Nebensächlichkeiten
Gestern morgen besuchte ich eine Postannahmestelle in einem Ort zwischen St. Wendel und Oberthal, um ein Päckchen abzugeben. Beim Eintreten bemerkte ich die zahlreichen Corona-Hinweise aus dem Augenwinkel - ob die überhaupt noch jemand liest?
An einem handgeschriebenen Zettel blieb mein Blick hängen. „Liebe Besucher kein Eintritt ohne Maske“ stand dort.
Ich gab mein Päckchen ab, dankte der freundlichen Dame hinterm Schalter und fragte scherzhaft, ob böse Besucher denn ohne Maske hereinkommen dürften. „Bei uns darf keiner ohne Maske rein“, sagte sie, worauf ich schmunzelnd erwiderte, in dem Fall fehle auf dem Zettel wohl ein Komma.
Ihre Antwort erstaunte mich dann allerdings nicht wirklich: „Kommas sind doch total nebensächlich!“
Was wäre wohl, wenn ich auf mein nächstes Päckchen statt 3,79 Euro eine Marke mit 40 Cent aufpappen würde - aufgerundet mit nach links verschobenem Komma. Ob sie das Komma dann auch nebensächlich fände?
Immerhin hat man sich in dieser Annahmestelle bemüht, im Gegensatz zu dem wirklich unhöflichen Befehlston, dessen sich manche andere Geschäfte, z.B. eine ortsansässige Bäckereikette, bedienen. Dort steht auf einem Schild in übergroßer Schrift „Maske auf“. Kein „bitte“ davor, was keine Bitte, sondern eine höfliche Aufforderung wäre, ein Mindestmaß an Höflichkeit gegenüber den Kunden. Statt dessen blinde angemaßte Autorität.
Schlimm ist, daß dort Höflichkeit wohl nebensächlich ist.
Noch schlimmer ist, daß sich niemand daran stört.
St. Wendel am 22. August 2020
Roland Geiger