Franz Daniel Pastorius
Vor vielen Jahren fiel mir bei einem Besuch des Freilichtmuseums Kommern in der Eifel die Faksimile-Ausgabe dieses Buches in die Hände:
Umständige Geographische Beschreibung
Der zu allerletzt erfundenen Provintz Pensylvaniae,
In denen End=Gräntzen Americae In der West= Welt gelegen
Darin beschreibt ein deutscher Auswanderer namens Franz Daniel Pastorius im Jahre 1700, wie und warum er nach Amerika auswanderte und dort im Auftrag einer deutschen Gesellschaft im Jahre 1683 nahe Philadelphia die deutsche Kolonie Germantown gründete.
Franz Daniel Pastorius gilt heute als der Begründer der deutschen Massenauswanderung. Sein Name ist weitgehend vergessen, obwohl es z.B. in seiner Heimatstadt Sommerhausen Bemühungen gibt, seinen Namen, sein Leben und seine Taten im Gedächtnis zu halten.
Unter seinen zahlreichen schriftlichen Hinterlassenschaften, auf die wir später noch zurückkommen werden, befindet sich auch "Grund- und Lagerbuch" von Germantown - so wurde die deutsche Kolonie genannt.
Pastorius sprach verschiedene Sprachen, neben Deutsch und Englisch auch fließend Latein.
Hier ist die deutsche Übersetzung seines Grußwortes aus dem "Grund- und Lagerbuch"
"Sei gegrüßt, Nachkommenschaft! Nachkommenschaft in Germanopolis!
Und erfahre zuförderst aus dem Inhalte der folgenden Seite,
daß deine Eltern und Vorfahren Deutschland,
das holde Land,
das sie geboren und genährt,
in freiwilliger Verbannung verlassen haben
- oh, ihr heimischen Herde! -,
um in diesem waldreichen Pennsylvanien,
in der öden Einsamkeit,
minder sorgenvoll den Rest ihres Lebens in deutscher Weise,
das heißt: wie Brüder, hinzubringen.
Erfahre auch ferner, wie mühselig es war,
nach Überschiffung des atlantischen Meeres
in diesem Striche Nordamerikas den deutschen Namen zu gründen.
Und du, geliebte Reihe der Enkel,
wo wir ein Muster des Rechten waren,
ahme unser Beispiel nach.
Wo wir aber, wie reumütig anerkannt wird,
von dem so schweren Pfade abgewichen sind,
vergieb uns,
und mögen die Gefahren, die andere liefen, dich vorsichtig machen.
Lebewohl, deutsche Nachkommenschaft!
Lebewohl, deutsches Brudervolk!
Auf immer lebe wohl!"
Pastorius verfaßte sein Buch um 1696/97 und schickte es nach Deutschland zu seinem Vater, der es im Jahre 1700 im Verlag Andreas Otto in Frankfurt und Leipzig drucken ließ. Pastorius war klar, daß die meisten seiner Leser nicht wußten, wo Amerika überhaupt liegt. Es erschien ihm wohl am einfachsten, zu Beginn seines Buches die Erde und ihre Kontinente zu beschreiben und sich dann langsam aber sicher auf Nordamerika und Pennsylvania hinzuarbeiten.
Dann beschreibt er sehr detailliert die Aufteilung der Welt in die vier Teile Europa, Afrika, Asien und Amerika.
Der vierte Weltteil heißt Amerika, die sogenannte neue Welt, die im Jahre 1492 einerseits von Christoph Columbus und andererseits von Vesputio Americo benannt wurde. Von Europa aus liegt sie gegen Sonnenuntergang oder Westen und bedeckt den größten Teil der Weltkugel, ist fast so groß wie die ganze alte Welt, Europa, Asia und Africa zusammen. Es ist das Land, darin Gold, Silber, Edelgesteine, Zucker, Gewürtz und mancherley Raritäten überflüssig zu finden sind, wie die jährlich daraus kommende Silber=Flotten uns dessen klare Zeugnis geben.
Der nördliche Teil Amerikas enthält:
1. Die Landschafft Nicaragua und Guatimala, gehet biß an das Mexicanische Meer.
2. Die Landschafft Florida.
3. Die Landschafft Virginia, denen Engländern gehörig.
4. Novum Belgium, dessen Haupt=Stadt Neu=Amsterdam.
5. Nova Anglia, allwo in der Stadt Cantabrigia die Bibel in Americanischer Sprach gedruckt worden.
6. Canada, Nova Francia, Terra Corte Realis, Terra de Labrado, und Nova Britannia.
Von diesem gantzen Theile der Welt America hat man in Europa bis in Annum 1491 gar schlechte Nachricht gehabt, dieweilen niemand von ihren Inwohnern jemals zu uns Europäern herüber geschiffet.
Der erste Entdecker (Erfinder) dieser gegen Niedergang der Sonnen gelegenen Wasser=Welt war Christophor Columbus, ein Italiäner aus dem Staedtlein Curcurco bei Genua, ein gelehrter und in der Seefahrt wohlerfahrener Mann .
Dieser stellte fest, daß zu gewissen Zeiten im Jahr der Wind einige Tage lang ständig von Westen herwehte und schloß daraus, daß er von einer weitentlegenen Landschafft herkommen mußte. So nahm er sich vor, bis hinter die Säulen des Herkules (Straße von Gibraltar) zu fahren und dieses fremde Land zu erkundigen, sofern ihme die Republic von Genua einige Schiffe ausrüsten würde.
Diese wollte aber nicht, also begab er sich zu König Heinrich VII. in England und zum König Alphons und als auch dieser Orten sein Anmelden vergeblich war, kam er zum König Ferdinand und zur Königin Isabella in Castilien. Die rüsteten ihm drey Schiffe aus, mit denen er zusammen mit seinem Bruder Batholomäus im Monath Augusto Anno 1492 fortgesegelt und nach etliche Monat die Insel Comera erreichte.
Danach unternahm er noch mehrere Seefahrten in die Insulas Fortunatas und in die Canarische Insuln, wo es zwei Wunder-Brunnen gibt, "deren einer die Natur hat, daß, wo ein Mensch davon trincket, er anfänget zu lachen und nicht aufhöret, biß er sich zu tode lachet. Wann ihme aber aus dem andern zu trincken gegeben wird, so kommt er wieder zu rechte."
Er kam auch in die Insul Teneriffa, allwo ein Feuerspeyender Berg ist. Endlich kam er in die Insul der Canibalen oder Menschenfresser auff einen Sonntag, darum nannte er sie Dominica.
Anno Christi 1495 sandte König Ferdinand den edlen Florentiner Vesputio Americo mit vier grossen Last=Schiffen in diese Gegend, um noch mehr Landschafften aufzusuchen. Er fuhr durch die , welcher durch die Canarische Insuln sehr weit hinein gekommen und in dem vesten Lande eitel nackende Menschen wargenommen, aber wiederum zurucke in andere Insuln gekehret und den 15. Octobris 1498 wiederum glücklich in Hispaniam anbelanget.
Von diesem Vesputio Americo nun ist dieser neue Welt=Theil America genennet worden.
Das erste Capitel.
Von der Pensylvanischen Landschafft Erfindung.
Seit den Zeiten des Christophor Columbus und des Vesputio Americo wurden in Amerika viele Kolonie und Plantagen errichtet.
Im Jahre 1665 wurden durch die von König Charles I von England befohlenen Fahrten ein großes Land entdeckt, daß weit hinter den vorgenannten Ländern im Innern des Kontinentes lag. König Charles konnte ihm aber keinen eigenen Namen geben, weil die natürlichen Einwohner des Landes alle nackt in den Wäldern herumliefen und keine Versammlungen einriefen noch Städte bauten, wonach man sie hätte benamen können, sondern sie wohnten hier und dort in kleinen Holzhütten in der Wildnis.
Bei der ersten Landnahme der Engländer unter Charles I führte der Prinz von York "viel unnützes Volck - meistens Schweden" mit sich. Er befahl, am Fluß Della Warra eine Siedlung anzulegen und zu befestigen. Er nannte es Neu-Castle und überließ den Schweden die freie Entscheigung, dort zu bleiben und das Land zu bebauen, bis aus England weitere Siedler folgten. Die Schweden richteten eine kleine Gemeinde ein und trieben Ackerbau und Viehzucht.
In England spielte sich indessen eine grausame und zuvor nie dagewesene Tragädie ab. Der bereits genannte König Charles wurde von seinen eigenen Untertanen verfolgt, gefangen genommen und mit dem Beil enthauptet.
Dessen Sohn Carl II, seines Herrn Vatters Tod zu rächen und sein Königreich zu behaupten, eylig eine Armee sammelte und sich in Battaille einliesse, aber auf dem Felde geschlagen und zum Tode aufgesuchet wurde. Welcher ihme dann auch ohnfehlbar wurde angethan worden seyn, woferne nicht sein General, der Lord Penn ihme verkleidet in einem Schiffe nacher Frankreich übergebracht hätte; um welcher That willen diesem Lord Penn alle seine Landgüter, Schlösser und Dörffer in die Aschen gelegt und er selbst ins Exilium verjagt worden ist, darinnen er auch gestorben, ehnder als Carl Stuard II wieder auff den Königlichen Thron gesetzet wurde.
[Cromwell, der am 16. Dezember 1653 zum lebenslänglichen Lord-Protektor der englischen Republik ernannt wurde, starb 1658. Aber er hinterließ ein Machtvakuum. So kam es, daß die reichen Bürger Karl II. 1660 wieder ins Land holten und als König einsetzten, allerdings ohne ihm wirkliche Macht zu geben. Die lag jetzt beim Parlament und dabei blieb es.]
Nach wieder erlangten Scepter und Krone fande sich William Penn (deß Lord Penns einziger Sohn) bey ihme ein, wurde sehr freundlich empfangen und ihme zur Vergeltung seines Vaters geleisteter treuer Dienste diese neu=gefundene Landschafft samt dem Schloß Neu=Castle auff ewig eigenthümlich übergeben und alle gegenwärtige und zukünfftige Inwohner durch ein öffentliches königliches Decret de dato 21. Apr. 1681, zum schuldigen Gehorsam angewiesen.
Dieser William Penn ließ in der Stadt London kunt und public machen, daß er gesonnen wäre, einige Colonien und Städt in dieser Landschafft anzulegen. Welche Leute nun Lust und Lieb mit hinein zu schiffen hätten, denen wollte er jeden Morgen Landes nicht theurer als um 1. Kopffstück verkaufen. Da liessen sich viel Leute in sein Buch einschreiben und reisten mit ihm, da er denn für sich und die Seinige die Stadt Philadelphia anlegte. In specie aber verbandte sich eine Teutsche Compagnia zusammen, welche etliche tausend Morgen Landes einhandelte.
Die ganze Provintz aber wurde Pensylvania (deß Penns Wildnus) genannt, dieweilen es mit lauter Waldung und Wildnus überwachsen war."
William Penn war 1677 schon zum zweiten Mal aufs europäische Festland gereist und hatte auch Deutschland besucht. Er war einer der überzeugtesten und prominentesten Anhänger der Kirche der Quäker und hatte sich trotz mehrer Kerkerstrafen nicht von seinen religiösen Überzeugungen abbringen lassen.
Quäker sind eine religiöse Gemeinschaft, die sich bemühen, von Jesu Leben zu lernen und danach zu handeln. Zentrales Anliegen ist ihnen gewaltfreie Schaffung und Bewahrung der Menschenwürde für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Glaube, Weltanschauung.
Penn fand unter den Mennoniten- und Pietistengemeinden am Rhein Interesse und gastfreundliche Aufnahme. Besonderen Erfolg hatte er in Frankfurt am Main.
Der Pietismus (lateinisch pietas = Frömmigkeit) ist eine Reformbewegung im Bereich der evangelischen Kirchen, die in Deutschland etwa seit 1660 aufkam. Im Unterschied zur damaligen kirchlichen Praxis legten Pietisten mehr Wert auf die persönliche Frömmigkeit. Dazu gehörten für sie tägliches Bibelstudium, Gebet, Singen und erbauliche Andachten, verbunden mit guten Taten und Verzicht auf Luxus und weltliches Vergnügen (z. B. Tanz, Spiel, Theater).
Die Frankfurter Pietisten, bei denen er einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatte, gründeten daraufhin eine Gesellschaft mit dem Ziel, ein großes Siedlungsgebiet in Pennsylvania zu erwerben und mit Gleichgesinnten dorthin auszuwandern.
Tatsächlich erreichte keiner der Gründer jemals die Neue Welt. Aber sie beauftragten 1682 den Theologen und Juristen Franz Daniel Pastorius, als Agenten der Gesellschaft nach Amerika zu reisen und die Ansiedlung deutscher Pietisten, Mennoniten und Quäker vorzubereiten.
Pastorius wurde am 26. September 1651 in Sommerhausen geboren und wuchs ins Windsheim auf, wo er die Lateinschule besuchte. Er studierte in Straßburg, Basel und Jena und bereiste einen großen Teil Europas.
Während dieser Reisen wurde ihm klar, daß seine Zukunft nicht in Deutschland oder gar Europa lag.
Ich sahe ferner in diesem meinem Tour zu Orleans, Paris, Avignion, Marseille, Lyon und Geneve viel tausend junge Personen aus Teutschland, meistens von Adel, die da im Gebrauch haben nur denen Eitelkeiten der Kleidungen, Sprachen, frembden Sitten und Ceremonien nachzuziehen und in Erlernung des Pferd-Hupfens, Reutens, Dantzens, Fechtens, Piquen- und Fahnen-Schwingens unglaubliche Depensen (Anstrengungen) machen. Also daß ein groß Stück ihres Teutschen Patrimonii (väterlichen Erbgutes) an die unnütze Welt-Eitelkeit verwendet, darbey aber an die Liebe Gottes und an die Gott-wohlgefällige Klugheit der Nachfolgung Christi nicht ein einiges mahl gedacht wird; Ja wer von des heiligen Augustini ... und anderer Gottes-gelehrten Männer Schrifften ... etwas reden will, der muß für einen Pietisten, Sectirer und Ketzer ausgeschryen werden; und will sich kein in der Aristotelischen Welt-Weisheit ertrunckener Mann mehr einreden (etwas sagen lassen) noch von dem Geiste Gottes straffen lassen.
Derowegen setzte ich mich nach Endigung meines Tours in mein Cabinet in eine kurtze Retirad (Klausur) und revocirte (rief) mir in mein Gedächtnis alles das, was bißhero dieses Welt-Theatrum mir vor die Augen gestellet hatte, und konte in keinem Dinge eine beständige Vergnüglichkeit finden, desperite (zweifelte) auch, daß in meinem Vatterlande und gantz Teutschland ein(...) Ort für künfftige würde erfunden werden, in welchem man von der alten Gewonheit des blossen Operis operati (tun, weil man es tun kann) abtretten und die reine Liebe zu GOTT aus gantzem Hertzen, aus gantzen Gemüte und aus allen Kräfften antretten, auch den Nächsten lieben würde wie sich selbsten.
Gedachte also bey mir, ob es nicht besser wäre, daß ich die von dem höchsten Geber und Vatter des Lichtes mir aus Gnaden geschenckte Wissenschaft zum guten denen neu=gefundenen Americanischen Völckern in Pensylvanien vortragen und dieselbe hierdurch die wahre Erkäntnuß der heyligen Dreyfaltigkeit und des wahren Christentums theilhafftig machen thäte."
Im November 1682 kam er nach Frankfurt und trat dort in Kontakt mit der Frankfurter Gesellschaft, die inzwischen mit Penns Agenten Verbindung aufgenommen und sich Land in Pennsylvanien gesichert hatte.
Im Auftrag der Frankfurter Gesellschaft begab sich Pastorius zunächst nach Kriegsheim bei Worms. Mit den Gemeindevorstehern der dortigen Quäkergemeinde traf er Vorbereitungen für die ihre Auswanderung. Im April 1683 suchte er mit gleichem Ziel und Ergebnis die Mennonitengemeinde in Krefeld auf.
Unmittelbar darauf verließ er Deutschland, begleitet von ein paar deutschen Siedlerfamilien, an Bord eines Schiffes namens "America". Am 20. August 1863 erreichten sie Philadelphia, das zu diesem Zeitpunkt lediglich aus einigen Blockhütten und morastigen, noch nicht befestigten Straßen bestand. Viele Kolonisten hausten in Erdhöhlen, und die windschiefen Holzhäuser hatten statt Glasfüllungen Pergamentpapier in den Fensteröffnungen. Unmittelbar hinter der primitiven Ansiedlung begann dichtes Waldland.
Am 6. Oktober 1683 erreichte ein Schiff mit Namen "Concord" die Küste der Neuen Welt. Von Bord gingen 13 mennonitische Familien aus Krefeld, insgesamt 33 Personen. Sie wurden von Pastorius und William Penn empfangen.
Mit ihrem Eintreffen beginnt die deutsche Gruppenauswanderung nach Amerika, einer Bewegung, die von da an nie mehr abriß. Durch die Erwerbungen der Frankfurter Gesellschaft und zusätzliche Landkäufe der Mennoniten aus Krefeld besaßen die Deutschen Ansprüche auf mehr als 40.000 Acres Land.
Unverzüglich ging Pastorius mit den Neuankömmlingen daran, ein geeignetes Stück Land auszuwählen. Die Entscheidung fiel zugunsten eines Landstriches am Schuylkill-River, sechs Meilen entfernt von Philadelphia. Eine verheißungsvolle, aber undurchdringlich erscheinende Wildnis, in der die Siedler zunächst darangehen mußten, sich Unterkünfte zu schaffen.
"Den Ort nannten wir Germantown, welches der Deutschen Statt bedeutet. Etliche gaben ihm den Beynamen Armentown, sindemahl viel der vorgedachten Beginner sich nicht auf etliche Wochen, zu geschweigen Monaten provisioniren konnten. Und mag weder genug beschrieben noch von denen vermöglicheren Nachkömmlingen geglaubt werden, in was Mangel und Armut, anbei mit welch einer christlichen Vergnüglichen und unermüdeten Fleiss diese Germantownship begunnen sey."
Schon im folgenden Jahr folgten weitere Siedler nach. Waren die ersten noch vorwiegend Leineweber gewesen, kamen nun Schneider, Schuster, Schmiede, Tischler und Bauern. Die Rodung des Urwalds begann, Flachsfelder wurden angelegt; bald gab es eine Flachsspinnerei, und in der neuen Stadt entstanden die ersten Webwaren.
Als Agent der Frankfurter Gesellschaft eröffnete Pastorius in Philadelphia ein Geschäft und begann im November 1684 mit dem Verkauf der ersten eigenen Erzeugnisse der deutschen Siedlung.
1685 folgten die Quäker aus Kriegsheim, und am 12. August 1689 erhielt Germantown die Stadtrechte.
Franz Daniel Pastorius wurde erster Bürgermeister und Friedensrichter und entwarf ein Stadt- und Gerichtssiegel, auf dem ein Kleeblatt, ein Weinstock, eine Flachsblüte und ein Weberschiffchen zu sehen waren. Diese Darstellungen symbolisierten die Fundamente, auf denen der rasch wachsende Wohlstand der jungen Gemeinde ruhte: Flachsanbau und die Herstellung von Webwaren.
Auch war der wilde Wein, den die ersten Siedler angetroffen hatten, kultiviert worden. Viele Siedler besaßen Bienenstöcke. Es gab Getreidemühlen, Werkstätten, Geschäfte und - im Gegensatz zu den englischen Siedlungen - Obst- und Gemüseplantagen. Der unablässig flutende Einwandererstrom aus Deutschland führte unweit von Germantown zur Gründung weiterer Siedlungen, die die Namen Krefeld, Sommerhausen und Kriegsheim erhielten.
Das Leben in der Neuen Welt entsprach ganz und gar den Vorstellungen, die die Deutschen sich in der alten Heimat gemacht hatten. Sie lebten in Frieden und Toleranz, und es gab kaum Ordnungswidrigkeiten, die vom städtischen Gericht geahndet werden mußten.
Ein Ärgernis bereitete Pastorius lediglich die Zurückhaltung der deutschen Kolonisten bei der Wahrnehmung öffentlicher Ämter. Als er sich über diese Tatsache bei William Penn beschwerte, charakterisierte er, ohne es zu wissen, einen Zustand, der typisch für die Deutsch-Amerikaner auch im 18. und 19. Jahrhundert werden sollte. Die Abneigung der Deutschen, sich öffentlich hervorzutun, Parlamentssitze oder Regierungsämter anzustreben, ist eine der wenigen negativen Eigenschaften der deutschen Siedler. Sie ist rückblickend als fatal anzusehen, weil durch diese Zurückhaltung die deutsche Leistung beim Aufbau Amerikas aus dem öffentlichen Bewußtsein verdrängt wurde.
Die Eingebohrne so genannte Wilde
In Europa ist man vor allem an Berichten über die "Wilden", die Indianer, interessiert. Pastorius kommt dem bereitwillig nach, aus seiner Feder sind zahlreiche Schilderungen überliefert. Sie werden freilich nicht so berühmt wie die Lederstrumpferzählungen von James Fenimore Cooper. Aber die Schilderungen von Pastorius gehören zu den frühesten überhaupt und bestechen durch ihre Wahrheit und Genauigkeit.
Von denen Inwohnern dieser Landschafft
(...) So viel die ... Wilden anbelangt, so sind solche insgeheim starcke, hurtige und gelencke Leute, schwartzlecht vom Leibe, sie giengen anfänglich nackend und hatten nur die Scham mit etwas Tuch bedecket. Nun beginnen sie Hembder zu tragen, sie haben insgemein kohlschwarze Haare, bescheren das Haupt, schmieren dasselbige mit Fett und lassen an der rechten Seiten einen langen Zopff wachsen. ...
Sie befleißigen sich einer auffrichtigen Redligkeit, halten genau über ihren Versprechen, bekriegen und beleidgen niemanden; sie berherbergen die Leute gerne und sind ihren Gästen dienstfertig und treue.
Ihre Hütten sind aus etlichen zusammengeflochtenen oder gebogenen jungen Bäumen gemacht, die sie mit Baumrinden zu bedecken wissen. Sie gebrauchen weder Tisch noch Bänck noch andern Hausrath als etwa einen eintzigen Topff, darinnen sie ihre Speise sieden.
Ich sahe ihrer einsten viere in hertzlicher Vergnügung miteinander speisen und einen im bloßen Wasser - ohne Butter und Gewürz - gekochten Kürbis essen. Ihre Tafel und Banck war die liebe Erde, ihre Löffel waren Muscheln, damit sie das warme Wasser aussuppeten, ihre Tellen waren des nechsten Baumes Blätter, die sie nach der Mahlzeit weder mühsam abspühlen noch zu künfftigem Gebrauch sorgsam bewahren dörffen. Ich dachte bey mir, diese wilde Leute haben die Lehre JESU von der Mässigkeit und Vergnügsamkeit ihr Lebtag nicht gehöret und thun es doch denen Christen weit vor.
Sie sind sonsten ernsthafft und von wenigen Worten, verwundern sich, wann sie bey Christen ein so überflüssig Geschwätz nebst andern leichtfertigen Geberden wahrnehmen.
Es hat ein jeder sein eigen Weib und hassen sehr die Hurerey, das Küssen und das lügen. Sie wissen von keinen Götzen=Bildern, sondern verehren einen einigen, allmächtigen und gütigen GOtt, der dem Teuffel seine Macht beschrenke. Sie glauben auch (an) die Unsterblichkeit der Seelen, welche nach dem geführten Lebens=Lauff von der allmächtigen Hand GOttes eine gleichmäßige Vergeltung zu gewarten haben.
Ihren eigenen Gottesdienst verrichten sie mit Gesängen, wobei sie wunderliche Gebärden und Stellungen mit Händen und Füssen bezeugen, und wann sie sich des Todes ihrer Eltern und Befreundten erinnern, fangen sie an sehr erbärmlich zu heulen und zu weinen.
Sie hören sehr gerne - und nicht ohne merckliche Gemüts=Bewegung reden von dem Schöpfer Himmels und der Erden und von seinem Göttlichen Liechte, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen sind und noch kommen werden und von GOttes Weisheit und Liebe, aus welcher er seinen eingebohrenen allerliebsten Sohn für uns in den Tod gegeben hat. Nur ist zu bedauren, daß wir ihre Sprache noch nicht recht können und dahero ihnen unsere eigentliche Hertzens Gedancken und Intention nicht beybringen können, was nemlich in Christo JEsu für eine Krafft und grosses Heyl verborgen liegt.
Sie sind in unsern Versammlungen sehr stille und andächtig, daß ich gäntzlich glaube, sie werden dermaleins an jenem grossen Gerichts=Tage mit denen von Toro und Sydon aufftretten und viel tausend falsche Nahmen= und Maul=Christen beschämen.
Ihre Oeconomiam und Hauswesen betreffen, so warten die Männer ihres Jagens und Fischens. Die Weiber thun ihre Kinder in fleissiger Auffsicht treulich erziehen und von Lastern abmahnen. Sie bauen umb ihre Hütten herum Indianisch Korn und Bonen, aber umb weitläufftigen Feld=Bau und Vieh=Zucht sind sie unbekümmert, verwundern sich vielmehr, daß wir Christen umbs Essens und Trinckens auch bequemlicher Kleidung und Wohnunge willen so vielfältig bemühet und bekümmert sind, als zweifelten wir, daß uns Gott nicht versorgen und ernähren könnte.
Ihre National-Sprache ist sehr gravitätisch und kommt in der Betonung der Italiänischen fast gleich, doch sind es gantz andere unbekannte Wörter. Sie pflegen ihre Angesichter mit Farben anzustreichen, trincken gerne Toback, so wohl Manns= als Weibs=Personen, ihre Zeit vertreiben sie mit einer Pfeiffen oder Maul=Trummel in continuirlichem Müssiggang.
Zwischen 1687 und 1697 betätigt sich Pastorius abwechselnd als Bürgermeister, Stadtschreiber und Abgeordneter des Parlaments von Pennsylvania.
In seine Verantwortung fällt eines der wichtigsten Dokumente der Deutsch-Amerikaner in der Kolonialzeit, der erste schriftliche Protest gegen Sklavenhaltung und Sklavenhandel in der Neuen Welt überhaupt.
Am 18. Februar 1688 wurde vom Gemeinderat von Germantown, der sich einmal im Monat zu treffen pflegte, ein flammender Appell verfaßt, den Handel mit schwarzen Menschen in den Kolonien zu unterbinden.
Dieses sind die Gründe, warum wir gegen den Menschenhandel sind: Gibt es irgendetwas, das auf diese Weise verrichtet oder gehandhabt wird? Nämlich für das ganze Leben verkauft oder zum Sklaven gemacht zu werden? Wie sind doch viele auf See voller Angst und verzagt, wenn sie ein fremdes Schiff sichten, und fürchten, es könnte ein Türke sein, der sie mitnimmt und in der Türkei als Sklaven verkauft! Nun, um wie viel ist dieses besser, als es die Türken tun? Wahrhaftig ist es für jene eher schlechter, die von sich sagen, sie seien Christen, denn wir vernehmen, daß die meisten jener Neger gegen ihren Willen und ohne Zustimmung hierhergebracht wurden, daß man also viele von ihnen entführte. Obwohl sie schwarz sind, können wir nicht glauben, daß es deshalb eine größere Berechtigung dafür gäbe, sie als Sklaven zu halten, als es sie gibt, andere - nämlich Weiße - als solche zu halten. Ein Sprichwort sagt, da wir allen Menschen Gleiches tun sollten, was wir erwarten, daß es uns getan werde, ohne Unterschied des Geschlechtes, der Herkunft oder der Farbe. Und sind jene, die Menschen entführen oder rauben und jene, die sie kaufen oder erwerben, nicht alle gleich?
Hier herrscht Freiheit des Gewissens, was recht und billig ist. Hier sollte es gleicher Weise Freiheit der Person geben, Übeltäter ausgenommen, was ein anderer Fall ist. Aber wir erheben uns dagegen, Menschen wider ihren Willen hierher zu bringen oder sie zu rauben und zu verkaufen. In Europa gibt es viele aus Gewissensgründen Unterdrückte, hier aber gibt es solche, die wegen ihrer schwarzen Farbe unterdrückt werden. Wir wissen ferner, daß Menschen keinen Ehebruch begehen dürfen. Einige begehen ihn jedoch auf andere Weise, indem sie Frauen von ihren Gatten wegnehmen und anderen übergeben. Und einige verkaufen die Kinder jener armen Geschöpfe an andere Leute. Oh! Überdenkt diese Dinge wirklich gut, ihr, die ihr es tut! Wenn es euch so geschehen sollte? Und ob es in Übereinstimmung mit dem Christentum geschah? In dieser Sache übertrefft ihr Holland und Deutschland. Das bringt in allen jenen Ländern Europas einen schlechten Ruf ein, wo man davon hört, daß die Quäker hier tatsächlich Menschen so verhandeln, wie man dort das Vieh handelt. Gerade aus diesem Grunde haben manche weder Absicht noch Neigung hierher zu kommen. Und wer soll diese Eure Sache verteidigen oder dafür plädieren? Wir können das wirklich nicht, es sei denn, ihr würdet uns darüber besser belehren, nämlich: daß Christen die Berechtigung besäßen, solche Dinge ausführen zu dürfen.
Betet! Was auf der Welt kann uns Schlimmeres angetan werden, als daß uns Menschen rauben und entführen, uns dann als Sklaven im Ausland verkaufen und dabei Gatten, Ehefrauen und Kinder voneinander trennen. Wenn es bis heute nicht so geschah, kann es uns noch so ergehen, daher protestieren wir und sind gegen diesen Menschenhandel. Und wir, die wir bekennen, daß Stehlen ungesetzlich ist, müssen gleichfalls den Erwerb solcher Dinge meiden, die gestohlen sind, ja vielmehr diesen Raub und Diebstahl nach Möglichkeit unterbinden. Jene Menschen sollten aus den Händen der Räuber befreit und ebenso gut wie in Europa freigesetzt werden. Dann muß Pennsylvanien einen guten Ruf bekommen anstelle des schlechten, den es im Aufgenblick wegen dieser Angelegenheit in anderen Ländern genießt. Insbesondere, da nun die Europäer gerne wissen möchten, auf welche Art die Quäker in ihrer Provinz herrschen, wobei die meisten einen neidischen Blick auf uns werfen. Aber wenn wir das für gut heißen, was sollten wir dann als schlecht bezeichnen? Falls sich diese Sklaven (denen sie nachsagen, daß sie gar böse und eigensinnige Leute seien) einmal zusammenschließen sollten, um ihre Freiheit kämpften und ihre Herren und Herrinnen so behandelten wie diese vorher mit ihnen verfuhren, werden dann diese Herren und Herrinnen das Schwert ergreifen und gegen jene armen Sklaven mit Waffengewalt vorgehen? So wie wir glauben können, werden einige nicht zurückschrecken, das zu tun. Oder haben diese Neger nicht das gleiche Recht, um ihre Freiheit zu kämpfen, wie ihr es habt, um sie als Sklaven zu halten?
Überlegt nun diese Sache gründlich, ob sie gut oder schlecht ist. Und falls ihr es für gut befindet, die Schwarzen auf diese Weise zu behandeln, wünschen und verlangen wir hiermit herzlich von euch, daß ihr uns darin aufklären möchtet, was bis jetzt noch nie geschah, nämlich, daß Christen eine derartige Freiheit besitzen, so zu verfahren. Dann erst werden wir in diesem Punkt zufrieden sein und auf gleiche Weise unsere guten Freunde und Bekannten in unserem Heimatland beruhigen, denen es als schreckliche oder gefährliche Sache erscheint, daß in Pennsylvanien Menschen so gehandelt werden sollten.
Dieses soll aus unserer Zusammenkunft in Germantown, gehalten am 18. April 1688, an die Monatsversammlung bei Richard Warrel weitergeleitet werden.
Gerret Hendericks
Derick op de Graeff
Francis Daniell Pastorius
Abraham op Den Graeff“
Das Jahr 1688 war aber auch für Pastorius persönlich von großer Bedeutung. Er war einer der ganz wenigen, die noch nicht verheiratet waren. Er heiratet Anna Klostermann, Tochter eines Arztes aus Mühlheim an der Ruhr.
Ingesamt verwundert es ohnehin, daß bei der Fülle, in der er selbst über sein Leben berichtet, Frauen eine völlig untergeordnete Rolle spielen.
Dabei hat er in seiner Studentenzeit u.a. auch das andere Geschlecht studiert. Sein Gedicht über die Mädchen des 17. Jahrhunderts hat in den letzten 300 Jahren nichts an seiner zeitlosen Aktualität verloren:
"Darf man dich, Corinna, küssen
so komm mein Liebling zu mir her.
Ich werd es wohl am besten wissen,
Das war die Antwort ungefehr.
Sie liefe zwar und sagte Nein,
Und gab sich doch geduldig drein.
Lauff oh mein Kind! Bleibe stehen,
Lauff Schöne, schrie ich, nicht zu weit.
Lass uns der Liebe Werck begehen,
Wir sind in unsrer besten Zeit.
Sie seuffzte zwar und sagte Nein,
Und gab sich doch geduldig drein.
So halte nun und lass dich küssen
Kein Mensche soll in dieser Stadt
Nicht daß geringste davon wissen
Dass jemand dich geküsset hat.
Sie zuckte zwar und sagte Nein
Und gab sich doch geduldig drein
Hiemit so zog ich meine Straßen
Daher ich neulich kommen war
Erfuhr indessen bester Maßen,
Von der Corinna wunderbahr,
Daß JA bey vielen pfleget NEIN
Und NEIN so viel als JA zu seyn.
Aus der Ehe mit Anna-Klostermann gehen zwei Söhne hervor: Johann Samuel und Heinrich.
Die "Main Post" berichtet im Juni 1998, daß Pastorius-Nachfahren der zehnten und elften Generation die Gemeinde Sommerhausen besuchen.
Thomas Pastorius: "Wir wollten unseren beiden Söhnen das Haus unserer Vorfahren zeigen." Einer der beiden Söhne heißt Franz Daniel.
Im Jahre 1693 wurde Pastorius von William Penn zum Friedensrichter ernannt. Allzu schwierige Fälle hatte er nicht zu entscheiden, da aus den Gerichtsprotokollen zu entnehmen ist, daß es in Germantown sehr friedlich zugeht.
Im Mai 1695 machte der erste deutsche Schenkwirt in Amerika Geschichte. Ein Auszug aus den Gerichtsakten:
Peter Keuerlis gibt auf die Frage, warum er gegen das Gesetz der Regierung Malzbier zu 4 Pence den Krug verkaufe, die Antwort: Er kenne ein solches Gesetz nicht
Und auf die Frage, warum er sich nicht nach der Verordnung der Behörde von Germantown richte, wonach es verboten sei, mehr als eine viertel Pint Rum oder ein Quart Bier halbtäglich an irgendein Individuum zu verkaufen, antwortet er frech: Wenn Leute mehr vertragen können, so werde er dieses Gesetz nicht beachten."
1698 zog Pastorius nach Philadelphia um, wo er bis 1700 die höhere Quäkerschule leitete. Im Januar 1702 übernahm er in Germantown die Leitung der Schule. Es ist eine gemischte Schule für Jungen und Mädchen. Außerdem richtet er eine Abendschule für Erwachsene ein.
Daneben ist er als Jurist ein gefragter Mann. An ihn wendet sich jeder, der rechtsgültige Urkunden und formgemäße Korrespondenzen abgefaßt haben will. Wir finden in seinen Geschäftsbüchern Dokumente, die in die Bereiche des Notars und des Rechtsanwaltes fallen, Kaufbriefe, Mietkontrakte, Vollmachten, Testamente und vieles mehr.
1702 kündigte die Frankfurter Landcompagnie seine Mitarbeit auf. Wahrscheinlich kam ihm diese Abberufung zurecht, denn nun konnte er sich auf seine wissenschaftlichen Interessen konzentrieren.
Rechtlich sind die Siedler aus Deutschland bis zu diesem Zeitpunkt Deutsche geblieben. Im Jahr 1706 aber gab es Schwierigkeiten mit der "Frankfurter Gesellschaft", und die Siedler legten dem britischen Kolonialrat einen Antrag auf Einbürgerung vor, dem drei Jahre später stattgegeben wurde. An erster Stelle der 150 Namen fassenden Liste wird Pastorius als naturalisierter Bürger aufgeführt. So wurde dem ersten deutschen Einwanderer nach 22 Jahren Aufenthalt zugleich als erstem Deutschen in Amerika die englische Staatsbürgerschaft zuteil.
Typisch für Pastorius Leben ist Besessenheit, alles niederzuschreiben, jede Kleinigkeit penibel auf den Tag genau festzuhalten.
Sein schriftstellerisches Werk ist enorm. Marion Dexter Learned, Professor für deutsche Literatur an der Universität Pennsylvania, nennt ihn in seiner Pastorius-Biographie im Jahre 1908 "den vielseitigsten literarischen Mann in Ameria. ... Der Umfang von Pastorius' literarischer Aktivität wird in America kaum eine Paralelle finden."
Pastorius hat acht Bücher verfaßt, darunter Ein Arzneibuch mit Beschreibungen von Krankheiten und deren Heilmittel, speziell pennsylvanische Heilkräuter und - The Young Country-Clerks Collection - eine Sammlung von Briefen und Anleitungen für den jungen Amtsschreiber.
Sein Hauptwerk ist Hive or Bee-stock (Bienenstock), begonnen 1696. In Form kleiner Artikel - "Bienenwaben" - gibt er sein eigenes Wissen und die Erkenntnisse seiner Epoche an seine Kinder und Nachfahren weiter.
Die Res Propriae, verfaßt 1715, enthält einen Stammbaum und einen kurzgefaßten Lebenslauf, ein Verzeichnis der mit nach Amerika gebrachten Waren, die Beschreibung des Landsitzes seiner Frau und einen Bericht über seine beiden Söhne.
Weiterhin gibt es sieben gedruckte Handschriften, darunter seine Doktorarbeit aus dem Jahre 1676 mit dem Titel "de rasura documentorum" (über das Fälschen von Urkunden), ein Lehrbuch mit methodischer Anleitungen über das korrekte Buchstabieren, Lesen und Schreiben der englischen Sprache (Primmer) und schließlich die "Umständige Geographische Beschreibung Der zu allerletzt erfundenen Provintz Pensylvaniae".
Zu den überlieferten fünf schriftlichen Dokumenten gehört der Aufruf gegen die Sklaverei aus dem Jahr 1688, das "Raths-Buch der Gemantownischen Gemeinde, angefangen den 2ten Tag des 4ten Monats Anno 1691" und das von Pastorius eigenhändig geführte "Grund- und Lagerbuch Germantowns".
Trotz all dem, was über ihn geschrieben wurde, sind weder die Umstände seines Todes bekannt noch der genaue Todestag, nicht einmal das Jahr. Sein Testament vom 26. Dezember 1719 vermerkt, daß er "sehr krank" sei. Die Testamentseröffnung, die ja gemeinhin posthum geschieht, geschah am 13. Januar 1720.
So unspektakulär und auf fast befremdliche Art bescheiden endet das Leben dieses großen Mannes, ohne Glanz, ohne Nachrufe, selbst Tag und Stunde seines Todes sind unbekannt, und auch über seine letzte Ruhestätte - vermutlich der Quäkerfriedhof von Germantown - weiß man nichts genaues.
Um so überzeugender sind die Denkmäler, die an exponierten Stellen in Philadelphia und Germantown zu sehen sind. Im Park von Philadelphia steht ein Denkmal, daß ihn mit seiner Frau zeigt, wie sie wagemutig und voller Überzeugungskraft den Weg nach Amerika wagen - und so Millionen von Deutschen, die in den folgenden Jahrhunderten aus ihrer Heimat auswanderten, mit Fleiß, Wagemut und Vertrauen in ihrem christlichen Glauben zum Vorbild werden.
Eine Zuwanderung aus Franken kann Pastorius allerdings trotz vielfacher Versuche nicht erreichen. Daraus erklärt sich, daß sich nach seinem Tod die Verbindung zwischen Germantown und Franken allmählich löste und auch die Erinnerungen an ihn verblaßten. Erst 1983 gelang es, den Faden der Geschichte wieder aufzunehmen. Seitdem wird regelmäßig bei entsprechenden Jubiläen derer gedacht, die in ungewisser Zeit den Mut hatten, mit ihrem Können und Glauben die Ostküste Amerikas zu besiedeln.
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Der Artikel setzt sich aus Texten und Graphiken aus fünf Büchern zusammen
1. "Die Deutschen in Amerika - die Geschichte der deutschen Auswanderung in die USA seit 1683", Verfasser: Dietmar Kügler, erschienen im Motorbuch Verlag Stuttgart im Jahre 1983, ISBN 3-87943-946-X (ausgeliehen bei der Stadt- und Kreisbibliothek St. Wendel) (zitiert als "Kügler")
2. "Umständige Geographische Beschreibung Der zu allerletzt erfundenen Provintz Pensylvaniae, In denen End=Gräntzen Americae In der West= Welt gelegen", verfaßt "Durch Franciscum Danielem Pastorium J.V.Lic. und Friedens=Richtern daselbsten", Franckfurt und Leipzig, im Jahre 1700. Faksimile-Auflage im Jahre 2000 durch das Rheinische Freilichtmuseum Kommern - Landesmuseum für Volkskunde (zitiert als "Pastorius")
3. "Vom Main zum Delaware - Das Leben des ersten deutschen Siedlers in Amerika" von Konrad und Viola Maurer, Sommerhausen, ohne Jahr (erhältlich bei der Gemeindeverwaltung Sommerhausen) (zitiert als "Maurer")
4. "Des Melchior Adam Pastorius von 1670 bis 1696 Bürgermeisters der Reichsstadt Windsheim Leben und Reisebeschreibungen von ihm selbst erzählt und nebst dessen lyrischen Gedichten als Beitrag zum deutschen Barock", herausgegeben und kommentiert von Albert R. Schmitt, Bad Windsheim 1968
5. "William Penn - Architect of a Nation", by John B.B. Trussell, ISBN 0-89271-008-X, Pennsylvania Historical and Museum Commission, 1980
Sowohl Maurer als auch Kügler beziehen sich auf das folgende, leider nur in Amerika und in Englisch erschienene Standardwerk:
Marion Dexter Learned, The Life of Francis Daniel Pastorius, the Founder of Germantown (Philadelphia: William J. Campbell, 1908)