Carl Wilhelm Rechlin wurde am 1. Juli 1799 in Stralsund geboren. Sein Vater war ein Schneider. Nach der Schule wurde er zum Kaufmann ausgebildet, meldete sich aber im Oktober 1819 freiwillig in das Pasewalker Kürassier-Regiment. 1824 wurde er als Fähnrich zum 30. Infanterie-Regiment in Trier versetzt, wo er im September 1834 im Rang eines Leutnants seinen Abschied nahm. Bereits im März hatte er die 22jährige Anna Maria Josten aus Trier geheiratet und einen Monat später seine Ernennung zum Bürgermeister der Gemeinden Rommersheim, Wallersheim und Olzheim erhalten. In seinen 14 Monaten als dortiger Bürgermeister kam sein ältester Sohn Karl Wilhelm Rechlin zur Welt. Am 27. Juni 1835 erhielt er seine Ernennung zum Bürgermeister der Stadt St. Wendel und wurde am 22. August in sein Amt eingeführt. In St. Wendel begann mit ihm die Politik der preußischen Regierung, die rheinischen Bürgermeisterstellen mit gedienten Militärs zu besetzen.
Bis Ostern 1847 wohnte er mit seiner Familie in einem der kleinen Häuser, die in der Balduinstraße in der heutigen Lücke zwischen Saalbau und Schmollschem Haus standen (Jahresmiete: 54 Thaler, monatlich zahlbar). Dort kamen die fünf jüngeren Kinder zur Welt, von denen nur zwei das Erwachsenenalter erreichten.
Als Bürgermeister von St. Wendel war Rechlin automatisch – mit dem katholischen Pfarrer – Vorsitzender der Hospital-Verwaltungskommission. Beide schlossen am 28. September 1852 den Vertrag mit den Borromäerinnen von Nancy zur Übernahme des Hospitals. 1855 wurde er Mitbegründer der Casinogesellschaft, einer Art Kulturverein der St. Wendeler High Society, deren „Vereinslokal“ am damaligen oberen Ende der Balduinstraße am sogenannten Rondell lag (heute Sitz der Firma Thiel).
Bis 1858 gehörte die Gemeinde St. Wendel zur Bürgermeisterei St. Wendel. Am 18. April dieses Jahres wurde diese Bürgermeisterei in St. Wendel-Stadt und die Landbürgermeisterei St. Wendel aufgeteilt. Letztere bestand jetzt aus den eigenständigen Landgemeinden Alsfassen-Breiten sowie Dörrenbach, Mainzweiler, Niederlinxweiler, Oberlinxweiler, Remmesweiler, Steinbach, Wetschhausen, Werschweiler. Durch die anschließende Verleihung der Städteordnung für die Rheinprovinz wurde St. Wendel Stadt. Am 2. Februar 1859 wurde die Landbürgermeisterei St. Wendel erneut verkleinert, als die Landgemeinde Alsfassen-Breiten von ihr abgetrennt und mit St. Wendel-Stadt zu einer Gemeinde vereinigt wurde. Damit wurden Alsfassen und Breiten aufgelöst und existieren seitdem nur noch als Vororte und Erinnerungen.
Am 11. März 1850 wählte die Stadtverordnetenversammlung Rechlin zum Bürgermeister und ein zweites Mal am 25. November 1862. Zwei Jahre zuvor hatte St. Wendel im Zuge der Eröffnung der Rhein-Nahe-Bahn einen eigenen Bahnhof erhalten. Rechlins letzter Höhepunkt seine Regierungszeit war die Eröffnung der Höheren Stadtschule in der Gymnasialstraße im Jahre 1867. In November des darauffolgenden Jahres ging er in den Ruhestand, nachdem er 33 Jahre lang mit Erfolg und Geschick die Verwaltung der Stadt geleistet hatte. Das Verhältnis dieses tüchtigen Mannes zur gesamten Bürgerschaft soll ausgezeichnet gewesen sein.
Seine Frau Anna Maria war bereits 1862 gestorben, drei Monate vor seiner zweiten Wiederwahl. Vermutlich verbrachte er seinen Lebensabend bei seiner ältesten Tochter Henriette Josefine Rechlin (geb. 1837), die nie heiratete und 1921 im Alter von 84 Jahre gestorben ist.
Quellen:
Franz J. Gräff, Die St. Wendeler Bürgermeister in preußischer Zeit, St. Wendel 2005, S. 3-18
www.saarland-biografien.de/frontend/php/ergebnis_detail.php