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Gegen Ende des Ersten Weltkrieges wurde das Gelände von dem Schlossermeister Josef Henrichs aus Breitenbusch nahe Cochem erworben, der sich mit seiner Ehefrau Helene Hoffmann bereits um 1912 in St. Wendel niedergelassen hatte. Gewohnt haben sie hier in der Brühlstraße sicher nicht, schließlich gab es hier kein Wohnhaus.

 

1923 errichtete er an der Grenze zum Nachbargrundstück in der Neumarktstraße einen langen Schuppen. Zusammen mit dem Kaufmann Paul Wildmann gründete Henrichs am 24. November 1924 eine GmbH unter der Firma "Auto ? Centrale Henrichs ? GmbH" mit Sitz in St. Wendel. Die Gesellschaft diente dem An- und Verkauf von Autos, Motorrädern, Fahrrädern, Nähmaschinen und (ähnlich) verwandten Artikeln sowie sämtliche notwendigen Ersatzteile. Bereits ein Jahr später hatte Henrichs seinen Partner ausbezahlt und die Firma allein übernommen.

 

Im Dezember 1926 wurde auf dem freien Platz links vom Schuppen eine Tankstelle eingerichtet; Betreiber war die Saarländische Olex Petroleum GmbH in Saarbrücken, eine der Vorläuferfirmen des heutigen Tankstellen-Giganten BP. Auf den Zapfsäulen las man Wort "Strax", so hieß das Benzin der Olex. Aber Henrichs Geschäfte liefen nicht so, wie sie sollten. Immer wieder mußte das Ehepaar Kredite aufnehmen, und sei es nur, um andere, fällig werdende abzulösen. Das Aus für Henrichs kam gegen Ende des Jahres 1927. Er vermietete sein ganzes Werkzeug an den Mechaniker Otto Oestreich, der in Brühlstraße 13 in Miete wohnt, und meldete Konkurs an. Am 30. März 1928 verkaufte sein Konkursverwalter August Schmitt, Bücherrevisor in St. Wendel, das gesamte Anwesen mit allen Maschinen und Werkzeugen für 25.000 Reichsmark (22.000 für das Grundstück mit Gebäuden, 3.000 für alle Werkzeuge und Maschinen) an die Brüder Heinrich Thiel aus Schiffweiler und August Thiel aus Landsweiler. Dem Originalkaufvertrag liegt eine zweiseitige Aufstellung der Werkzeuge und Maschinen bei. Darunter finden sich ein elektrischer Tisch und eine Handbohrmaschine, ein Flaschenzug, eine Feldschmiede, eine komplette Schweissanlage, ein Montagetisch für Motorräder und eine Kiste mit Citroen-Werkzeugen. Im November wanderte Familie Henrichs wieder gen Cochem. Auch Heinrich Thiel hielt es nicht lange in St. Wendel. Bereits im Januar 1929 ließ er sich von seinem Bruder August und dessen Ehefrau Elisabeth Schwed auszahlen.

 

Die Geschäftseröffnung der Fa. Thiel fand am 19. Mai 1928 statt. Er verkaufte Benzin, Öle, Fette, reparierte Kraftfahrzeuge und fuhr Taxi ? jetzt weiß ich auch, wovon das Wort "Taxi" die Kurzform ist: Taxameterbetrieb. Kriegsbedingt wird das Unternehmen bis 15. April 1949 geschlossen. Das Hauptgebäude vorn auf der Ecke wurde in den Jahren 1949 bis 1951 errichtet. Im großen Auslagefenster links des Eingangs präsentierte man stets die beiden neuesten Opel-Modelle; der Boden ist dort verstärkt, um das Gewicht der Fahrzeuge tragen zu können; rechts vom Eingang saß der Buchhalter, dahinter befand sich das Werkstattbüro. Diese Aufteilung ist im heutigen Reisebüro immer noch gut zu erkennen. Im Obergeschoss wohnte die Familie. Rechts daneben in der heutigen Neumarktstraße befand sich die Reparaturwerkstatt. Die Tankstelle hatte ihren ursprünglichen Platz verlassen und stand nun vor dem ehemaligen Fahrradgeschäft Meihack, Brühlstraße 7. Diese Zusammenstellung prägte das Bild der Brühlstraße bis zur endgültigen Schließung am 15. November 1984 durch Augusts Sohn Manfred, der am 1. Juli 1966 das Geschäft übernommen hatte.

 

Die Werkstatt ist schon lange verschwunden und hat modernen, nichtssagenden Zweckbauten Platz gemacht. Aber die liegen in der Neumarktstraße und interessieren uns deshalb momentan nicht. Im alten Autosalon geht es immer noch um die Fortbewegung, wenn auch auf einem anderen Sektor.

 

Heute betreibt hier Waltraud Widera aus dem fernen Oldenburg ihr beliebtes Reisebüro Estrellitas.

 

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