Schriftzug

St. Wendel

 

Der Ort liegt am Zusammenfluß der Bliese und der Todbach am Abhang eines Hügels in einer fruchtbaren Gegend.

 

Die nächstliegenden Ortschaften sind Urweiler, Alsfaßen, Oberlinxweiler. Das Bann von St. Wendel gränzt nicht allein an die obengenannten Bänne, sondern auch noch gegen Südost an Wirschweiler, gegen Nord und Nordwest an Baltersweiler, Nordwest an Bliesen, gegen West an Winterbach

 

Der Ort besteht aus 229 Häußern, die alle alle von Stein erbaut sind. Sie sind meistens zweistökig und meistenteils in gutem Stande.

 

Die Bevölkerung besteht aus 1943 Seelen, die sich auf 376 Familien verteilen.

 

Männliche Einwohner unter 14 Jahren gibt es 377.

Männliche Einwohner über 14 Jahre gibt es 500.

Weibliche Einwohner unter 14 Jahren gibt es 332.

Weibliche Einwohner über 14 Jahre gibt es 359.

Es gibt 270 Fremde im Orte.

Die Zahl der Ortseingeborenen, welche sich dermahlen ausserhalb des Orts aufhalten, beträgt 47.

 

Über den herrschenden Charakter des Volks in Bezug auf Geistesbildung und Gewerbsthätigkeit überhaupt ist zu sagen: Durch den früher sehr vernachläßigten Unterricht, durch die schnell aufeinander gefolgten Wechsel und den immer währenden Krieg mußte nothwendigerweise die Geistesbildung sehr leiden, obgleich die Bewohner hiesiger Gegend von der Natur nicht stiefmütterlich mit intellektueller Kraft ausgesteuert werden. Das Übergewicht, was sie in dieser Hinsicht über manche benachbarten fühlen, vereinigt mit unverdienten Revolutionsgrundsätzen legt den Grund zu "Motzen", zu Widersetzlichkeit, wo kräftiger Widerstand fehlt, zu Rechthaberey, Neid, Prahlerey, Witzelei, ja selbst zu beleidigenden Bemerkungen über ihre Obern, zu Eigenmacht, und über diesen Grübeleyen stokt der Gewerbfleiß, der ohnehin reger wäre, wenn der Lebensunterhalt durch vermehrte Bevölkerung erschwerter wäre.

 

Aus dem ebengesagten ergiebt sich, daß Religiosität und Sittlichkeit so wie c) Gesetzlichkeit fast als Ausnahme von der Regel erscheinen und daß Rechtlichkeit im reineren Sinne leider sehr vermißt wird.

 

Mit den obigen Eigenschaften steht in auffallender Vereinigung schmutziger Eigennutzen und ungerechte Habsucht, so daß sie auf Vergnügungen mit Belustigungen, wenn nicht Prahlsucht oder Neid ins Spiel treffen, wenig und selten verwenden. Die gewöhnlichsten Belustigungen und Kart und Kegelspiel bey einer Flasche Bier, Wein oder Brandtwein.

 

Der vorherrschende Religions Cultus-nach der Mehrzahl der Einwohner im Orte ist der katholische.

 

Mit Ausnahme einiger weniger protestantischen Familien ist nur die katholische Religions-Parthey vorhanden. Sie allein hat ihre Kirche. Der Geistliche ist im Orte.

 

Es sind zwei katholische Schullehrer und eine Schullehrerin im Orte.

 

Zu der bestehenden Pfarrey gehören sechs eingepfarrte Gemeinden: Alsfassen und Breiten, Mauschbach, Baltersweiler, Urweiler, Leutersweiler und Oberlinxweiler

 

Mauschbach und Baltersweiler gehören zum Bürgermeistereybezirk Namborn, Leutersweiler nach Oberkirchen und die übrigen Gemeinden nach St. Wendel. Diese Bürgermeistereybezirke sind alle drey im Innlande.

 

Die katholischen Einwohner gehen in St. Wendel sowohl zur Schule als zur Kirche. Die Lutheraner dieser Bürgermeisterey gehen nach Niederlinxweiler und die Reformierten nach Niederkirchen.

 

Die Kirche hat zu ihrer Erhaltung die nöthigen Güter und Land. Diese bestehen in liegenden Gütern.

 

Der Geistliche ist von der Regierung und aus den Kirchenfonds, die Schullehrer aber von den Eltern, deren Kinder die Schule besuchen, bezahlt.

 

Der Geistliche hat 1000 francs von der Regierung. Einer von den Schullehrern 600 francs, der andere 190 francs und die Schullehrerin 480 francs.

 

Der Boden des Flurbezirks oder Bannes der Orts ist seiner natürlichen Beschaffenheit nach mittelmäßig.

 

Die gewöhnliche Bewirtschaftungsweise besteht im Ackerbau, Handel und dem Gewerbfleiß der Handwerker

 

Gewöhnlich werden die Getreidesorten Weizen, Korn, Gerst, Hafer, Kartoffeln, Erbsen, Wicken angebaut, da sie auf dem Boden des Landes gedeihen

 

Bezüglich der Vervielfältigung des Saamens bey den zu dem Ackerbau gewidmeten Grundstückern:

 

aus 1 Korn Waizen werden 7.

aus 1 Korn Korn werden 7.

aus 1 Korn Gerst werden 8.

aus 1 Korn Hafer werden 8.

 

Der Zustand der Viehzucht des Orts ist mittelmäßig; er war vorher besser, hat aber durch Krieg viel gelitten. Im Ort gibt es 54 Pferde, 32 Ochsen, 258 Kühe, 100 Stück junges Rindvieh, 2 Stück junges Pferdvieh, 25 Schaafe und 5 Ziegen.

 

Die herrschaftlichen Waldungen auf dem Bann des Orts haben eine Fläche von 15 Morgen 2 Viertel 28 Ruthen, die der Commünen 73 Morgen 1 Viertel 17 Ruthen (Schmalmiszellen), die der Privatwaldungen  2 ¼ Viertel 88 Ruthen (Spitalwald).

 

Wie fast alle Privatwaldungen, die einer Menge von Erben gehören, werden sie schlecht behandelt und zu früh abgetrieben. Sie werden nach keinem Regelmäßigen Betriebsplane bewirthschaftet.

 

Wein wird nicht angebaut, aber Obst. Dessen Ergiebigkeit ist im Steigen.

 

Außer der Landwirtschaft werden im Ort diese Gewerke getrieben:

Apotheker, Barbier, Baumeister, Be(c)ker, Bierbrauer, Blechschmidt, Brandtweinbrenner, Brunnen- und Pumpenmacher, Buchbinder, Buchdrucker, Büchsenmacher, Dachdekker, Drechsler, Färber, Friseur, Gerber, Glaser, Goldschmidt, Häfner, Hebammen, Hutmacher, Kaminfeger, Kiefer, Landmesser, Leinenweber und Gebildweber, Lichterzieher, Maurer, Müller, Nagelschmidt, Orgelist, Pflasterer, Sattler, Sattler, Schlosser, Schmidt, Schneider, Schreiner, Schuhflicker, Schuhmacher, Seifensieder, Seiler, Steinhauer, Stiefelwixer, Strumpfweber, Tabaksspinner, Tapezierer, Tuchmacher, Tuchscherer, Tüncher, Uhrmacher, Vergolder, Wagner, Weisgerber, Wollspinner, Zimmermann und Zinngießer.

 

Es gibt 250 Meister und 25 Gesellen.

 

Die Landwirtschaftliche Manufaktur-- oder Fabrik-Erzeugnisse, die er zu seinem Selbstbedarf nicht nöthig hat, pflegt der Ort gewöhnlich in Saarbrücken, Zweybrücken,. Quirnbach, Lebach, Wolfersweiler, an alle benachtbarte Orte in einem "Rayon" von 8 et 10 Stunden abzusetzen.

 

Getreide und Fleisch bezieht man aus dem Orte selbst, Wein von Pfalz und Mosel, Brennmaterialien aus dem Preussischen und Kalck für Baumaterialien aus Niederlinxweiler

 

Diese Bedürfniße als Getreide, Wein, Fleisch, Brennmaterialien und Baumaterialien können nirgends auf leichterem Wohlfeilen und bessern Wege bezogen werden.

 

An Communalgütern sind nur sehr wenige unbedeutende Stückgen noch vorhanden; eine Verwaltung derselben findet nicht statt. Sie bringen keinen jährlichen Ertrag, allerdings haften auch keine Schulden darauf.

 

An öffentlichen Gemeinde- oder Staatsgebäude befinden sich im Orte ein Hauß, welches dem Staate gehört, wo das Kreisgericht seinen Sitz hält nebst Gefängniß; es befindet sich in gutem Zustande.  Ferner gibt es noch 4 Gemeinde Gebäulichkeiten, nehmlich: das Rathhauß, 2 Wachstuben, 1 Hirtenhauß, 1 Arresthauß, 1 Schulhauß.

 

Das Kreisgerichtsgebäude ist in gutem Zustand. Das Hirtenhauß in schlechtem Zustand. Am Schulhauß bauet man. Man kann sie auch in Zukunft nicht beßer benutzen.

 

Bergbau ist nicht vorhanden.

 

An Domänen- oder Staatsgütern gibt es noch das Kreisgerichtsgebäude und das Gefängniß.

 

Die Straaßen sind durch den Krieg verdorben, die Gemeindewege schlecht, die Brüken und Dohlen mittelmäßig; Wasserkanäle gibt es keine.

 

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