserstoffsäure der im Regenwasser enthaltenen Salze es ist, die der Vegetation die unentbehrlichen und ersprießlichen Dienste leistet, so diene hierauf die ganz einfache Bemerkung, daß das Regenwasser häufig völlig rein ist, oder nur atmosphärische Luft, Kohlensäure und eine geringe Menge Ammoniak (bei Gewitterregen auch etwas Salpetersäure) enthält. Daß das Regenwasser äußerst geringe Menge von Chlorcalcium enthalte, ist höchst unwahrscheinlich, weil diese Salz völlig feuerbeständig und bis jetzt ein Vorkommen desselben in Gasgestalt nicht bekannt ist und bedarf daher diese Behauptung noch der Bestätigung durch Versuche. Es bedarf keiner Erwähnung, daß mechanische Unreinheit, aufgeschlemmter Staub etc. etc., hier nicht in Betracht kommen können. Auch dürfte der durch Anwendung von Salzsäure vermehrte Salzgehalt (Natrium chlorid oder Chlornatrium und nicht Natrumschlorid) der Pflanzen noch durch Versuche nachzuweisen (in dem der Natrongehalt des Bodens und Düngers nicht bedeutend ist) und die ausgesprochene Wichtigkeit für die Viehzucht noch sehr in Zweifel zu ziehen seyn.
Was nun die außerordentlichen Wirkung der Chlorwasserstoffsäule bei den Versuchen mit den Pflänzchen der Lactuca, Tannen und Fichten anbelangt, so können sich die Humustheorie= und Pflanzenphysiologen, die in neuerer Zeit manchen, mitunter ziemlich unzarten Kämpfen ausgesetzt waren, gratuliren, diesmal nur mit einer amerikanischen Münchhausiade reguliert worden zu seyn. Es kann sich die Wissenschaft freuen über das Licht, das ihr dieser einfache Versuch, diese wichtige Entdeckung bringen wird, wodurch vielleicht die Fraunhofer’schen und ähnliche Instrumente entbehrlich gemacht werden!
Schade, daß diese Entdeckung (ähnlich der Leinbergerschen Erfindung, worüber Herr Professor Eisenlohr sehr schön referirte) nicht auch an die 20ste Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Mainz zur Begutachtung übersandt worden ist, umso mehr, als die Journalisten in letzterer Zeit gegen diese und ähnliche in diesem Jahr abgehaltene Versammlungen ihre Witze loszulassen für gut fanden und Essen und Trinken als den Hauptzweck dieser Versammlung geltend zu machen sich bemühten. Diese Herren bedenken aber nicht, daß nach einer 4stündigen Dauer der Sectionssitzungen, respektive einer 4stündigen geistigen Anstrengung eine körperliche Stärkung (wie dies auch im gewöhnlichen Leben geschieht) höchst nöthig erscheint, daß bei einer guten Tafel und einem Glase guten Weins eine vertrauliche Unterhaltung über wissenschaftliche Gegenstände, die Anknüpfung neuer interessanter, manchmal längst erwünschter Bekanntschaften stattfinden kann und daß die Freude über das Wiedersehen so vieler Freunde auch ihre Rechte geltend macht. Jedenfalls dürfen wir die Versammlung in Mainz als eine in wissenschaftlichen (wie man aus dem zu erwartenden Bericht sich wird überzeugen können), sowie in anderen Beziehungen höchst interessante bezeichnen.
Daß neben vielem Gelehrten auch manches Verkehrte vorkommen kann und vorkommt, wird Niemand läugnen können; denn es scheint bei dem am Dienstag, den 20. September, ausgebrachten Toaste auf den größten Mann der Welt wohl eine Namen= oder vielmehr Personen=Verwechselung vorgefallen zu seyn.
Die oben berührte, von deutschen Journalisten ausgesprochene Ansicht zeigt übrigens wenig Delicatesse und Achtung für die Vertreter deutscher Wissenschaft, zeigt von Undank gegen dieselben, die ihnen durch ihre Versammlung Stoff zur Füllung mancher Spalten ihrer Blätter gegeben haben.
Ich für meinen Theil bin der Ansicht, daß diese Journalisten über dem Geistigen auch nicht das Materielle vergessen. Cuique suum! oder, wie man in vulgärer Sprache sich auszudrücken beliebt, ein Jeder zupf’ an seiner Nase!!
Dr. C. Riegel
[Quelle: Didaskalia. 1842, 14.11.1842
Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth und Publicität wurde 1823 durch Johann Ludwig Heller begründet. Sie war lange eine belletristische Beilage zum Frankfurter Journal, einer der ältesten deutschen Zeitungen, die zum national-liberalen Spektrum zählte. Didaskalia enthielt Erzählungen, Gedichte, Reiseberichte und Notizen aus Politik und Wirtschaft u. a. von Ludwig Hub. Weitere Themen waren auch Theaterrezensionen und Nachrichten aus Kirche, Konzertsaal und Verlagswesen. Die Zeitschrift stellt unter anderem eine wichtige Quelle für die Ereignisse um das Revolutionsjahr 1848 dar. Erster Herausgeber war auf Veranlassung Johann Konrad Friederichs Johann Ludwig Heller, ab 1847 folgte J. A. Hammeran. Nachdem das Frankfurter Journal 1903 eingestellt worden war, wurde Didaskalia bis 1930 unregelmäßig als selbstständige Zeitschrift weiter herausgegeben. (Quelle: wikipedia)
Silliman's Journal. Das American Journal of Science (AJS) ist die am längsten bestehende wissenschaftliche Zeitschrift der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde seit ihrer Gründung im Jahr 1818 von Professor Benjamin Silliman, der es selbst herausgab und finanzierte, kontinuierlich veröffentlicht. Bis 1880 war es auch als American Journal of Science and Arts bekannt, sein Schwerpunkt lag jedoch stets auf den Naturwissenschaften und insbesondere auf der Geologie und verwandten Themen.
In den Anfangsjahren wurde die Zeitschrift oft als „Silliman's Journal“ bezeichnet, und die Veröffentlichung wurde aufgrund seiner langen Amtszeit dort (1804–1853) mit der Yale University in Verbindung gebracht. Die Herausgeberschaft blieb lange Zeit in der Familie von Professor Silliman, da er ab 1838 von seinem Sohn Benjamin Silliman Jr. unterstützt wurde. Nach dem Tod des älteren Silliman im Jahr 1864 wurde er von seinem Schwiegersohn als Chefredakteur abgelöst , James Dwight Dana, und dann von 1895 bis 1926 von Danas Sohn Edward Salisbury Dana. Zu den Mitherausgebern gehörten die Botanikerin Asa Gray und der Zoologe Louis Agassiz. Die aktuellen Herausgeber sind Mark T. Brandon, Professor an der Yale University, und C. Page Chamberlain, Professor an der Stanford University.
(https://en.wikipedia.org/wiki/American_Journal_of_Science)
Jan Ingenhousz (1730-1799) war ein niederländischer Arzt und Botaniker. Er gilt als Begründer der Photosyntheseforschung
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